Die Lehrerin für Gesundheitsfachberufe im Bildungszentrum des Städtischen Krankenhauses Kiel unterrichtet seit Oktober 2022 Auszubildende, die eine generalistische Ausbildung absolvieren wollen. Interesse für den medizinischen Bereich weckte bei Kristina Jahn bereits ein Schulpraktikum in der 8. Klasse bei ihrem Hausarzt. Ein weiteres Praktikum im Krankenhaus bestätigte sie in ihrem Wunsch, Menschen auf ihrem Weg der Genesung zu begleiten. Nach ihrem Staatsexamen zur Gesundheits- und Krankenpflegerin bildete sie sich zur Praxisanleiterin weiter und sammelte erste Erfahrungen in der Lehre. Ein Bereich, den sie unbedingt besser kennenlernen wollte, sodass sie 2020 berufsbegleitend das Studium Berufspädagogik aufnahm. Mit ihrer Leidenschaft für die Pflege und ihren praktischen Erfahrungen inspiriert sie heute ihre Auszubildende für eine Karriere im Gesundheitswesen.
Frau Jahn, warum haben Sie sich für die pädagogische Arbeit im Bildungszentrum entschieden?
Als Praxisanleiterin habe ich sehr eng mit den Studierenden zusammengearbeitet und gemerkt, dass es mich freut, mein Fachwissen an junge Menschen weiterzugeben und diese zu motivieren, eine gute und engagierte Fachkraft zu werden.
Wie hebt sich das Bildungszentrum am Städtischen Krankenhaus von anderen Bildungszentren ab?
Besonders an dem Bildungszentrum des Städtischen Krankenhaus ist in meinen Augen, dass alle Auszubildende ihre praktische Ausbildung im Städtischen Krankenhaus absolvieren. Da unterscheiden wir uns ganz deutlich von anderen Schulen, an denen Auszubildende aus verschiedenen Häusern zusammen lernen.
Sie unterrichten junge Menschen, die sich für die neu eingeführte generalistische Pflegeausbildung entschieden haben. Was zeichnet diese Ausbildung aus?
Die generalistische Ausbildung vereint drei wichtige Berufe in der Pflege: Gesundheits- und Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege. Um die Auszubildenden auf die umfassende Pflege von Jung bis Alt ambulant und stationär vorzubereiten, werden die Lerninhalte komprimiert und in Folge weniger vertieft. Vorteil: Die generalistische Ausbildung eröffnet Absolventinnen und Absolventen eine breitere Palette an beruflichen Möglichkeiten, als es in der Vergangenheit der Fall war.
Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich jedoch sagen, dass das Fachwissen und die thematische Tiefe meist erst durch praktische Erfahrungen und kontinuierliche Fortbildung erlernt werden.
Mit welchen Unterrichtsmethoden arbeiten Sie am Bildungszentrum?
Ich würde behaupten, dass unsere Schule methodisch sehr breit gefächert ist. Gerade im Bereich der Kommunikation arbeiten wir viel in der Gruppeninteraktion, sodass die Auszubildenden voneinander lernen und Vertrauen aufbauen. Wir werden aber auch praktisch tätig, stellen Szenen und Situationen in unserem Demoraum nach. Demgegenüber stehen Lehrvorträge, in denen ich als Lehrerin gebündelt theoretisches Wissen vermittle. Ein großes Thema unserer Methodik ist auch die Gruppenarbeit, in der sich die Auszubildenden anhand von Fachtexten innerhalb eines vorgegebenen zeitlichen Rahmens ein Thema selbst erarbeiten. Wir behandeln oft sogenannte Fallbeispiele, um Arbeitsabläufe zu simulieren.
Wie lernen die Auszubildenden das theoretische Wissen in der Praxis anzuwenden?
Wir haben die Möglichkeit, im Bildungszentrum gezielt Abläufe in einem geschützten Rahmen ohne Zeitdruck zu üben. Zusätzlich begleiten unsere Praxisanleiter die Auszubildenden auf der Station, wo sie sich die konkrete Pflegesituation am Krankenbett anschauen und in die Praxis umsetzen können. Auch wir Lehrkräfte begleiten die Auszubildenden auf der Station, um konkrete Fallbeispiele zu besprechen. Um die Zusammenarbeit zwischen Schule und Krankenhaus weiter zu verbessern, tauschen wir uns regelmäßig mit den Praxisanleitern fachlich aus.
