Nach drei Wochen auf der „Schulstation“ am Städtischen Krankenhaus in Kiel sind Aizada, Nils und Orlando mehr als zufrieden. Die Auszubildenden sind gewachsen, als Person, als Team. Sie wissen, was sie können. Und sie sind stolz auf das, was sie geleistet haben. Mit ME2BE haben sie über ihre Ausbildung gesprochen.
Aizada, 28, macht eine Ausbildung zur Pflegefachkraft im 3. Jahr am Städtisches Krankenhaus Kiel
Aizada stammt aus Kirgistan in Zentralasien und ist seit vier Jahren in Deutschland. Die 28-jährige kam als Au-Pair ins Saarland und hatte eigentlich den Plan, Europa kennenzulernen. Corona machte ihr dann aber einen Strich durch die Rechnung. Zum Pflegeberuf kam sie so: „Meine Gastmutter war Pflegedienstleitung, so habe ich den Beruf kennengelernt,“ erklärt sie, „so habe ich mich entschieden und ein freiwilliges soziales Jahr in einem Seniorenheim absolviert.“ Danach entschied Aizada sich, die Ausbildung zur examinierten Pflegekraft zu machen.
Sie hatte ihren Platz in der Welt gefunden, vorher hatte sie zu Hause Finanzen und Steuerrecht studiert, wollte nach dem Studium eigentlich nur eine Auszeit nehmen.
Stattdessen wird sie in Kiel bleiben, denn sie ist inzwischen mit einem Kieler verlobt. Aber unterwegs sein wird sie weiter: „Ich reise gerne. Mir gefallen Kreuzfahrten, jeden Tag bist du woanders. Und ich fahre gerne Fahrrad, das habe ich erst in Deutschland gelernt. Ich versuche, zu malen und schreibe Gedichte in meiner Heimatsprache,“ freut sie sich.
Sie fällte eine mutige Entscheidung: „Ich wusste nicht, dass es so laufen würde. Eigentlich bin ich ja nur hierher gekommen, um ein bisschen die Sprache kennen zu lernen. Ich wollte nach Europa reisen, ich liebe die alten Gebäude, die Kultur, wie sich das alles entwickelt hat. Schicksal halt. Wenn jemand mich gefragt hätte, wo ich mich in zehn Jahren sehe, hätte ich niemals geantwortet: In Deutschland und im medizinischen Bereich…“
Nils, 26, absolviert seine Ausbildung zur Pflegefachkraft im 3. Jahr am Städtisches Krankenhaus Kiel
Nils ist in Brunsbüttel aufgewachsen und nach der Fachhochschulreife mit 19 Jahren nach Hamburg gezogen. Dort kam er eher zufällig mit der Pflegebranche in Kontakt: „Ich habe fünf Jahre lang über eine Zeitarbeitsfirma als Pflegehelfer gearbeitet. Dafür brauchte ich damals nur ein Praktikum und einen Erste-Hilfe-Kurs mitzubringen.“ Als zusätzliche Pflegekraft wurde er in Hamburg und im Umland in vielen Pflegebereichen eingesetzt. So sammelte er Erfahrungen im Krankenhaus, in Pflegeheimen und in Psychiatrie und Hospiz. „Es waren grundpflegerische Tätigkeiten. Aber dadurch habe ich schon einige Jahre Erfahrung,“ erklärt er selbstbewusst, „Ich wusste also, auf was ich mich bei der Ausbildung zum examinierten Pflegefachmann einlassen würde.“ Nils ist während der Ausbildung voll eingespannt, von seinen Hobbys bleiben im Moment nur Gaming und Zeichnen: „Für mehr hab’ ich im Moment keine Zeit,“ erzählt er mit einem Schmunzeln. Er würde gern am Städtischen Krankenhaus bleiben und in der palliativen Onkologie arbeiten, um Beschwerden und Schmerzen an Krebs erkrankter Menschen zu lindern und ihnen eine möglichst hohe Lebensqualität zu ermöglichen. „Ich würde gern am Städtischen bleiben, hier mein Examen machen und den 500-Stunden-Einsatz absolvieren. Wenn man alle Prüfungen bestanden hat, bekommt man Ende September sein Examen und ist generalisierter Pflegefachmann oder Fachfrau.”
Orlando, 25, im 3. Lehrjahr seiner Ausbildung zur Pflegefachkraft am Städtisches Krankenhaus Kiel
Manchmal kommt es anders, als man denkt. Das ging auch Orlando so. Nach der Schule war der Kieler Jung erstmal ein Jahr im Ausland, um danach Geowissenschaften zu studieren. Aber er merkte bald, dass das nicht sein Lebensthema werden sollte. Ein Sportstudium kam ihm in den Sinn, aber auch daraus wurde nichts.
„Meine Mutter arbeitet schon viele Jahre als Krankenschwester auf einer Intensivstation“, berichtet Orlando, „und ich sagte mir: Das probierst du jetzt aus!“ Sie hat es nicht geschafft, es ihm auszureden. „Ich bin gut darin, nicht so richtig auf andere zu hören“, lacht er, bewarb sich und wurde direkt angenommen.
Warum er diese Entscheidung gefällt hat? Orlando, der in der Freizeit Crossfit betreibt und Bratsche spielt, glaubt, dass der Job seiner Mutter und ihr Umgang mit Menschen stärker auf ihn und seinen Bruder abgefärbt hat, als ihm vorher bewusst war. Er denkt und organisiert gern und obwohl er anfangs nicht genau wusste, ob seine Entscheidung für die Pflege richtig war. Doch er merkte sehr schnell, dass er genau am richtigen Platz gelandet war.
„Ich würde gern hier am Krankenhaus auf der Intensivstation bleiben, später noch Medizin studieren und den Facharzt machen“, blickt er in seine Zukunft. Während des Studiums möchte er parallel in der Pflege arbeiten, denn „diese Ausbildung ist ein Riesenbonus für mich.“
Mehr über die Schulstation erfahrt ihr in diesem Artikel.
TEXT Michael Ruff
FOTO Sebastian Weimar