Innovative Ausbildungskonzepte in der Kreisverwaltung Dithmarschen

Innovative Ausbildungskonzepte in der Kreisverwaltung Dithmarschen

Mit 17 Jahren begann Petra von Würtzen-Pieper ihre Ausbildung in der Kreisverwaltung Dithmarschen. Heute betreut sie als Ausbildungsleiterin selbst junge Menschen auf ihrem beruflichen Weg in die Verwaltung. Uns erzählt sie, was sich in knapp vierzig Jahren verändert hat und worauf es ihr heute bei der Ausbildung angehender Fachkräfte ankommt.

Worauf wurde vor 39 Jahren, als Sie Ihr Bewerbungsgespräch bei der Kreisverwaltung Dithmarschen hatten, Wert gelegt? Und was hat sich heute verändert?
Damals wie heute ist das Beherrschen der deutschen Sprache sehr wichtig, um in der Kreisverwaltung Dithmarschen eine Ausbildung zu absolvieren. Wir erteilen viele Bescheide, Briefe und E-Mails an Bürgerinnen und Bürger, Schülerinnen und Schüler, Firmen und andere Behörden – da sollte die Rechtschreibung einfach sitzen. Zu meiner Zeit lag der Schwerpunkt auf der Merkfähigkeit der Bewerber: Wir mussten Zahlenkolonnen im Kopf rechnen, um unser Konzentrationsvermögen unter Beweis zu stellen. Heutzutage wird eine korrekte Rechtschreibung erwartet und bereits im Vorstellungsgespräch thematisieren wir die besondere Bedeutung.

Wie steht es um die soziale Kompetenz?

Auch hier beobachte ich eine große Entwicklung. Im Allgemeinen waren wir damals etwas zuverlässiger, ernsthafter und nicht so gechillt. Positiv fällt mir bei der Jugend von heute auf, dass sie besser für ihre Meinung einstehen können. Als Ausbildungsleiterin bemühe ich mich um ein offenes Verhältnis zu unseren Auszubildenden und das wird sehr positiv angenommen. Mir fällt auch auf, dass die Jugendlichen heutzutage viel mehr erwarten, als es zu meiner Zeit der Fall war: Sie sind kritisch, hinterfragen und nehmen sich und ihre Arbeit sehr ernst – das gefällt mir. Zu meiner Zeit wurden Aufgaben einfach erledigt.

Während der Ausbildung stehen die Azubis in engem Kontakt mit ihren Praxisanleitern. Wie gut werden diese auf den Umgang mit einer neuen Generation vorbereitet?

Wir bieten regelmäßig Fortbildungen für Praxisanleiter an, die auch von älteren Kollegen gut besucht werden. Themen sind: Wie spreche ich heute einen Azubi an? Mit welchen Erwartungen beginnen die Azubis eine Ausbildung und wie funktioniert die Kommunikation mit der Jugend von heute?

Warum ist der persönliche Kontakt zu den Azubis so wichtig?

Eine offene Kommunikation ermöglicht sowohl den Azubis als auch mir und meinen Kollegen, Wünsche und Anforderungen klar zu kommunizieren und Missverständnissen von Anfang an aus dem Weg zu räumen. Das erleichtert die Zusammenarbeit und schafft Identifikation. Wir wollen, dass sich unsere Auszubildenden in der Kreisverwaltung wohl und ernst genommen fühlen. Unser Ziel ist, bei vernünftiger Leistung, so viele Azubis wie möglich zu übernehmen. Den Grundstein dafür lege ich in der Ausbildung.

Worauf legen Sie bei der Einstellung der Azubis Wert?

Mir ist besonders wichtig, dass die angehenden Fachkräfte offen und aufgeschlossen an die Ausbildung rangehen und bereit sind, etwas zu lernen. Ich rate immer dazu, so viele Fragen wie möglich zu stellen und eigene Ideen einzubringen. Heute kommen in einem Ausbildungsjahrgang Menschen mit ganz unterschiedlichen Grundvoraussetzungen zusammen: einige kommen direkt aus der Schule, andere vom RBZ, wieder andere haben schon eine Ausbildung absolviert und wollen sich umorientieren, wieder andere lernen bei uns in Teilzeit. Umso wichtiger ist mir, dass am Ende alle ihr Bestes geben. Grundsätzlich betrachte ich die Durchlässigkeit unseres heutigen Bildungssystems durchaus als Gewinn, da die Azubis viel voneinander lernen können.

