Wirtschaftskapitän – Interview mit Wirtschaftssenator Frank Horch

Wirtschaftskapitän – Interview mit Wirtschaftssenator Frank Horch

„Logistik spielt Schlüsselrolle für Hamburg“

Wirtschaftssenator Frank Horch baut auf zentrale Rolle von Hafen und Airport / Vielfalt der Jobs bietet Schulabgängern enorme Karrierechancen

Herr Horch, wie verreisen Sie am liebsten – mit Auto, Bahn, Schiff oder Flugzeug?
Ich bin gern auf dem Wasser unterwegs. Deshalb ist mein Segelboot das bevorzugte Fortbewegungsmittel und Urlaubsdomizil. Seit meinem sechsten Lebensjahr segle ich. An Bord von Schiffen zu sein und das Segeln beinhaltet für mich alle Facetten des Lebens. Wer sich hier bewährt, hält auch an Land den meisten Herausforderungen des Lebens stand.

Sie haben in Hamburg Schiffbau studiert. Weshalb haben Sie sich für dieses Fach entschieden?
Als Kind wollte ich Kapitän werden. Alles, was mit Schiffen und Seefahrt zu tun hat, interessierte und faszinierte mich. Dieser Wunsch ließ sich nicht verwirklichen. Um der Leidenschaft dennoch Raum zu geben, entschied ich mich für ein Schiffbaustudium.

Wie bewerten Sie, auch mit der Erfahrung als ehemaliger Geschäftsführer bei Blohm+Voss, die Zukunftsaussichten für Werften und Reedereien in Hamburg?
Die Finanzkrise und die ihr folgende Schiffsfinanzierungskrise haben die Wettbewerbssituation für die großen international aufgestellten Betriebe nicht gerade vereinfacht. Der internationale Wettbewerbsdruck fordert von den Werften überdies eine zunehmende Spezialisierung, auch hier in Hamburg. Wenn man sich die Situation der großen Hamburger Werften näher anschaut, allen voran Blohm+Voss und ThyssenKrupp Marine Systems, dann wird deutlich, dass sie diese Anforderungen erfüllen und hervorragende Schiffe fertigen. Sie tragen damit zur guten wirtschaftlichen Entwicklung in Hamburg bei. Das Beispiel der Sietas-Werft zeigt uns aber auch, wie schwierig das Bestehen am Markt ist, selbst, wenn ausgezeichnete technische Lösungen, etwa für die Aufstellung von Offshore-Windanlagen, angeboten werden. Eins sollte bei der Gesamtbetrachtung nicht außer Acht gelassen werden: Hamburg ist Standort für viele international tätige Schiffsausrüster, die ihre Produkte weltweit erfolgreich vermarkten und im Hinblick auf den Schiffbau einen beträchtlichen Anteil an der Wertschöpfung in Hamburg haben. Hamburg verdankt der schiffbaulichen Kompetenz viel. Auch in diesen schwierigen Zeiten stehen wir zu dieser Hamburger Kernkompetenz. Im Ergebnis beurteile ich die Situation daher positiv und bin zuversichtlich. Überdies haben wir 2011 mit Gründung des Maritimen Clusters Norddeutschland (MCN) auf die Bedarfe der Branche reagiert und bündeln zusammen mit den Ländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen die im norddeutschen Raum vorhandenen Kräfte, um die Gesamtsituation für alle Akteure zu verbessern und frühzeitig auf Marktveränderungen eingehen zu können.

Welche Rolle wird die Logistik – also die Warenströme entlang der Wertschöpfungskette – mit Blick auf den Hamburger Hafen und den Airport zukünftig spielen?
Die Logistik spielt eine Schlüsselrolle für den Erfolg von Hafen und Flughafen. Ihre Bedeutung wird weiter zunehmen: Wir gehen davon aus, dass die Warenströme zu Wasser und in der Luft in Zukunft weiter zunehmen werden. Als Stadtstaat kann Hamburg aber nicht in der Fläche wachsen. Unser Weg, um den Herausforderungen der Zukunft Herr zu werden, ist also die Steigerung der Effizienz der Abläufe. Ohne eine ausgeklügelte Logistik – sprich neue Systeme und optimierte Verfahren – können weder Hafen noch Flughafen dem internationalen Wettbewerb auf lange Sicht standhalten. Zusammen mit unserer Logistik- Initiative erarbeiten wir Lösungen dafür und stellen sicher, dass Hamburg der dynamischste Logistik-Standort in Deutschland bleibt.

Was raten Sie Schulabgängern, die sich für Verkehrsthemen und Logistik interessieren?
Engagieren Sie sich und zeigen Sie Interesse! Es gibt eine Vielzahl von Veranstaltungen, die jedes Jahr zu diesen Themen von unserer Handelskammer, von der Logistik-Initiative, aber auch von anderen Organisationen, wie Parteien und Verbänden, veranstaltet werden. Auch ein Praktikum in den Ferien oder nach dem Abschluss schadet nicht, um das breite Spektrum an Berufen, welches die Logistikbranche bietet, näher kennenzulernen. Hamburg stellt ein Zehntel der bundesweit auszubildenden Fachkräfte im Speditions- und Logistikbereich, nahezu 3.000 Auszubildende in fast 600 Unternehmen. Wir haben 19 Hochschulen in der Metropolregion, die sich diesen Themen widmen. Da sollte für jeden, der etwas lernen will, das Passende dabei sein.

 Eine private Frage zum Schluss: Würden Sie heute wieder Schiffbau studieren?
Jederzeit. Das Interesse zu Schifffahrt und Schiffbau ist unvermindert. Ich würde den gleichen beruflichen Weg wieder gehen.

Z

Frank Horch ist seit März 2011 Wirtschaftssenator in Hamburg.
Vor seiner Wahl in den Senat war er der Präses der Handelskammer.

TEXT Joachim Welding
ILLUSTRATION Raphaelle Martin