Berufsorientierung hautnah – Der Zukunftstag an der Gemeinschaftsschule in Albersdorf

Berufsorientierung hautnah – Der Zukunftstag an der Gemeinschaftsschule in Albersdorf

Die Gemeinschaftsschule am Brutkamp in Albersdorf legt großen Wert auf eine praxisnahe und berufsorientierende Ausbildung. Ab der 8. Jahrgangsstufe beginnt die berufliche Orientierung mit verschiedenen Bildungspartnern. Ein Highlight ist die jährliche Berufsmesse “Zukunftstag”, die direkt an der Schule stattfindet. Mit über 30 regionalen Betrieben bietet sie intensiven Austausch und unterstreicht die enge Zusammenarbeit mit Handel, Handwerk und Gewerbe. So schafft die Schule eine starke Brücke zwischen Theorie und Praxis und begleitet die Jugendlichen in ihre berufliche Zukunft.

Dithmarscher Betriebe, starke Perspektiven

Wir von ME2BE treffen Laura Hoogen und Falk Themann von der Böttcher Fahrradmanufaktur. „Viele denken, wir sind nur ein Einzelhändler, aber hinter Böttcher steckt viel mehr“, erklärt Social Media Managerin Laura Hoogen. „Unser größter Selling Point sind unsere individuell gefertigten Fahrräder, die wir in Wesseln herstellen und farbpulvern.“ Neben dem Einzelhandel betreibt das Unternehmen auch einen Großhandel und vertreibt mehrere Fahrradmarken. Besonders spannend sei die Vielfalt an Ausbildungsberufen, so Hoogen weiter: „Von Zweiradmechatronik über Lagerlogistik bis hin zu Kaufleuten im Groß- und Einzelhandel; wir bilden in vielen Bereichen aus.“ Falk Themann, Vertriebsmitarbeiter und seit über zehn Jahren im Unternehmen, ergänzt: „Wir verkaufen rund 7.000 Fahrräder im Jahr, alles auftragsbezogen. Unsere Spezialität sind Gravel-Räder. Die sind perfekt für Abenteuer abseits der Straße.“

Mann, Frau und Fahrrad

Individuelle Fahrräder und spannende Ausbildungsberufe bei Böttcher. ME2BE trifft Laura Hoogen und Falk Themann.

Auch Petra von Würtzen-Pieper, Ausbildungsleiterin beim Kreis Dithmarschen, spricht mit uns begeistert über Ausbildungs- und Studienangebote: „Wir möchten unsere Berufe persönlich präsentieren, weil wir glauben, dass das direkte Gespräch am meisten bewirkt“, betont sie. Besonders interessant sei das duale Studium Public Administration, früher als gehobener Beamtendienst bekannt, das Theorie und Praxis perfekt verknüpfe. Ein Beispiel dafür sei das jährliche Projekt im dritten Studienjahr: „Unsere Studierenden arbeiten aktuell an einer Initiative zur einfachen Bürgerbeteiligung, um Menschen zu ermutigen, ihre Meinung zu sagen.“ Ziel sei es, politische Themen näherzubringen und die Beteiligung zu steigern, so von Würtzen-Pieper. „Wir hoffen, dass die Ergebnisse dieses Projekts später auch direkt in unsere Arbeit beim Kreis integriert werden.“
Neben den fachlichen Inhalten legt die Kreisverwaltung großen Wert auf eine persönliche Betreuung. „Mir ist der enge, vertrauensvolle Kontakt zu unseren Auszubildenden und Studierenden sehr wichtig. Wir treffen uns regelmäßig, tauschen uns aus; auch mal bei einem Kaffee oder beim Azubi-Grillen mit dem Landrat.“ Diese offene Atmosphäre und die Bereitschaft, bei Problemen zu unterstützen, komme sehr gut an.

Am Stand der Schornsteinfegerinnung Flensburg treffen wir Nico Staben, der erzählt, dass der Beruf des Schornsteinfegers noch immer viel mehr ist als nur das klassische Fegen. „Das ist nur ein Teil unserer Arbeit. Viel wichtiger sind mittlerweile die Kontrolle und Messung von Heizungsanlagen“, erklärt er. Auf die Frage, ob Schornsteinfeger immer noch als Glücksbringer gelten, schmunzelt er: „Ja, klar, das gehört dazu. ‚Mensch, fass doch mal den Schornsteinfeger an, das bringt Glück.‘ Die Jüngeren wissen das oft gar nicht mehr.“ Um das Image des Berufs aufzupolieren, setzt die Schornsteinfegerinnung vor allem auf Berufsmessen. Besonders interessant sei der mögliche Karriereweg: Nach der Gesellenprüfung sammelt man Berufserfahrung, bevor man die Meisterschule besucht. Als Meister kann man einen eigenen Betrieb gründen oder sich auf einen Bezirk bewerben. Auch ein Studium in Umwelt- oder Gebäudetechnik sei möglich, oft sogar ohne Abitur, wenn eine Meisterprüfung und Berufserfahrung vorliegen. „Der Beruf ist viel technischer und vielseitiger, als viele denken“, betont Nico Staben.

Schornsteinfeger

Nico Staben erklärt, warum Kontrolle und Technik heute im Fokus stehen – und warum Schornsteinfeger noch immer Glück bringen!

