Grossen Konzernen auf den Zahn fühlen

Grossen Konzernen auf den Zahn fühlen

Wenn die blonde Frau mit dem fröhlichen Lachen über Steuern spricht, geht es ihr vor allem um Gerechtigkeit und Fairness. Der Job von Sabine Rosenkranz (44) ist es, Pharmakonzerne, Werften, Nahrungsmittelhersteller, Maschinenbau-Firmen und andere Großunternehmen in Schleswig-Holstein einem tiefgreifenden „Check“ zu unterziehen: Ob sie korrekt Steuern gezahlt haben.

Steuerprüferin Sabine Rosenkranz schätzt die beruflichen Herausforderungen der Finanzverwaltung Schleswig-Holstein

Die Steueramtsrätin fährt für ihren Beruf viele Kilometer durch Schleswig-Holstein und kommt dabei häufig in den Hamburger „Speckgürtel“. Denn hier haben sich, ebenso wie in der Region Kiel, viele große Betriebe angesiedelt. Die kontrollieren sie und 41 andere Steuerprüfer, die für die Konzerne im Land zuständig sind. „Mir gefällt besonders, dass mein Beruf so abwechslungsreich ist – weil du mit vielen verschiedenen Unternehmen und immer mit Menschen zu tun hast.“

Große Einsatzbereitschaft und berufliches Engagement sind für sie dabei selbstverständlich. „Die Steuerprüfungen sind ziemlich umfangreich. Manchmal kommen wir in Teams von vier oder fünf Kollegen in die Unternehmen, um uns die Finanzunterlagen genau anzusehen und mit Hilfe von Prüf-Software auf dem Laptop zu kontrollieren. Dafür brauchen wir pro Konzern mindestens drei Monate Zeit, bei den ganz Großen kann diese Arbeit bis zu zwei Jahre dauern“, berichtet die Diplom-Finanzwirtin, die im Dualen Studium an der Fachhochschule Altenholz und bei einem Finanzamt ihre Ausbildung absolviert hat.

Bis eine Finanzbeamtin oder ein Finanzbeamter die „ganz dicken Fische“ bekommt, heißt es: Berufserfahrung sammeln! „Nach meiner Ausbildung habe ich zuerst acht Jahre im Innendienst am Finanzamt Eutin gearbeitet. Dabei war ich schon für gewerbliche Betriebe zuständig.“ Anschließend besuchte Sabine Rosenkranz Firmen als Betriebsprüferin: „Der Friseur und der Bäckerladen von nebenan gehörten ebenso dazu wie der kleine Handwerker.“ Schon damals sei es ihr wichtig gewesen, einen fairen Umgang zu pflegen. „Denn es geht dabei nur selten um Steuerhinterziehung. Wir unterstellen nicht, dass ein Unternehmen kriminelle Energie an den Tag legt.“ Stattdessen untersucht die Finanzbeamtin, ob alle Regeln der Besteuerung eingehalten worden sind. Dabei könne es auch vorkommen, dass sich herausstellt: Die Firma hatte versehentlich zu viel Steuern bezahlt. Das Geld bekommt sie dann natürlich vom Finanzamt zurück. „Auch das gehört zum Thema Fairness.“

Apropos fair: Eigentlich ist die Sache mit den Steuern ganz einfach. Reiche Menschen und erfolgreiche Unternehmen zahlen mehr Steuern, Geringverdiener und Kleinbetriebe weniger Steuern ans Finanzamt. Das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Denn mit dem eingenommenen Geld bezahlt der Staat die wichtigen Dinge, von denen alle Menschen in unserer Gesellschaft etwas haben – Kindergärten und Schulen, die Polizei und die Feuerwehr, Straßenbau, Hochschulen und vieles mehr. „Um die Betriebe richtig einzuordnen, müssen wir Prüfer genau verstehen lernen, wie ein Unternehmen wirtschaftet und welches seine speziellen Probleme sind“, berichtet Sabine Rosenkranz. Zu Beginn jeder Prüfung stehe deshalb immer eine Betriebsbesichtigung an, Gespräche mit den Finanzfachleuten des Unternehmens folgen. Während der Prüfung im Firmenbüro gelte es, einen freundlichen, aber distanzierten Umgang zu pflegen. Denn nicht jeder Firmenchef betrachtet den Besuch vom Finanzamt gerade als willkommen. „Aber die meisten Unternehmen akzeptieren die gesetzlich vorgeschriebene Prüfung und unterstützen uns.“

Irgendwann schlägt die Stunde der Wahrheit – bei der „Schlussbesprechung“ mit den Finanzexperten des Unternehmens, bei der es um die „Anmerkungen“ der Prüfer geht. Klartext: Ein Konzern muss meist Steuern nachzahlen, vielleicht auch mal mehrere 100.000 Euro. „Dann kann es in der Diskussion schon mal heiß hergehen, doch fast immer finden wir eine Lösung, die der Konzern akzeptiert.“ Und wenn nicht? Dann müssen Finanzgerichte den Fall entscheiden. Einmal ging ein Verfahren bis vor den Europäischen Gerichtshof. „Da waren wir schon ein bisschen stolz, dass wir ein Steuerproblem von grundsätzlicher Bedeutung aufgespürt haben.“ Ihr Wissen gibt sie im Unterricht auch an den Berufsnachwuchs weiter: „Die Förderung der FinanzanwärtInnen liegt mir besonders am Herzen!“

Text Joachim Welding
Foto Sandra Heinitz