Dem Geheimnis der Meere auf der Spur – Geomar Kiel

Dem Geheimnis der Meere auf der Spur – Geomar Kiel

Geomar-Forscher Dr. Peter Linke berichtet über seine erste Expedition in die Antarktis und erzählt von der Faszination der Unterwasserwelt

Der 54-jährige Biologe arbeitet seit 20 Jahren beim Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung GEOMAR in Kiel. Schon in seiner Diplomarbeit an der Kieler Uni beschäftigte er sich mit Schalentieren in der Norwegischen See. Der erfahrene „Senior Scientist“ leitet heute Expeditionen mit Forschungsschiffen auf allen Weltmeeren.

ME2BE: Hat Sie das Meer eigentlich schon als Kind begeistert?

Peter Linke: Auf mich übte das Meer früh eine ungeheure Faszination aus. Ich musste immer ein Aquarium und Terrarien zuhause haben. Später habe ich bei der Marine meinen Wehrdienst geleistet und dabei die erste lange Schiffsreise erlebt. Von da an war für mich klar: Ich muss beruflich irgendetwas mit dem Meer zu tun haben! In Kiel habe ich mit dem Biologiestudium begonnen, nach dem Vordiplom konnte ich mich auf Meereskunde spezialisieren. Bei Praktika und bei Jobs als studentische Hilfskraft hat mich die Meeresforschung dann endgültig in den Bann gezogen.

Jede Forschungsfahrt bringt neue und unerwartete Erkenntnisse ans Tageslicht.

Sie sind häufig auf Forschungsschiffen unterwegs. Was fasziniert Sie dabei am meisten?

Jede Forschungsfahrt bringt neue und unerwartete Erkenntnisse ans Tageslicht. Das begeistert mich als Wissenschaftler immer wieder. Gerade wenn man ein tolles Team zusammen hat und die Begeisterung der anderen spürt, erlebt man, wie spannend das Thema ist! Du kannst diesen Beruf nur ausüben, wenn du mit Herzblut dabei bist. Auch nach über 40 Schiffsexpeditionen bleibt dieses Gefühl: Immer wenn ich das Forschungsschiff vor mir sehe, „packt“ es mich wieder.

Welche Expedition ist Ihnen am stärksten in Erinnerung geblieben?

Meine erste Forschungsfahrt führte mich als Student kurz vor dem Examen auf dem riesigen Forschungsschiff „Polarstern“ in die Antarktis. Das ist der spektakulärste Einstieg in diesen Beruf, den man sich erträumen kann. Durch die Magellanstraße bis zum Südpol zu fahren; die riesigen Eisberge hautnah zu erleben, an Land gehen zu können und eine Forschungsstation kennen zu lernen; und mit dem Hubschrauber über diese außergewöhnlich schöne Landschaft fliegen zu dürfen. Das war eine außergewöhnliche Erfahrung, die mich bis heute geprägt hat. Auch meine erste Fahrt mit einem Forschungs-Tauchboot zum Meeresgrund in 700 Metern Tiefe war phänomenal. Schon beim Abstieg ohne Scheinwerfer fährt man durch eine Glitzerwelt, in der die Tiefseetiere neonfarben aufleuchten. Wenn die Scheinwerfer dann eingeschaltet werden, kommt die Unterwasserwelt dem Forscher so nah wie sonst nie. Das sind Erlebnisse, die sich ins Gedächtnis einbrennen.

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Geomar-Wissenschaftler Peter Linke checkt den quietschgelben ROV, „die verlängerten Arme und Beine des Meeresforschers“, wie er sagt.

 

Welche Ozeane haben Sie bisher bereist?

Die erste Fahrt ging ja in die Antarktis, die nächsten Reisen in die Arktis. Ich habe viel im Atlantik gearbeitet, im Indischen Ozean und auch oft im Pazifik. Hier waren Japan, Neuseeland, die Westküste der USA von Alaska bis nach Südamerika das Ziel. Ich habe in meinem Berufsleben schon eine Menge von der Welt gesehen.

Was erforschen Sie heute hauptsächlich?

Ich beschäftige mich mit untermeerischen Quellen. Sie treten an den so genannten Kontinentalrändern in Form von Flüssigkeiten und Gasen auf. Dabei werden große Mengen an Methan frei – die Energiequelle für viele Lebewesen wie Muscheln, Röhrenwürmer oder Bakterien, die in großer Tiefe ohne Sonnenlicht leben können. Dazu kommt, dass Methan ein schädliches Klimagas ist, das bei einem Austritt in die Atmosphäre die Erderwärmung verstärken könnte. Auch dieses Phänomen erforschen wir. Die Speicherung von Kohlendioxid aus Kraftwerken und Förderplattformen im Meeresboden – wie es etwa in Norwegen geschieht – beschäftigt uns derzeit in EU-Projekten in der angewandten Forschung.

Uns verbindet bis heute die Leidenschaft zum Meer.

Haben Sie neben den langen Forschungsreisen überhaupt noch Zeit für Familie?

Ich habe meine Frau an Bord eines Forschungsschiffes kennengelernt! Sie kann also gut nachvollziehen, warum ich bis zu sechs Wochen am Stück nicht zuhause sein kann. Uns verbindet bis heute die Leidenschaft zum Meer. Aber es ist auch eine Belastung: Viele Geburtstage meiner Kinder konnte ich leider nicht miterleben. Wenn ich in Kiel bin, versuche ich deshalb möglichst viel Zeit mit ihr und den Kindern zu verbringen. Dabei genießen wir gemeinsame Paddel- oder Rudertouren und Reisen mit der ganzen Familie – aber nicht unbedingt mit dem Schiff.

Wenn du neugierig geworden bist, schau doch mal auf der Internetseite www.geomar.de vorbei!
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TEXT Joachim Welding
FOTO Joachim Welding, Geomar/B. Grundmann