Ein weiteres Gespräch auf der Messe führen wir mit Ausbildungsmarketing-Mitarbeiterin Alexa Borgfeld vom Westküstenklinikum (WKK). „Wir sind fast der einzige Arbeitgeber in der Region, der im Gesundheitswesen ausbildet. Wir bieten zehn unterschiedliche Ausbildungsberufe und vier Studienmöglichkeiten an, sodass eigentlich für jeden etwas dabei sein könnte.“ Wie auch für uns von ME2BE ist berufliche Orientierung von großer Bedeutung. „Mir war es immer wichtig, dass junge Leute die Ausbildung starten, die wirklich zu ihnen passt. Es ist meine Herzenssache, junge Leute auf ihrem Weg zu begleiten.“ Ihre Aufgabe beim WKK ermöglicht diesen Wunsch. „Wir bieten Orientierungstage im Krankenhaus an, besuchen Schulen direkt und nehmen frühzeitig Kontakt zu den zukünftigen Auszubildenden auf.“ Und da hört die Unterstützung für junge Menschen jedoch nicht auf. „Wir integrieren auch junge Leute mit Migrationshintergrund. Aktuell haben wir sogar Auszubildende aus den Philippinen, die wir eingeflogen haben. Sie werden natürlich sprachlich und kulturell unterstützt. Bis jetzt haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht, dass sie auch nach der Ausbildung bei uns bleiben.“

Zwei Frauen

Alexa Borgfeld und Natalie Kohlmorgen vom WKK über Ausbildungswege, Orientierungstage und internationale Azubis.

Berufsorientierung in Albersdorf

Dass sich die Arbeit der Bundesagentur für Arbeit und die berufliche Orientierung von ME2BE perfekt ergänzen, ist seit vielen Jahren bekannt. Die Schülerinnen und Schüler an den weiterführenden Schulen in Schleswig-Holstein sowie im ganzen Land können jede Unterstützung gebrauchen. So sieht das auch Berufsberaterin Monika Liebner von der Bundesagentur für Arbeit: „Wir bieten ab der 8. Klasse Orientierungshilfe, ob Praktikumssuche, Bewerbung oder die Frage nach dem richtigen Beruf.“ Besonders wichtig sei es, die Stärken der Jugendlichen zu erkennen: „Ein Beruf, der zu den eigenen Fähigkeiten passt, macht den Alltag leichter und erfolgreicher.“ Was vielen nicht bekannt ist: auch die Bundesagentur bildet aus. „Wir bieten den Ausbildungsberuf Fachangestellter für Arbeitsmarktmanagement und Studiengänge in Beratung, Bildung und Arbeitsmarktmanagement an“, so Liebner, die selbst eine Ausbildung zur Fachangestellten für Arbeitsmarktdienstleistungen absolviert hat.

Timo Jäger, Ausbildungslotse von der Jugendberufsagentur, erklärt uns: „Wir sind insgesamt drei Ausbildungslotsen und jeder von uns betreut rund 60 bis 70 Schülerinnen und Schüler.“ Besonders beeindruckend ist die Erreichbarkeit: „Die Jugendlichen rufen uns an, schreiben eine WhatsApp oder schicken eine Sprachnachricht – oft auch am Sonntagabend mit der Frage, ob ihr Outfit fürs Bewerbungsgespräch am nächsten Morgen passt.“ Diese intensive Betreuung geht weit über das Übliche hinaus. „Wir sind sozusagen Mama und Papa für die Jugendlichen“, sagt Jäger. Die Ausbildungslotsen sind an allen Gemeinschaftsschulen in Dithmarschen unterwegs und begleiten Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Klasse. „Uns gibt es nur hier in Dithmarschen, das ist einmalig in Schleswig-Holstein.“ Ein Modell, das seiner Meinung nach in jedem Bundesland Schule machen sollte, um Jugendlichen die Unterstützung zu geben, die sie brauchen, wenn Eltern keine Zeit oder Möglichkeiten haben.

ME2BE Mitarbeiterin interviewt Mann

Timo Jäger und sein Team begleiten Jugendliche individuell – sogar per WhatsApp am Sonntagabend!

Die Schulleiterin der Gemeinschaftsschule Albersdorf, Inga Hintz, erkennt ebenfalls die Wichtigkeit von Berufsorientierung: „Gerade die Corona-Zeit hat die Berufsorientierung stark beeinträchtigt. Umso mehr freue ich mich, dass wir nun wieder unsere Berufsmesse durchführen können.” Besonders schätzt Hintz die familiäre Atmosphäre an der kleinen Schule: „Wir haben 286 Schüler und ich kenne alle Schüler mit Namen und Gesicht. Diese enge persönliche Ebene finde ich sehr wertvoll.“ Den Schülerinnen und Schülern soll es im Bereich Berufsorientierung an nichts mangeln. „Die Schüler können jederzeit zu mir kommen, und wir organisieren dann die passenden Ansprechpartner und Angebote. Wir bieten Praktika, Besuche bei Berufsmessen wie der IdeenExpo in Hannover oder der Mint-Mädchen-Messe der Fachhochschule Westküste und eine enge Begleitung in die berufliche Karriere oder Anschlussmaßnahmen nach der Schulzeit.“ Besonders hebt sie hervor, dass die Berufsmesse an ihrer Schule etwas Besonderes sei: „Bei uns organisiert die Schulelternschaft die Berufsmesse. Das ist ein großer Vorteil, weil private und berufliche Kontakte genutzt werden, um Betriebe und Dienstleister direkt einzuladen.“

Da ME2BE Berufliche Orientierung sowie Berufliche Bildung als Lebens-, Welt- und demokratische Wertorientierung versteht, sind wir auf zahlreichen regionalen Ausbildungsmessen und daher direkt in den Schulen unterwegs, um unsere digitale Orientierungplattform den Schülerinnen und Schülern vorzustellen. Die Berufs-Orientierungsplattform DIGI:BO bietet Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften mit informativen Berufsbildern, praxisnahen Tipps zum Bewerbungsverfahren Informationen und Materialien für eine umfassende und vielseitige Berufliche Orientierung.

TEXT Patricia Rohde
FOTO Axel von Kortzfleisch