Die Landesministerinnen Britta Ernst (Bildung) und Kristin Alheit (Wissenschaft) im Interview mit Eric
ME2BE: Welchen Einfluss hat die anstehende Landtagswahl auf die Bildungspolitik in Schleswig-Holstein?
Bildungsministerin Britta Ernst: „Welche bildungspolitischen Schwerpunkte gesetzt werden, entscheidet sich immer nach einer Regierungsbildung und wird im Koalitionsvertrag der regierenden Parteien festgeschrieben. Das hat über eine Legislaturperiode Bestand und ist praktisch das Arbeitsprogramm für das Bildungsministerium.“
Ist eine bundesweite Bildungspolitik aus Ihrer Sicht sinnvoll in Bezug auf die Chancengleichheit der Abiturientinnen und Abiturienten?
ERNST: „Die Kultusminister aller Länder (KMK) haben nach der ersten PISA-Studie von 2000 verabredet, dass die Anforderungen und die Qualitätsstandards für alle Abschlüsse deutschlandweit vergleichbar sein müssen, deshalb gibt es beispielsweise für das Abitur einheitliche Bildungsstandards. Zusätzlich nutzen alle 16 Länder für die Abiturprüfung 2017 erstmals einen gemeinsamen Aufgabenpool für Aufgaben in den Fächern Deutsch, Mathematik sowie den Fremdsprachen Englisch und Französisch. Damit haben auch unsere Abiturientinnen und Abiturienten überall gute Chancen. Ansonsten ist es gut, dass Bildungspolitik Ländersache ist.
Statistiken belegen, dass Uni-Absolventen ein höheres Einkommen zu erwarten haben als Fachhochschulabsolventen, obwohl diese in der Regel mehr Praxis-Erfahrung mitbringen sollen.
Ist eine Unterscheidung zwischen Uni und FH überhaupt notwendig?
Wissenschaftsministerin Kristin Alheit: Die Universitäten haben seit jeher die Aufgabe von akademischer Lehre und Forschung und sie bilden den akademischen Nachwuchs aus. Außerdem gibt es an den Universitäten in der Regel ein breites Fächerspektrum, das es ermöglicht, sich auch Disziplinen-übergreifendes Wissen anzueignen. In den Studiengängen der Universitäten steht heute die Ausbildung für Berufe außerhalb der Wissenschaft im Vordergrund. Die Lehre ist dabei insbesondere in den Masterstudiengängen eng mit der Forschung verbunden, gleichzeitig ist die Vermittlung beruflicher Qualifikationen Aufgabe der Universitäten. Außerdem gibt es viele Fächer bzw. Studienbereiche, die nur an den Universitäten angeboten werden z.B. Medizin, Lehramtsstudiengänge, geisteswissenschaftliche Fächer. Fachhochschulen gibt es demgegenüber erst seit ungefähr 50 Jahren. Sie haben einen starken Focus auf die Lehre. Die Studiengänge sind dabei nach wie vor stärker praxisorientiert als an den Universitäten. Jetzt, wo die FHs immer mehr anwendungsorientierte Forschung machen, verändert sich das Verhältnis schon. Man muss sehen, wie die Entwicklung weiter geht.
Es heißt, dass Fachhochschulen weniger theoretisch und mehr praxisbezogen als Unis unterrichten. Wie wird das im Studienalltag umgesetzt?
ALHEIT: Im Allgemeinen findet die Ausbildung an den Fachhochschulen in kleineren Gruppen und mit einer intensiveren Betreuung durch die Lehrenden statt. An der Universität werden in Vorlesungen zum Teil große Gruppengrößen erreicht und die Studierenden sind stärker auf sich selbst gestellt. Das hängt aber auch stark vom gewählten Studienfach ab. Hinzu kommt, dass es in den Fachhochschulstudiengängen in aller Regel Praxissemester gibt, durch die ein hohes Maß an Praxisnähe und Anwendungsorientierung vermittelt wird.
„Die Ausbildung an den Fachhochschulen findet in kleineren Gruppen und mit einer intensiveren Betreuung durch die Lehrenden statt.“
Uni- und FH-Abschlüsse sind formal gleichwertig. Wird das auch von Arbeitgebern so gesehen oder gibt es bevorzugte Abschlüsse?
ALHEIT: Formal sind die Bachelor- und Masterabschlüsse an Universitäten und Fachhochschulen gleichgestellt. Der Zugang zur Promotion ist aber bisher faktisch leichter mit einem Uni-Abschluss. Das soll sich bei uns in Zukunft ändern, wir wollen deshalb haben wir die Voraussetzungen für die Hochschulen geschaffen, ein sog. Promotions-Kolleg zu gründen, das den FH-Studierenden den Weg zur Promotion wesentlich erleichtert Zu der Bewertung durch die Arbeitgeber kann vom Ministerium aus keine Aussage getroffen werden.
Wie gut sind die Jobaussichten mit einem FH-Abschluss?
ALHEIT: Leider gibt es keine flächendeckenden Erhebungen über den Werdegang von Hochschulabsolventen nach deren Hochschulabschluss. Von einer Untersuchung der FH Kiel aus dem Jahr 2014 wissen wir allerdings, dass sich Zweidrittel der FH-Absolventen schon drei Monate nach Abschluss in einem regulären Beschäftigungsverhältnis befinden, ein Jahr nach Abschluss sind dies bereits 90 Prozent. Viele von ihnen konnten eine Arbeit in Schleswig-Holstein aufnehmen. Diese Prognose wird durch die Erfahrungen der anderen FHs bestätigt.