Welche Rolle spielen Technologien wie virtuelle Realität und Simulationen bei der Ausbildung von medizinischen Fachkräften und wie kommen sie im Bildungszentrum und in der Praxis zum Einsatz?
Die Arbeitsweise im Bildungszentrum ist äußerst digital geprägt. Die Auszubildenden arbeiten vorrangig am Tablet. Zudem erlauben uns moderne Smartboards in jedem Raum, Ergebnisse in Echtzeit zu sammeln und gemeinsam auszuwerten. Flexibilität bietet zudem unsere digitale Lernplattform Moodle, auf die alle Lehrkräfte ihre Unterrichtsmaterialien hochladen und jederzeit zugänglich machen.
Doch nicht nur im Klassenzimmer setzen wir auf die Kraft der Digitalisierung: Die Einführung der digitalen Patientenakte erleichtert die Arbeit der Pflegekräfte und Ärzte auf der Station. In der stationären Langzeitpflege entlasten besonders Patientenlifter die Arbeit der Angehörigen und Pflegekräfte. In der Ausbildung lernen unsere Azubis zudem den Umgang mit einer Vielzahl weiterer medizinischer Geräte, um sie bestmöglich auf ihre zukünftigen Herausforderungen vorzubereiten.
Die Fähigkeit zu Empathie und Mitgefühl unterscheidet uns Menschen maßgeblich von Maschinen, medizinischen Geräten und Robotern. Wie vermitteln Sie diese Eigenschaften in der Ausbildung?
Wichtig ist, dass sich Auszubildende in der Pflege grundsätzlich allen Mitarbeitenden gegenüber offen verhalten. Denn in ihrem Berufsalltag sind sie mit vielen herausfordernden Situationen konfrontiert, die sie nur durch einen konstruktiven Umgang bewältigen können.
Wie gehen Sie auf Auszubildende ein, die merken, dass Sie sich bestimmten Aufgaben nicht gewachsen fühlen?
Wenn wir bemerken, dass ein Auszubildender Schwierigkeiten mit bestimmten Situationen hat, gehen wir ins Gespräch mit den Praxisanleitern und dem Auszubildenden, um herauszufinden, wo die Ursachen liegen. Vielleicht gibt es eine Station, die für den Anfang leichter zu bewältigen ist – die weniger persönliche Assoziationen weckt oder eine andere Art der Pflege fordert. Es macht einen großen Unterschied, ob ich im ambulanten Pflegedienst Menschen in einer alltäglichen Situation unterstütze oder schwerkranke Patienten in einer akuten Notsituation auf der Intensivstation pflege. Wie die Auszubildenden bei all ihren Aufgaben Nähe zulassen und trotzdem die nötige Distanz wahren, ist ein wichtiger Lernprozess, der einen schwerpunktmäßigen Teil der Ausbildung darstellt. Anhand realer Fallbeispiele reflektieren wir gemeinsam Situationen und entwickeln Möglichkeiten, sich abzugrenzen und durch Kommunikation einen persönlichen Rahmen zu setzen.
Was ist die Hauptbotschaft, die Sie Ihren Auszubildenden vermitteln möchten?
Für mich steht die Freude an der Pflege im Mittelpunkt, und ich möchte diese Leidenschaft gerne an andere weitergeben. Der Beruf der Pflegefachkraft bietet uns täglich die Gelegenheit, Begegnung und Wertschätzung von unseren Patientinnen und Patienten zu erfahren. Selbstverständlich gibt es auch schwierige und aufreibende Momente, aber als erste Ansprechpartner für die Patienten können Pflegekräfte viel bewirken und sie in schwierigen Situationen auffangen.
Mehr zum Städtischen Krankenhaus:
Julia und Carolin absolvieren gemeinsam eine generalistische Ausbildung zur Pflegefachfrau am Städtischen Krankenhaus Kiel. Mit ME2BE haben sie über ihre Erfahrungen gesprochen.
TEXT Sophie Blady
FOTO Sebastian Weimar