startIng! motiviert Ingenieure von morgen

startIng! motiviert Ingenieure von morgen

Erstsemesterprojekt an der FH Kiel unter realen Industriebedingungen

Kaum haben sich die Erstsemester an Hörsaal und Bibliothek gewöhnt, dürfen sie schon voll durchstarten: startIng! heißt das hochgelobte Projekt, mit dem der Fachbereich Maschinenwesen der FH Kiel die StudienanfängerInnen begeistert. Fast 120 angehende Ingenieure sollen in Teams eine knifflige Aufgabe aus der Industrie lösen.

Mit dem Farbstift markiert Ewa Czerniawski auf der Zeichnung die Maschinenbauteile, auf die es jetzt ankommt. Die 23-jährige Studienanfängerin gehört zu einem elfköpfigen Team, das eine neu entwickelte Pumpe des schleswig-holsteinischen Herstellers Danfoss optimieren soll. „Für technische Dinge habe ich mich schon immer interessiert. Und nach meiner Ausbildung zur technischen Zeichnerin wollte ich unbedingt Schiffbau studieren.“ In dem startIng!-Projekt konnte sie nach einer kurzen Kennenlernphase gleich kreativ durchstarten. „Das klappt ohne große Probleme. Und wenn es im technischen Entwicklungsprozess mal hakt, können wir immer einen Fachcoach um Hilfe bitten.“ Als eine der wenige Frauen – nur zwölf von 115 Projektteilnehmern sind weiblich – mache es ihr allerdings nichts aus, sich in einer Männerdomäne Anerkennung zu verschaffen, meint die selbstbewusste junge Frau.

Doch es gibt Konkurrenz: Insgesamt zehn Teams grübeln über das identische Problem: Es geht darum, die Montage des Produktes erheblich zu vereinfachen. „Dazu haben wir ein spezielles Werkzeug entwickelt“, berichten Christopher Caliebe (24) und Niklaas Schwartz (24) aus einer anderen Gruppe. Das Teil wird kurzerhand in der Ausbildungswerkstatt eines der Teammitglieder hergestellt und an der echten Pumpe getestet. Schließlich soll alles passen: Am Schluss des neuntägigen Kreativwettbewerbs müssen die Teilnehmenden aus den Studiengängen Schiffbau, Maschinenbau, Offshore-Anlagentechnik sowie Internationales Vertriebs- und Einkaufsingenieurwesen ihre Lösungen vor fachkundigem Publikum präsentieren – darunter Professoren, erfahrene Studierende und Experten von Danfoss. Dabei gilt: Einer wird gewinnen! Bildungsministerin Wara Wende zeigte sich begeistert: „Dieses Erstsemesterprojekt ist ein Meilenstein für eine innovative Ingenieurausbildung!“ Das Projekt zeichne sich außerdem dadurch aus, dass die Teilnehmenden von Studierenden höherer Semester, von Fachleuten aus der Praxis und Professorinnen und Professoren der Hochschule betreut werden. Darüber hinaus übernehmen Studierende des Fachbereichs Soziale Arbeit und Gesundheit als Team-Coaches die pädagogisch-didaktische Betreuung.„Die Studierenden, die seit 2006 an startIng! teilgenommen haben, brechen deutlich seltener das Ingenieurstudium ab“, erzählt Professor Jan Henrik Weychardt, der startIng! an der FH Kiel betreut. „Rund 90 Prozent aller mitmachenden Männer erreichen ihren Studienabschluss, und bei den Frauen haben wir nur 1,5 Prozent Abbruchquote!“ Dagegen schmeißt ein Viertel der Männer, die nicht bei startIng! waren, das anspruchsvolle Studium hin. Deshalb sei der positive Effekt des Erstsemesterprojekts so wichtig. „Alle erfahren schon früh Anerkennung für ihr Engagement, außerdem stärkt der Teamgeist die Kontakte untereinander.“ Auch gruppendynamisch lasse sich Erstaunliches entdecken, meint Prof. Weychardt: „Einzelgänger wachsen im Laufe der neun Projekttage immer mehr in die Gruppe hinein, und Alphatiere nehmen sich immer weiter zurück. Die gewonnenen Erfahrungen sensibilisieren sie für die Bedeutung von fachlichen und sozialen Kompetenzen in der Arbeitswelt.“

Natürlich schauen auch die Sponsoren genau auf den Berufsnachwuchs, denn sie wollen von ihrem Knowhow später profitieren. „Die Aufgabe hat für die Studierenden einen hohen Praxisbezug und für unser Unternehmen große Relevanz“, sagte Carsten Fiebing, der bei Danfoss (Neumünster) die Entwicklung der neuen Pumpengeneration geleitet hat. „Wir freuen uns auf die kreativen Ideen der ‚startIngs!‘.“ Viele namhafte Firmen aus dem hohen Norden unterstützten den Wettbewerb bisher: die Werft HDW und der Lokhersteller Vossloh ebenso wie Ferchau Engineering, der Medizintechnikhersteller Stryker und andere. Ein jährlich wechselnder Projektpate aus der Industrie stellt die Aufgabe und betreut das Projekt fachlich. Zu den dauerhaften Sponsoren gehört das Landesministerium für Bildung und Wissenschaft des Landes und Nordmetall (Verband der Metall- und Elektroindustrie).

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„Bei dem Projekt bist du über eine Woche so stark eingebunden, dass du gedanklich auch zuhause immer über neue Lösungen für das technische Problem nachdenkst“, berichtete Nic Eichbaum (26). Dabei geht es in diesem Jahr um ein kniffliges Thema: „Wir sollten die Ventilplattenmontage für die Serienproduktion der neuen Danfoss-Pumpen optimieren. Dabei haben wir im Team alle Vorschläge intensiv diskutiert und durchdacht, bis zwei oder drei von uns die entscheidende Idee für ein neues Werkzeug hatten. Und das haben wir dann als Zeichnung und als reales Modell weiterentwickelt.“ Klare Sache, dass die studentische Erfindung auch funktionierte: Vor versammeltem Sachverstand im Hörsaal bewiesen die Kommilitonen schließlich, dass auch Erstsemester den zündenden Funken überspringen lassen können. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: „Zwei Teams haben eine funktionierende Lösung präsentiert! Das ist höchst erfreulich, da startIng! als Didaktikprojekt dazu dient, den Kontakt zwischen Hochschule und Wirtschaft zu stärken“, fasste Weychardt die erfreuliche Bilanz zusammen. Auch das Bildungsministerium zeigte sich begeistert und fördert startIng! für die nächsten sechs Jahre mit 300.000 Euro.

Ansprechpartner:

Prof. Dr.-Ing. Jan Henrik Weychardt

jan.henrik.weychardt@fh-kiel.de

www.fh-kiel.de/index.php?id=starting

Text & Foto Joachim Welding