Im Gespräch mit angehenden und frisch ausgebildeten Notfallsanitäter/innen der RKiSH
Im Herbst 2014 starteten mehr als hundert schleswig-holsteinische Azubis ihre Ausbildung zum/zur „Notfallsanitäter/in“. Die neue dreijährige Ausbildung löste die zweijährige Lehrzeit zum/zur „Rettungsassistent/in“ ab. Im Sommer 2017 beendeten nun die ersten Absolventen ihre Berufsausbildung. Deutschlandweit sind damit rund 13.300 Notfallsanitäter, Rettungsassistenten und -sanitäter im Einsatz. Bei der Rettungsdienst-Kooperation in Schleswig-Holstein (RKiSH) sprach ME2BE mit angehenden und frisch examinierten „Lebensrettern“ über Ausbildung, Schichtdienst, Teamgeist und die alljährliche Vorfreude auf das Wacken Open Air Festival.
ME2BE: Moin Lena, Moin Dennis, ihr habt eure Ausbildung bereits im Sommer abgeschlossen und gehört nun zu den ersten staatlich geprüften Notfallsanitätern in Deutschland. Wie fühlt sich das an?
Lena: Das fühlt sich gut an. Ich bin froh, dass ich mich für diese Ausbildung entschieden habe, denn ich habe meinen absoluten Traumjob gefunden!
Dennis: Ja, ich bin auch total zufrieden und fühle mich sehr wohl in unserem Team.
Caglar, du absolvierst zurzeit die Ausbildung zum Notfallsanitäter und bist im dritten Ausbildungsjahr. Wie bist du auf diesen Beruf gekommen?
Caglar: Ich bin über einen Umweg zur RKiSH gestoßen. Nach dem Ersten allgemeinbildenden Schulabschluss und dem Bundes wehrdienst habe ich eine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik bei den Stadtwerken Neumünster absolviert und gleichzeitig den Mittleren Schulabschluss nachgeholt. Das war zwar eine interessante Zeit, der Beruf selbst hat mir aber nicht so gut gefallen. Spaß an der Arbeit hatte ich nur bei meinen ehrenamtlichen Tätigkeiten bei der Freiwilligen Feuerwehr und dem Roten Kreuz. Deshalb habe ich mich entschieden, mein Hobby zum Beruf zu machen und eine Ausbildung zum Notfallsanitäter zu absolvieren. Mittlerweile weiß ich zu einhundert Prozent, dass es die richtige Entscheidung war!
Wie würdet ihr die Ausbildung beschreiben? Fühlt ihr euch gut auf die verantwortungsvollen Aufgaben vorbereitet?
Dennis: Ja, absolut. Vom ersten Tag an wur den wir auf jene Situationen vorbereitet, denen wir uns täglich stellen müssen, zum Beispiel die Ankunft bei Notfallpatienten und der damit verbundenen wichtigen Aufgabe der Problemerkennung. Nicht Frontalunterricht, sondern Simulationstraining steht im Vordergrund. Auf einer Skala von 1 bis 10 würde ich der Ausbildung bei der RKiSH die Bestnote 10 geben!
Lena: Ich fühle mich auch gut vorbereitet, merke aber auch, dass ich als ausgebildete Notfallsanitäterin nun eine größere Verantwortung zu tragen habe. Als Azubi bin ich bis zum zweiten Ausbildungsjahr zusätzlich als dritte Person auf dem Rettungswagen mitgefahren. Nun gehöre ich zu den obligatorischen Zweierteams und übernehme beim Einsatz im Wechsel auch die Teamleitung. Aber wie gesagt: Dafür wurden wir gut ausgebildet!
Gutes Stichwort: Wie wichtig ist „Teamwork“ im Rettungsdienst?
Caglar: Ohne Teamwork geht bei uns gar nichts! Deshalb wird bei der RKiSH auf ein gutes Miteinander großer Wert gelegt. Das habe ich von Anfang an gemerkt, denn ich wurde beispielsweise von allen Kollegen, auch auf meiner Wache in Bordesholm, sofort gut aufgenommen. Das Team und Zugehörigkeitsgefühl ist bei uns sehr ausgeprägt.
Dennis: Teamarbeit ist wirklich ein elemen tarer Bestandteil des Berufs. Bei jedem Not falleinsatz fahren mindestens ein Notfallsa nitäter und ein Rettungssanitäter oder ein Auzubildender zum Einsatzort. Dann muss jeder wissen, was zu tun ist und seine Rolle im Team ausüben. Gute Teamarbeit rettet Menschenleben!
Ihr arbeitet im Schichtdienst. Wie läuft das ab? Ist das sehr anstrengend oder gewöhnt man sich daran?
Lena: Man gewöhnt sich dran. Wir haben in Vollzeit eine 48-Stunden-Woche und arbeiten abwechselnd in Tag und Nachtschich ten. Die Schichtlängen variieren zwischen neun und zwölf Stunden. Für Überstunden erhalten wir Freizeitausgleich über ein Arbeitszeitkonto.
Dennis: Tag und Nachtschichten unter scheiden sich voneinander. Am Tag fahren wir viele Krankentransporte auch mit dem KTW (Krankentransportwagen), nachts sind es überwiegend Rettungseinsätze mit dem RTW (Rettungstransportwagen). Tagsüber herrscht stärkerer Verkehr, nachts schlechtere Sicht. Der Schichtdienst gehört zu unserem Berufsbild einfach dazu. Unsere Einsätze lassen sich nun mal nicht langfristig planen.
… mit einer Ausnahme: Jedes Jahr Anfang August erhält die RKiSH den Auftrag, eine Rettungswache auf dem Wacken Open Air Festival zu organisieren. Wart ihr auch schon dabei? Und was habt ihr für Erfahrungen mit den Metalheads gesammelt?
Dennis: Ich war seit 2014 jedes Jahr dabei und freue mich schon wieder aufs nächste Jahr. Zum Festival bauen wir schon montags unsere improvisierte Wackener Rettungswache auf: dazu gehören Wohnwagen, Zelte, bis zu zwölf Rettungswagen, EDVAnbindung, Kühlschränke usw. Unsere Festivalwache ist die ganze Woche rund um die Uhr mit rund zwanzig Notfallsanitäterinnen und -sanitätern im Schichtdienst besetzt. Eines ist klar: Für den Dienst in Wacken gibt es nie Personalnot!
Lena: Ich war jetzt zum zehnten Mal hintereinander in Wacken und finde es immer wieder toll. Die Wacken-Fans sind supernett. Nie gab es Stress. Herrlich finde ich die Leute, die in den Schlammpfützen baden. Der Nachteil für uns ist, dass wir unsere RTWs nach Wacken vor lauter Matsch kaum noch erkennen können und kräftig waschen müssen!
Caglar: Ich war 2016 und 2017 dabei und war begeistert, obwohl Metal nie meine Musikrichtung war. Die Wackener sind sehr hilfsbereit und freundlich. Im letzten Jahr zum Beispiel hatten wir uns im Matsch festgefahren; bevor wir aussteigen konnten, um uns das anzusehen, hatten sich schon zwanzig Fans zusammengefunden, um uns anzuschieben. Das W:O:A ist echt speziell. Ich war auch schon privat auf anderen Musikfestivals, aber nirgendwo sind die Fans so entspannt wie in Wacken! Das ist schon ein Wahnsinnserlebnis! Mittlerweile hat sich sogar mein Musikgeschmack etwas verändert. Ich höre jetzt auch Volbeat, Disturbed oder Rise against.
TEXT Christian Dorbandt
FOTOS Eric Genzken, RKiSH