Ausbildung zum Forschungstaucher am CAU-Institut für Geowissenschaften
Wie ist es um das Ökosystem Meer bestellt? Wo sind Nord- und Ostsee von rostenden Munitions-Altlasten bedroht? Welches Schiffswrack liegt wo? Wenn es darum geht, Licht in maritime Fragen zu bringen, sind sie dabei: Forschungstaucher. Ausgebildet werden sie am Forschungstauchzentrum, das zum Institut für Geowissenschaften der Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel gehört. Die Voraussetzungen dafür sind anspruchsvoll, die Regeln streng – zur Sicherheit der Forschungstaucher.
Im Frühsommer 2024 geht es vor Pelzerhaken und Haffkrug los: An insgesamt drei Orten werden neue Technologien getestet, die ermöglichen sollen, Kriegsmunition zu erkennen und auch zu bergen. Die Zeit drängt. In Nord- und Ostsee liegen schätzungsweise 1,6 Millionen Tonnen rostende Munitionsaltlasten – ganze Halden, wie Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) sagt. Und die Schäden, die diese Altlasten verursachen, steigen. Bei diesem interdisziplinären Projekt sind Forschungstaucher ebenso dabei, wie bei unterwasserarchäologischen Untersuchungen einer eisenzeitlichen Wallanlage im polnischen Bytyńskie-See oder in der Mecklenburger Bucht, wo Spuren Eiszeitjägern entdeckt wurden, oder in der Trave, wo das Wrack eines Handelsschiffs aus dem 17. Jahrhundert zu Tage kam.
Fit für interdisziplinäre Arbeit
Die Arbeit mit Forschungstauchern am CAU-Institut hat Tradition. Seit 1968 werden hier Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen sowie technisches Personal und Wissenschaftler zu geprüften Forschungstauchern ausgebildet, die dann der wissenschaftlichen Tauchergruppe der CAU Kiel angehören und weltweit an interdisziplinären Forschungsprojekten teilnehmen. Vornehmlich geht es dabei um biologische, archäologische und geologische Untersuchungen, aber auch um physikalischen, ozeanographischen oder hydrologischen Fragen.
Allein die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist anspruchsvoll. Der Wrackfund in der Trave beispielsweise hat gezeigt, wie Archäologen mit Historikern, Biologen, Chemikern und Klimaforschern zusammenarbeiten, um Befunde zu analysieren. Dass das Schiff aus dem 17. Jahrhundert stammt, zeigen u.a. dendrochronologische Untersuchungen, die die verwendeten Hölzer als im heutigen Schleswig-Holstein und in Südschweden geschlagen identifizieren. Der Klimawandel zeigt sich an den Fraßspuren der Schiffsbohrmuschel Teredo navalis, einer invasiven, ursprünglich aus der Nordsee stammenden Art, die sich an einen immer geringeren Salzgehalt angepasst hat und mittlerweile in Flüsse vorgedrungen ist.
Außer Fachwissen und ausgeprägter Teamfähigkeit braucht zum Forschungstauchen insbesondere Disziplin, körperliche Fitness – und jede Menge Nachweise: etwa über das deutsche Rettungsschwimmabzeichen Silber (nicht älter als 1 Jahr zur Prüfung, ausbildungsbegleitend möglich), über die Teilnahme an einem Erste-Hilfe-Kurs (nicht älter als ein Jahr zur Prüfung), über eine gültige arbeitsmedizinische Vorsorge und arbeitsmedizinische Untersuchung , über das Bestehen des Sporteignungstests (400 m Schwimmen in max. 9:30 min), 25 m Streckentauchen, 3 mal Abtauchen auf 5 m Tiefe (in 1 min), 2000m Laufen (max. 11 min).
Neun Wochen Theorie und Praxis
Die Ausbildung ist in zwei Blöcke, eine Schwimmbadphase und eine Freiwasserphase geteilt, die insgesamt neun Wochen (ca. 390 Stunden) in Anspruch nehmen. Nach einem sportlichen Eingangstest und einer medizinischen Untersuchung stehen zunächst die Grundlagen des Tauchens u.a. mit Konditionstraining, Streckentauchen, Handhabung des Tauchgeräts, Wechselatmung, das Üben spezieller Seemannsknoten, Tarierübungen und auch eine Einführung in die digitale Unterwasserfotografie auf dem Plan. Nach einer Prüfung geht es in die Freiwasserphase mit unterschiedlichen Tauch-Bedingungen, 5 km Seeschwimmen, Wrack- und Tieftauchgängen.
Am Ende der Ausbildung steht eine zweitägige Abschlussprüfung bestehend aus Praxis (Fitness, Tauchfertigkeiten, Wasserrettung und Leinentauchen) und Theorie (Recht und Vorschriftenkunde, Tauchtechnik und Physik, Tauchmedizin und Sicherheit). Hat der Prüfling bestanden, wird ihm attestiert, „Geprüfter Forschungstaucher“ zu sein. Die Gültigkeit dieses Zertifikats muss jährlich mit einer Mindestauchgangszahl und einer Tauglichkeitsuntersuchung bestätigt werden.
Die Ausbildungsgebühr gibt das CAU-Institut für Geowissenschaften mit 1500 Euro für Studierende der CAU zu Kiel bzw. mit 1900 Euro für externe Teilnehmer an, die Prüfungsgebühr mit 160 Euro.
Kontakt: Forschungstauchzentrum, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Institut für Geowissenschaften, Ludewig-Meyn-Straße 10,24118 Kiel. E-Mail: ftzk@ifg.uni-kiel.de
TEXT Karin Lubowski
FOTO Christian Howe