Bands, Buden & Baggern

Bands, Buden & Baggern

Zur Kieler Woche gehören nicht nur Künstler und Fressmeilen, ohne Logistik könnte das große Sommerfest gar nicht stattfinden.

Schon mal auf der Kieler Woche gewesen? Na klar! Auf der Kiellinie abgefeiert und die Lieblingsband angeschaut? Na klar! Schon mal darüber nachgedacht, wie das alles auf die Beine gestellt wird? Mmmh – nicht so richtig! Genau deswegen sind wir hinter die Kulissen gehuscht und haben den ganzen logistischen Aufwand durchforstet. Wir haben spannende Zahlen zusammengetragen und herausgefunden, dass der gesammelte Müll etwa so viel wiegt wie 212 Mittelklassewagen: 318 Tonnen. Kaum vorstellbar, dass 3 Millionen Besucher und alle Beteiligten im Schnitt 7 Kilogramm Müll produzieren.

Ursprünglich geht es seit 1884 bei der Kieler Woche ums Segeln. Das ist zwar heute auch noch so, doch mittlerweile geht es auch um mehr. Bands, Buden und Baggern stehen auf dem Programm. Und damit die Feierlustigen ihren Spaß haben können, bedarf es eines: Logistik!Aach, könnte man jetzt denken. Die paar Buden und Bands zu koordinieren, ist schnell gemacht. Falsch! Die Stadt Kiel hat extra das Kieler-Woche-Büro eingerichtet. Dort sitzen sieben Beamte und Tarifbeschäftigte das ganze Jahr, Tag für Tag und kümmern sich um die Vorbereitung für das große Sommerfest. Nach der Kieler Woche ist also vor der Kieler Woche.

Hauptsächlich arbeiten Diplom-Verwaltungswirte in dem Büro. Über die FH in Altenholz kann man die Beamtenlaufbahn im gehobenen Dienst anstreben. Heute heißt das Bachelor of Arts. Plant man die Kieler Woche, stehen dann Verhandlungen mit den Bands, Koordination der Buden und Organisation der Polizei- und Rettungskräfte auf dem Programm. Tillmann Voigt ist so einer. Er arbeitet seit 2008 für die Kieler Woche und hat sie seitdem auch nicht mehr besucht. „Ich muss ansprechbar sein und bin dann meist in unserem Büro vor Ort. Von 8.30 bis Mitternacht oder später ist dann normal“, sagt er. Hauptsächlich ist er für den „Internationalen Markt“ zuständig und hat damit jede Menge zu tun, weil dazu auch die Bühne auf dem Rathausmarkt gehört. Um die Kieler Woche allerdings in ihrer Gänze zu organisieren, braucht es viele Partner, Eventmanager, Bühnentechniker, Schausteller, Zeltbauer und auch Statistiker, die das Fest im Nachhinein auswerten. „Jedes Jahr haben wir Lernpotenzial und auch wenn wir mit allen Beteiligten schon ein eingespieltes Team sind, gibt es immer wieder Punkte, wo es hakt“, sagt Voigt, der gerade mitten im Bewerbungsverfahren für den „Internationalen Markt“ steckt.

Mit dabei sind auch die sogenannten Stadtinspektorenanwärter. Das klingt zwar nach einem 60er-Jahre-Ordnungshüter, ist aber der Weg in den gehobenen Dienst bei der Stadt Kiel. Drei bis vier dieser Anwärter von der Fachhochschule Altenholz, eine Bildungsstätte des Landes Schleswig-Holstein, helfen jedes Jahr auf der Kieler Woche mit. Zurück zur Planung: Drei Monate, bevor die Kieler Woche losgeht, verdichtet sich der Zeitaufwand mehr und mehr. „Eine heiße Phase versuchen wir aber zu vermeiden, indem wir sehr rechtzeitig mit Ausschreibungen wie dem Plakatwettbewerb für das jährlich wechselnde Corporate Design anfangen“, erklärt Christian Riediger (52), Leiter des Kieler-Woche-Büros. „Das haben wir schon im August abgeschlossen, weil wir sonst viel zu lange brauchen, um Flyer, Plakate und die gesamten Souvenirs herzustellen“, sagt Riediger, der seit zehn Jahren dabei ist und vorher für die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt zuständig war. Meist unentdeckt, und doch so viel wert sind die rund 150 Mitarbeiter des Abfallwirtschaftsbetriebes Kiel (ABK). Mit 62 Fahrzeugen sorgen sie für die Beseitigung des Abfalls auf den Straßen, Wegen, Grünflächen und sonstigen Veranstaltungsflächen. Täglich von 3 bis 23 Uhr sind sie unterwegs und stehen für Notfälle, darüber hinaus auch nachts, zur Verfügung. 318 Tonnen Müll sind 2013 dabei zusammengekommen. Davon mehr als 6 Tonnen Papier und Pappe und 11 Tonnen Glas. Viel erstaunlicher ist aber, dass der ABK jedes Jahr auch aus der Förde jede Menge Müll fischt. Das Sammelboot „Schiermoker“ schleppte 5 Tonnen an Land.Deutlich wird also: Die Kieler Woche zu organisieren, ist keine leichte Aufgabe. Vieles läuft von selbst, doch alles ist miteinander verzahnt. Verstellt sich ein Rädchen, hat das Folgen. Jede Menge Menschen müssen miteinander kommunizieren und es fließt unglaublich viel Geld. Eine große logistische Herausforderung also, die uns jedes Jahr aufs Neue viel Spaß bereitet.

Jedes Jahr besuchen etwa 3 Millionen Leute die Kieler Woche. Diese Zahl ist natürlich eine Hochrechnung, die mithilfe von Luftbildaufnahmen bestimmt wird. 2,5 Millionen Euro ist der Anteil der Stadt, der für die Kieler Woche zur Verfügung gestellt wird. Etwa 8 bis 10 Millionen Euro entstehen an direkten Kosten von allen Beteiligten. Die weiteren Auslöser, wie Extra-Züge, öffentliche Verkehrsmittel usw. werden mit Gesamtkosten in Höhe von 80 Millionen Euro geschätzt, die dafür bewegt werden müssen. Das entspricht etwa 900 Ganzjahresarbeitsplätzen. Zwischen 150 und 200 Sanitäter von Johanniter, Malteser, Arbeiter-Samariter- Bund und Rotes Kreuz sind auf der Kieler Woche im Schichtdienst unterwegs. Insgesamt hat der ABK 2013 zusätzlich 800 Abfalltonnen zwischen 120 Litern und 5 Kubikmetern aufgestellt. Die Gesamtmenge an Abfällen zur Verwertung (AZV) ist gegenüber dem Vorjahr auf 318 Tonnen (Vorjahr 274) angestiegen. Für das Kieler-Woche-Büro arbeiten neun Mitarbeiter, zwei davon das ganze Jahr über, im Bereich Repräsentation und Empfänge. Weitere 20 Menschen werden auf dem Fest für Auf- und Abbau gebraucht. Und weitere 15 Leute, die in anderen Büros der Stadt ab und an für die Kieler Woche arbeiten. Und das ist nur die Stadt Kiel. Alle anderen Bühnen von NDR, Hörn usw. kommen mit ihren Mitarbeitern noch dazu.

Text Kim Schöffler
Foto Tim Riediger