Wasser spielt für Prof. Alexander Schlaich eine große Rolle in seiner Forschung: Allerdings beschäftigt sich der Physiker, der direkt an der Schnittstelle zwischen Natur- und Ingenieurwissenschaften arbeitet, insbesondere auf molekularer Ebene mit dem flüssigen Medium. „Ein Schwerpunkt meiner Forschung sind wasserbasierte Materialien, welche die Grundlage für grüne Technologien bilden können. Dies betrifft beispielsweise die Energieerzeugung und -speicherung. Wir erarbeiten aber auch Modelle für Materialien, welche in der (Bio-)Sensorik oder als Bewegung erzeugende Aktuatoren wie künstliche Muskeln eingesetzt werden können. Das geschieht mithilfe äußerer Trigger wie elektrische Energie, Änderungen in der Umgebungsfeuchtigkeit, Temperatur oder auch der Salzkonzentration“, erläutert Prof. Schlaich seine Arbeit. Durch das molekulare Verständnis von Zusammenhängen in komplexen Materialien können Ressourcen effizienter eingesetzt und umweltfreundliche Konzepte umgesetzt werden.
Wasser in neuen Dimensionen
Für seine Forschung bietet ihm die Technische Universität Hamburg ein hervorragendes wissenschaftliches Umfeld, insbesondere durch etablierte und angestrebte Forschungsverbünde. Herauszuheben ist hier die Initiative BlueMat, welche aus den speziellen Eigenschaften von Wasser und wässrigen Lösungen von der Natur inspirierte, nachhaltige und interaktive Materialsysteme entwickeln möchte. Daraus ergibt sich das besondere Interesse der Universität an der Zusammenarbeit mit Alexander Schlaich. Es handelt sich um eine Direktberufung, da Prof. Schlaich besonders qualifiziert ist: Sein fachliches Wissen passt exakt zu den Erfordernissen der BlueMat-Initative und wird dazu beitragen, sie qualitativ und profilbildend voranzutreiben.
Die Forschungsinitiative BlueMat der TU Hamburg unterstützt die Beantragung eines Exzellenzclusters, das kürzlich in der ersten Runde des Evaluierungsverfahrens der Exzellenzstrategie des Bundes zur Stärkung der in international wettbewerbsfähigen Bereichen erfolgreich war.
BlueMat – Teil der Exzellenzstrategie des Bundes
Vizepräsidentin für Forschung, Prof. Irina Smirnova, freut sich sehr, dass Prof. Schlaich der Berufung an die TU Hamburg gefolgt ist und die W3-Professur für „Atomistic Modeling of Materials in Aqueous Media“ übernimmt. „Alexander Schlaich wird die Leitung des neu gegründeten gleichnamigen Instituts übernehmen und seine profunde Expertise in der Multiskalen-Materialmodellierung in diese neue Rolle einbringen. Er wird die TU Hamburg insbesondere in Grundlagen der Modellierung von wässrigen Lösungen bei der BlueMat-Initiative zielführend unterstützen“, erklärt die Verfahrenstechnikerin. „Weiterhin passt seine Forschung hervorragend zu unserer strategischen Initiative ,Engineering to face Climate Change‘.
Prof. Patrick Huber, Sprecher der BlueMat-Initiative, begrüßt die Berufung ebenfalls und erläutert den Forschungsansatz: „Wasser spielt mit seiner Allgegenwart und einzigartigen strukturellen Dynamik eine zentrale Rolle als ,Arbeitsflüssigkeit‘ bei den Eigenschaften und der Funktionalität der natürlichen Materialien. Inspiriert von diesen Wundern der Natur wird BlueMat eine neuartige Klasse nachhaltiger, interaktiver, ,blauer‘ Materialien entwickeln, die ihre Funktionalität aus multiskaligen Strukturen fester Materie in Wechselwirkung mit Wasser beziehen. Dabei werden wir zunächst Effekte wie wassergestützte Aktorik, Kapillartransport, feuchtigkeitsabhängige Farben oder photokatalytische Wasserspaltung, wie sie in Tieren und Pflanzen zu beobachten sind, nachahmen. Ausgehend davon werden wir die Materialfunktionalitäten der Natur übertreffen, etwa durch Steuerung akustischer und elektromagnetischer Wellen, regulierbare Wärmeemission oder Erzeugung und Speicherung elektrischer Energie“.
Mit Physik die Welt erklären
Alexander Schlaich, der seit 2021 als Nachwuchsgruppenleiter am Center for Simulation Science (SC SimTech) im Rahmen des Exzellenzclusters „Data-Integrated Simulation Science“ an der Universität Stuttgart tätig war, hat sich dort schon mit der Erforschung poröser Medien beschäftigt: „Hier möchte man die große Oberfläche kleiner Hohlräume nutzen, um beispielsweise Wasserkontaminationen zu beseitigen, Meerwasser zu entsalzen oder Energie zu speichern.“
Der Physiker hatte schon als Kind Spaß daran, herauszufinden, wie Dinge funktionieren und insbesondere auch über grundlegende Fragen nachzudenken, beispielsweise, warum Dinge nach unten fallen, während die Sterne am Himmel bleiben oder warum die Sonne scheint. „Inspiriert haben mich in meiner Teenagerzeit insbesondere die populärwissenschaftlichen Bücher von Stephen Hawking (,Eine kurze Geschichte der Zeit‘). Die Idee, Wissenschaftler zu werden, kam ihm während seiner Diplomarbeit: Selbständig neue Methoden und Konzepte zu entwickeln, haben bei ihm den Reiz wissenschaftlichen Arbeitens geweckt. „Insbesondere habe ich seither die Erfahrung gemacht, wie wichtig der wissenschaftliche Austausch ist und genieße einen steten Fluss an neuen Ideen und Ansätzen, vor allem auch im Gespräch mit Studierenden.“
Nach dem Physikstudium promovierte Schlaich an der Freien Universität Berlin, vertiefte seine Forschung an porösen Medien an der Université Grenoble Alpes, bevor er an die Universität Stuttgart und jetzt zur TU Hamburg wechselte. Aufgrund seiner Tätigkeit ist nicht verwunderlich, dass der Vater von zwei Söhnen in Hamburg den Hafen und vor allem das Leben am Wasser erkunden möchte.
TEXT Technische Universität Hamburg
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