Die „Auseinandersetzer“ der Muthesius Kunsthochschule Kiel

Die „Auseinandersetzer“ der Muthesius Kunsthochschule Kiel

Gedanken, Gespräche und Beobachtungen über das Studieren an der Muthesius Kunsthochschule Kiel.

Die Muthesius Kunsthochschule Kiel ist die einzige Kunsthochschule in Schleswig-Holstein. Zurzeit sind dort rund 660 Studierende eingeschrieben. Das Studienangebot umfasst fünf Studiengänge: Kunst (Lehramt), Freie Kunst, Industriedesign, Kommunikationsdesign und Raumstrategien. Auf ihrer Startseite heißt es: „Das übergeordnete Ziel der Muthesius Kunsthochschule ist es, durch künstlerisch-gestalterische Entwicklungs- und Forschungsvorhaben als Kristallisationspunkt für Arbeiten und geistige Auseinandersetzungen auf den Gebieten der Kunst, der Raumkonzeption und des Design zu wirken.“ Was heißt das? Und wie wird das praktisch umgesetzt? ME2BE Campus hat Studierende auf dem Campus in der Legienstraße getroffen und deren Semesterarbeiten bestaunt.

Wer schon mal eine besucht hat, der kennt sie … diese typische Atmosphäre in Kunsthochschulen! Lange Flure, viele Räume, hohe Decken, große Flächen, – es hallt, wenn man spricht. Jede Kunsthochschule ist ein eigener Kosmos und diese „freie“ Atmosphäre, diese Mischung aus Leere und Fülle, trist und magisch zugleich, bestimmt oft den ersten Eindruck. Die Chance auf einen zweiten Eindruck bietet die Muthesius Kunsthochschule Kiel am Ende jedes Sommersemesters. Dann öffnet sie ihre Atelier- und Werkstatttüren und lässt die Studis ihre Arbeitsergebnisse präsentieren.

Kunsthochschule Muthesius Kiel Campus

Zu Besuch an der Muthesius Kunsthochschule Kiel

In einem Raum voller iMacs und Flatscreens treffen wir Jonas Fischer. Er studiert im 3. Semester Kommunikationsdesign und präsentiert seine Arbeit unter dem Projekttitel ‚Das Gestalter-Portrait‘. „Aufgabe war es“, berichtet der 21-Jährige, „sich mit der Arbeit eines männlichen oder weiblichen Designers, Filmregisseurs, Schriftstellers oder sonstigen ‚Gestalters‘ auseinanderzusetzen. Dabei sollten wir versuchen, deren Stil in einer eigenen Arbeit zu adaptieren. Ich habe mich der Arbeit von Susan Kare gewidmet, die Mitte der 1980er Jahre als Creative Director bei Apple das Design der ersten Mac-Nutzeroberflächen entwickelt hat. Meine Überlegung war, diese ersten Mac-Icons in der typischen Pixel-Optik auf die Oberfläche eines iPhones zu übertragen.“

Jonas Fischer

Jonas Fischer studiert im 3. Semester Kommunikationsdesign

In einem Raum voller Zeichnungen, Bilder und Fotocollagen treffen wir Tami und Johann. Tami Santarossa studiert Freie Kunst und präsentiert eine Fotocollage mit einhundert Fotos. „Ich habe eine Aufgabe gewählt, die ich über einen längeren Zeitraum bearbeiten konnte, nämlich über ein ganzes Jahr lang. Die Arbeit heißt ‚100 Tage Ich.‘ Nach dem Tagebuchprinzip habe ich jeden Abend ein Foto von mir selbst gemacht. Das Ergebnis ist ein Sammelsurium meiner Stimmungen und Empfindungen während des 2. Semesters. Dieses Zweite ist für uns deshalb so intensiv, weil danach grundsätzlich entschieden wird, ob wir das Studium fortführen können oder nicht. Ich hab mich mit mir selbst auseinandergesetzt, um mir bewusst zu machen, wie es mir geht!“

Johann Haberlah hat sich mit einem Thema aus der Malerei auseinandergesetzt. „Ich bin sehr ländlich aufgewachsen“, erzählt der Kunststudent auf Lehramt. „Ich komme aus Mönkloh. Das ist ein kleiner Ort, in der Nähe von Bad Segeberg. In meiner Arbeit setze ich mich mit selbst gesammelten Motiven aus meinem Umfeld auseinander, die ich beobachte, fotografiere und skizziere. Anschließend füge ich die einzelnen Teile auf der Leinwand in einem neuen Kontext zusammen. So entsteht eine neue Bildwelt.“

Tami und Johann

Die zwei Muthesius-Studis Tami und Johann

Studieren an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel – das ist etwas Besonderes und hat permanent etwas mit ‚Auseinandersetzung‘ zu tun: mit allen erdenklichen Themen, mit dem Leben, dem Tod, mit anderen und sich selbst. Dr. Arne Zerbst, Präsident der Muthesius Kunsthochschule, nennt diese Auseinandersetzung den ‚Prozess zwischen Machen und Denken‘. „Unser Tun ist immer im Werden!“, sagt der promovierte Philosoph, „und wird daher nie fertig!“

TEXT & FOTOS Christian Dorbandt