Was macht den Reiz Ihrer Arbeit in der Kreisverwaltung Dithmarschen aus?

Für mich als Ausbildungsleiterin ist es eine große Freude, die Entwicklung unserer Azubis zu begleiten. Unser Ziel ist, sie innerhalb der drei Jahre auf einen Arbeitsplatz in der Kreisverwaltung vorzubereiten. Ich arbeite seit 40 Jahren in der Kreisverwaltung Dithmarschen und gehe immer noch sehr gerne zur Arbeit. Besonders weil ich mich in all den Jahren immer wieder neu erfinden und weiterentwickeln konnte, sodass ich Arbeits- und Privatleben in jeder Lebensphase optimal vereinen konnte. Damals wie heute bietet die Kreisverwaltung so viele Arbeitszeitmodelle, dass jeder Mitarbeitende ganz nach seinen Bedürfnissen Karriere machen kann. Das finde ich großartig!

Ein Jahr und viele Erfahrungen reicherAzubis

Fünf Azubis über ihre Erlebnisse während des ersten Ausbildungsjahres

Vor einem Jahr, als Virginia, Marie, Laura, Michelle und Marieke ihre Ausbildung in der Kreisverwaltung Dithmarschen begannen, wollten wir erfahren, mit welcher Motivation, Vorstellung und Erwartung die fünf angehenden Fachkräfte in ihre Ausbildung starten. Heute treffen wir sie erneut und erfahren, was sie gelernt haben, ob sich ihre Erwartungen erfüllt haben und wie sich ihre Pläne für die Zukunft entwickelt haben.

Sie sind mittlerweile im zweiten Ausbildungsjahr. Wie ist es Ihnen im ersten Jahr der Ausbildung ergangen?

Marieke: Ich habe meine Ausbildung im Fachdienst Liegenschaften, Schule, Kommunalaufsicht begonnen und bin dann zum Fachdienst für Finanzen gewechselt. Das hat mir sehr gut gefallen. Die Mitarbeiter konnten mir nah am Geschehen erklären, worauf es ankommt und mich in meine Aufgaben einführen. Ich durfte sogar einen Tag mit zur Außenvollstreckung fahren. Meine dritte und aktuelle Station ist der Bereich Personal und Organisation. Eine meiner Aufgaben: das Überprüfen von Verwendungsnachweisen für die Kreisverwaltung. Zudem bin ich in die Planung für die neuen Azubis involviert, das gefällt mir sehr gut.

Marie: Ich habe meine Ausbildung vor einem Jahr im Bereich Hilfen im Übergang begonnen. Auch wenn es sehr spannend war, die Außenstelle kennenzulernen und zu erfahren, in welchen Bereichen der Kreis noch tätig ist, habe ich festgestellt, dass ich die Verwaltungsarbeiten vor Ort bevorzuge. Meine zweite Station war die Straßenverkehrsbehörde und jetzt bin ich in der wirtschaftlichen Jugendhilfe. Obgleich alle drei Bereich thematisch sehr unterschiedlich sind, kann ich mittlerweile viele verantwortungsvolle Aufgaben übernehmen. Für mich liegt die größte Herausforderung darin, mich alle zwei bis vier Wochen in neue Themen einzuarbeiten.

Laura: Meine Ausbildung habe ich im Corona-Team begonnen. Besonders gut gefiel mir jedoch meine zweite Station: die Personalabteilung. Ich bekam hilfreiche Einblicke in viele Verwaltungsarbeiten. Auch mein dritter Bereich, Ordnung und Sicherheit war sehr interessant: Ich unterstützte die Kollegen in der Ausländerbehörde. Ich bekam hautnah mit, wie Flüchtlingsunterkünfte für Ukrainerinnen und Ukrainer realisiert wurden. Eine meiner Aufgaben war, Stellungnahmen vom BKA, vom LKA und der Meldebehörde anzufordern sowie Aufenthaltstitel zu vergeben. Während meiner vierten Station in der Abteilung Allgemeines Ordnungsrecht, erledigte ich zunächst viele theoretische Aufgaben und musste mich vorwiegend in verschiedene Themen einlesen. Das gefiel mir nicht so gut, da es mir auch als Azubi wichtig ist, wirklich mitzuarbeiten und etwas zu bewirken.

