Staubfreie Spitzenforschung im Kieler Nanolabor

Staubfreie Spitzenforschung im Kieler Nanolabor

Hightech 2000-mal dünner als ein menschliches Haar

Mit dem in Norddeutschland einzigartigen Kieler Nanolabor hat die Technische Fakultät 2008 die Tür für Zukunftstechnologien weit aufgestoßen. Denn das 600 Quadratmeter große Laboratorium dient als zentrale experimentelle Technologieplattform für Spitzenforschung im Bereich Nanosystemtechnik an der Kieler Christian-Albrechts-Universität (CAU). Hier werden Sensoren, Steuerungselemente und elektronische Komponenten im extrem kleinen Nano-Format entwickelt, hergestellt und erforscht.

Es geht um Dimensionen, die 2000mal dünner sind als ein menschliches Haar: Ein Nanometer (nm) entspricht ein Milliardstel Meter. Was mit dem Auge nicht sichtbar ist, kann zukünftig große Fortschritte in der Medizintechnik, Mikroelektronik und Oberflächentechnologie ebenso ermöglichen wie in der Metallverarbeitung, Chemie und Kunststoffverarbeitung. Nanomaterialien erlauben erhebliche Einsparungen bei Gewicht und Volumen, bei Rohstoff- und Energieverbrauch und eröffnen erhebliches Potenzial etwa bei der Leitfähigkeit von Materialien oder bei der Übertragungsgeschwindigkeit von Daten.

Nanolabor Christian-Albrechts-Universitaet

Im Nanolabor der CAU Kiel

In den Nanowissenschaften und der Oberflächenforschung hat die Kieler Universität bereits einiges vorzuweisen: Unter anderem zwei Sonderforschungsbereiche und die Koordination der Norddeutschen Initiative Nanomaterialien mit der Wirtschaft sind hier angesiedelt. „Das Nanolabor war der nächste logische Schritt für unseren Forschungsschwerpunkt“, erläutert Professor Dr.-Ing. Eckhard Quandt, der als Mitinitiator geholfen hat, dass das Großprojekt Nanolabor in die Tat umgesetzt werden konnte. „Wir haben damit eine fakultäts- und universitätsübergreifende Technologieplattform für die Forschung geschaffen, in der wir auch die Studierenden in einer Zukunftstechnologie ausbilden. Zusätzlich stellen wir die Infrastruktur bereit für Transferprojekte aus der wissenschaftlichen Grundlagenforschung in die industrielle Anwendung.“

Nanolabor Christian-Albrechts-UniversitätWelche Bedeutung das Kieler Nanolabor in der deutschen Forschungslandschaft einnimmt, zeigt bereits die Tatsache, dass der Physik-Nobelpreisträger Peter Grünberg vom Forschungszentrum Jülich die Festrede bei der Einweihung hielt. Hochmoderne Geräte im Wert von rund zehn Millionen Euro bilden das Herz des Nanolabors. Zur Ausstattung gehört ein aufwändiger Reinraumbereich, der für Forschungsarbeiten besonders im Bereich der Medizintechnik, der Elektronik und der Sensorik elementar ist. Denn darin können kleinste Bauteile und empfindliche Materialien während der Arbeiten wirksam vor Staub geschützt werden. Auch die Wissenschaftler und Techniker müssen hier Schutzkleidung tragen.

„Im Nanolabor bilden wir zudem junge Menschen an hochkomplexen Forschungsgeräten aus.“

Genutzt wird das Nanolabor für Spitzenforschung etwa im Sonderforschungsbereich 1261 „Magnetoelectric Sensors: From Composite Materials to Biomagnetic Diagnostics“, den die Uni Kiel im Mai 2016 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bewilligt bekommen hat. Die Förderung läuft für zunächst vier Jahre. Dabei geht es um Magnetfeldsensoren für den Einsatz bei biomagnetischen Diagnosen in der Medizin. Die neuen Sensoren, die die Forscher entwickeln, sollen zum Beispiel eingesetzt werden, um krankhafte Hirnaktivitäten zu entdecken oder Hirnareale zur Behandlung epileptischer Anfälle oder Parkinson-Symptome zu stimulieren – das wäre ein internationaler Meilenstein im medizinischen Fortschritt. Entstehen werden die neuen Verbundstoffe für die Sensoren im Nanolabor, denn nur in der völlig staubfreien Umgebung eines Reinraums lassen sich diese Sensorsysteme erfolgreich herstellen.

Doch hier geht es nicht nur um die „reine“ Forschung: „Im Nanolabor bilden wir zudem junge Menschen an hochkomplexen Forschungsgeräten aus“, ergänzt Quandt. Und auch Unternehmen können in Kooperationsprojekten auf die erstklassige Technologie auf dem Gelände der Technischen Fakultät in der Kaiserstraße zugreifen. So wird das Nanolabor zu einer Hightech-Plattform für den Technologietransfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft – und das garantiert ohne ein einziges störendes Staubkorn.

TEXT Joachim Welding
FOTOS Universität Kiel / Jürgen Haacks