Brotreiche Künstler: Andreas Vorbeck und sein Vater, echte Holzofenbäcker aus Leidenschaft

Brotreiche Künstler: Andreas Vorbeck und sein Vater, echte Holzofenbäcker aus Leidenschaft

„Wer denkt, handgemachtes Brot sei mittelalterlich, verstaubt und hätte keinen Platz neben Backfactory und Co., ist selber von gestern. Traditionelles Handwerksgewerbe – und dazu zählt auch die Holzofenbäckerei – erfährt heute eine Renaissance und macht Spaß.“

Das sagt Andreas Vorbeck (36), eigentlich Diplom-Betriebswirt, der vor zehn Jahren in den Kieler Familienbetrieb „Der Holzofenbäcker“ einstieg, den einst sein Großvater gründete. Er ist stolz auf das Werk seiner Vorfahren und lebt den Job mit vollem Eifer. Er mahlt das Getreide von Hand, fertigt den Sauerteig nach alter Tradition, hackt wöchentlich eine Tonne Eichenholz, um den Ofen einzuheizen und backt in der Woche etwa 500 handgeformte Brote. Sein Tag beginnt mit Feuermachen und der Herstellung des Brotteiges aus Sauerteig, Mehl, Salz und Wasser. Die hergestellte Masse portioniert er auf einer alten Waage mit Gewichtsteinen sowie einem Maurerspachtel und formt die Brote frei auf Buchenbrettern. Dort reifen sie je nach Luftdruck und Temperatur vier bis fünf Stunden. „Das hat man irgendwann im Gefühl, denn wir arbeiten weder mit Klimatechnik noch mit Lebensmittelchemie. Ich weiß nicht einmal genau, wie heiß der Ofen ist“, erzählt Vorbeck von seinen Erfahrungen. Wenn das Feuer im Ofen heruntergebrannt ist, zieht er sich Asbesthandschuhe an und fegt die Asche mit einem Besen aus dem etwa fünf Meter tiefen Herd. „Das ist anstrengend. Für die Arbeit braucht man bestimmte körperliche Voraussetzungen“, sagt Vorbeck. Er verfrachtet die Brote mit einem Holzschieber direkt auf die heißen Steine. Dort backen sie eine Stunde. Doch wenn man alle Stufen der Herstellung zusammenzieht, braucht das Traditionsbrot drei Tage, bis es verkauft werden kann. Jedes einzelne Brot sieht anders aus und schmeckt auch anders. Daher bekommt er von seinen Kunden Rückmeldungen wie „zu salzig, zu dunkel, zu hell“, aber auch „War das lecker! Wir haben das ganze Brot an einem Abend gegessen!“

Der Kieler Holzofenbäcker verwendet ausschließlich Biozutaten aus der Region. Auch deswegen ist er Mitglied bei FEINHEIMSICH, dem Verein für regionale Ess- und Kochkultur, für den Frische und Qualität Priorität haben. Vorbeck denkt sich gemeinsam mit seinen Gastronomie-Kunden „neue alte“ Brotrezepte, wie zum Beispiel Honig-, Kartoffel- oder Tomatenbrot aus.

Ihr Beruf vereint Innovation und Tradition. Hat das wirklich eine Zukunft und kann man davon leben?
Ja, man macht ja nicht 300 Sonnenblumenbrote, sondern nur dreißig oder zehn. Die muss man dann zu einem Preis verkaufen, der einem Handwerksprodukt entspricht. Meine Kunden sind bereit, Geld für Qualitätsprodukte aus Handarbeit auszugeben. Und auch ein junger Mensch, der in einer Holzofenbäckerei arbeitet, kann davon leben. Generell ist die Aussage: Wann immer man versucht, etwas richtig gut zu machen, wird man jemanden finden, der das wertschätzt. Ob man nun Bilder malt, Türen baut oder eben – wie ich – Brote backt.

Und wie werde ich Holzofenbäcker?
Mein Vater hat früher als normaler Bäcker ausgebildet. Das war vorbei als er Holzofenbäcker wurde. Das, was wir in der Holzofenbäckerei machen, ist ein kleiner Teilbereich der Bäckerei und so speziell, dass es nicht für einen Ausbildungsbetrieb reicht. Man müsste in einer „normalen“ Bäckerei eine Ausbildung machen und dann bei uns zusätzlich das lernen, was im modernen Bäckerhandwerk nicht mehr üblich ist. Aber wenn jemand Bäcker werden will, dann soll er es nicht einfach nur „werden“ – also nicht, weil er sein Geld verdienen muss, sondern weil er den Beruf einfach auch liebt und Spaß daran hat, sich etwas Tolles auszudenken.

Was macht Sie glücklich an Ihrem Job?
Mich macht es glücklich, mit Händen, Erfahrung und Geschick etwas herzustellen, was später auf dem Brotschieber liegt – und Leute kommen und finden das toll. Es ist immer wieder ein gutes Gefühl, wenn die Brote aus dem Ofen kommen. Und es ist eine Freude mit meinem Vater zusammenzuarbeiten. Eine Familie, so wie sie früher funktionierte, hat durchaus ihren Wert. Ich möchte das Handwerk und den Familienbetrieb, also das weiterführen, was meine Vorfahren sich ausgedacht haben – eben genauso Brot zu backen wie vor hundert Jahren. Dieses Einzigartige möchte ich nicht aussterben lassen.

TEXT Sina Clausen
FOTOS Andreas Vorbeck