Michelle: Für mich begann die Ausbildung vor einem Jahr im Bereich Kultur und Allgemeines. Anschließend wechselte ich in die Station Soziale Teilhabe, dann in die Abteilungen Schulen und Liegenschaften sowie Kommunalaufsicht. Die Aufgaben, die ich bisher erledigen durfte, waren sehr vielseitig und abwechslungsreich: von der Abrechnung der Entschädigungsleistungen der Abgeordneten über die Gewährleistung von Geldern bei Erwerbsminderung und Alter bis hin zum Denkmalschutz sowie der Betreuung von Gebäuden. Darunter waren auch das BBZ Heide, die Gelehrtenschule in Meldorf und das Dithmarscher Landesmuseum. Insgesamt war das Arbeitsklima in allen Bereichen sehr angenehm. Ich wurde gut in meine Aufgaben eingearbeitet und konnte auch mal mit zu einem Außentermin, das hat mir besonders gut gefallen.

Virginia: Ich habe meine Ausbildung in der Bußgeldstelle begonnen, war anschließend in der Abteilung Hilfen im Übergang und nun lerne ich im Bereich Kultur und Allgemeines.
In der Bußgeldstelle konnte ich nach einer kurzen Einarbeitungsphase sehr selbstständig arbeiten, das hat mir sehr gut gefallen. Besonders spannend war für mich jedoch, ein Tag mit dem Blitzer-Team im Außendienst zu verbringen. In allen Bereichen ist mir aufgefallen, dass ich bei Interesse die Möglichkeit bekomme, tiefer in die Materie einzusteigen und die Kollegen auch bei Außenterminen zu begleiten. Schade fand ich im Bereich Hilfen im Übergang, dass ich als alleinerziehende Mutter an vielen Terminen nicht teilnehmen konnte, da diese oft nachmittags stattfanden. Auch in der Schule muss ich als Auszubildende in Teilzeit viel selbst nacharbeiten, da ich oft früher gehen muss, um meine Tochter aus der Kita abzuholen.

Wie haben sich Ihre beruflichen Pläne im Verlauf der Ausbildung entwickelt?

Virginia: Grundsätzlich interessiere ich mich für den Bereich Wasser, Boden, Abfall, weil ich mich für den Naturschutz in der Region einsetzen möchte. Konkret aber für die Ausbildung zum Nationalpark-Range, die man über den Kreis absolvieren kann. Mir gefällt die Vorstellung, bei Wind und Wetter an der frischen Luft zu sein und Naturschutzgebiete zu kontrollieren.

Marieke: Ich möchte in einem Bereich arbeiten, der mir viel Kontakt mit Menschen ermöglicht und ein abwechslungsreiches Aufgabenfeld bietet. Wo genau das sein wird, weiß ich allerdings noch nicht.

Michelle: Während der Ausbildung habe ich gemerkt, dass ich weniger mit Zahlen und mehr mit Menschen arbeiten möchte. Trotzdem ist es mir wichtig, unvoreingenommen die verschiedenen Fachbereiche kennenzulernen.

Laura: Ich interessiere mich sehr für den sozialen Bereich und freue mich schon besonders auf die Bußgeldstelle, da ich von meinen Kolleginnen schon viel Positives über den Bereich gehört habe.

Theorie und Praxis wechseln sich in Eurer Ausbildung ab. Wie könnt Ihr das theoretische Wissen aus der Berufsschule in der praktischen Arbeit umsetzen?

Marie: In der Berufsschule beschäftigen wir uns maßgeblich mit gesetzlichen Bestimmungen und lernen, die einzelnen Paragraphen genau zu lesen. Oft geht es um Tatbestandsmerkmale und deren Rechtsfolgen sowie Definitionen. In der Praxis haben wir leider nicht immer die Zeit, Texte so detailliert zu bearbeiten, aber wir lernen, wie wichtig das genaue Verständnis der Gesetze ist und welche Folgen dies für die Bürger hat.

Marieke: Derzeit bearbeiten wir das Thema Personalbedarfsplanung und lernen, einen Stellenplan zu erstellen – das finde ich sehr interessant, da ich in der Personalabteilung schon mit diesem Thema in Berührung gekommen bin. Manchmal ist es jedoch gar nicht so leicht, das theoretische Wissen mit der Praxis zu verbinden, da nicht alle Dozenten praktische Erfahrung mitbringen. Hinzu kommt, dass die Praxisphase meist inhaltlich nicht an das theoretisch erlernte Wissen anknüpft, da wir ja alle in unterschiedlichen Abteilungen sind.

Habt ihr eine Erkenntnis aus dem letzten Jahr mitgenommen, was das Thema Verwaltung betrifft?

Marieke: Mir ist klar geworden, dass die Vorurteile über die Arbeit in der Verwaltung absolut unzutreffend sind. Unsere Arbeit ist sehr juristisch geprägt – das war mir im Vorfeld nicht bewusst. Und mir war auch nicht klar, wie viele unterschiedliche Arbeitsbereiche die Verwaltung bietet. Wer hätte gedacht, dass die Arbeit in der Verwaltung so abwechslungsreich und vielfältig sein kann?

Michelle: Ich bin positiv überrascht, in wie viele Bereiche der Kreis involviert ist. Dass er beispielsweise an der Gestaltung von Schulen, Gebäuden und Museen mitwirkt, war mir nicht bewusst. Zu Beginn meiner Ausbildung habe ich die Komplexität und Vielfalt der Aufgabenbereich unterschätzt.

Laura: Auch ich bin von der Vielseitigkeit in der Verwaltung positiv überrascht. Wie viel wir für den Kreis Dithmarschen in der Verwaltung bewegen können, ist mir erst während der Ausbildung so richtig bewusst geworden.

Marie: Seitdem ich in die Abläufe der Kreisverwaltung involviert bin, wird mir klar, wie verantwortungsvoll unsere Arbeit ist. Es gibt viele Bereiche, in denen wir mit unserer Arbeit großen Einfluss auf persönliche Schicksale nehmen – sei es in der Teilhabe oder Grundsicherung. Zahlreiche Entscheidungen liegen in unserem Ermessensspielraum und wirken sich konkret auf das Leben der Bürger im Kreis aus. Ich empfinde die Kombination aus festen Rahmenbedingungen und eigenverantwortlichem Handeln als sehr positiv und bin froh, mich für diesen Weg entschieden zu haben.

Virginia: Ich habe im Laufe des ersten Ausbildungsjahres erkannt, dass die Arbeit in der Kreisverwaltung Dithmarschen sehr komplex ist. Mir war nicht bewusst, wie vielseitig die Aufgabenbereiche in den Außenstellen wie etwa der Naturschutzbehörde sind. Durch die Ausbildung sehe ich den Kreis mit ganz anderen Augen.

Sie haben nun ein Jahr lang Land und Leute durch die Brille der Verwaltung kennengelernt. Wie hat sich Ihr Bezug zur Region verändert?

Michelle: Während der Ausbildung habe ich viel über die Region gelernt und fühle mich mittlerweile sehr verbunden mit dem Kreis Dithmarschen. Trotzdem genieße ich es, im Kreis Rendsburg-Eckernförde zu wohnen und so Privat- und Berufsleben durch die räumliche Distanz zu trennen.

Virginia: Ich bin in Dithmarschen groß geworden und vor einem Jahr wieder in meine Heimat zurückgekehrt. Durch die Arbeit in der Kreisverwaltung merke ich, wieviel ich für meine Tochter und die Bürger im Kreis bewirken kann – das macht mich sehr stolz.

Marieke: Ich komme auch aus der Region, habe jedoch durch die Ausbildung viel mehr Hintergrundwissen über die Verwaltungsprozesse im Kreis Dithmarschen kennengelernt. Da alle Themen, die im Kreis verhandelt werden, über unseren Tisch laufen, habe ich wirklich das Gefühl, am gesellschaftlichen und politischen Leben mitzuwirken. Das finde ich sehr spannend.

Marie: Ich war bereits als kleines Kind öfter in der Kreisverwaltung Dithmarschen, da mein Vater bereits in dieser Verwaltung gearbeitet hat. Jetzt selbst Teil des Teams zu sein, macht mich sehr stolz. Seitdem ich meine Ausbildung bei der Kreisverwaltung mache und die Hintergründe vieler Prozesse kenne, hat sich mein Blick auf die Region sehr verändert. Wenn ich beispielsweise ein neues Straßenschild sehe, weiß warum es dort steht, wer es angeordnet hat und welcher Verwaltungsaufwand hinter so einer Anordnung steckt.

Ich bedanke mich für die Einblicke in Ihre Ausbildung bei der Kreisverwaltung Dithmarschen und wünsche weiterhin viel Erfolg auf Ihrem beruflichen Weg in die Zukunft.

TEXT Sophie Blady
FOTO Michael Ruff

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