Am 18. November war es soweit: Von 14 bis 17.15 Uhr fand unter dem Motto „Berufliche Orientierung neu denken und machen“ das erste SchuleWirtschaft-Festival als Online-Event zum Mitmachen statt.
Das Netzwerk SchuleWirtschaft arbeitet mit Schulen und Unternehmen vor Ort zusammen, um Ausbildungsbetriebe dabei zu unterstützen geeignete Azubis zu finden und Schüler und Schülerinnen den Weg in die Arbeitswelt zu erleichtern. „Wir sorgen uns darum, dass viele keine duale Ausbildung mehr machen, sondern nur noch studieren wollen“, so Christina Ramb von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände bei der Begrüßungsrunde per Videoschalte.
Dr. Kerstin Vorberg vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln Junior findet daher die Arbeit des Netzwerk umso wichtiger: „Es verbindet Schulen und Wirtschaft. Schüler können beispielsweise direkt in die Betriebe reinsehen und die Arbeit kennenlernen. Sie lernen auch Menschen aus den Berufen kennen. Das gibt ihnen eine Orientierung. Andererseits hilft es Unternehmen dabei, sich zu präsentieren und neue Fachkräfte zu gewinnen.“
Berufsorientierung – worauf kommt’s an?
Um die Arbeit im Bereich Berufsorientierung zu verbessern, sollten beim SchuleWirtschaft-Festival, aber insbesondere die Betroffenen selbst einmal zu Wort kommen. Auf einem virtuellen Festival-Gelände im knalligem Pink durften sich die Besucher und Besucherinnen nach der Begrüßung ganz frei Bewegen und an unterschiedlichen Workshops teilnehmen. Schüler und Schülerinnen, Azubis sowie Studenten und Studentinnen beantworteten Fragen der Gäste zu ihren Erfahrungen rund um das Thema Berufsorientierung.
Auf besonders großes Interesse stieß das Thema Eltern bei den Azubis und welchen Einfluss diese auf die Berufswahl hätten. Torben, der eine Ausbildung zum Konstruktionsmechaniker macht, erinnert sich: „Meine Familie war immer an handwerklichen Tätigkeiten interessiert. Daher wusste ich, dass sich nach dem Abi auch etwas in diese Richtung machen will. Es hat mir auch sehr geholfen, dass ich durch meine Familie schon viele Maschinen kannte, die man im Beruf nutzt. Außerdem haben mir meine Eltern auch bei den Bewerbungen geholfen.“
Auch Anke, die eine Ausbildung zur Krankenpflegerin macht, konnte immer auf ihre Eltern zählen: „Ich habe zuerst Jura studiert und dann gemerkt, dass das nicht das richtige ist. Meine Eltern haben dann mit mir gemeinsam etwas gesucht, was passt und so kam ich zur Krankenpflege.“
Ganz andere Erfahrungen hat hingegen Hannah durchgemacht; „Ich wusste nach der Schule gar nicht, was ich machen sollte. Ich kam zu meiner Ausbildung im Marketing durch eine Berufsberatung. Obwohl mein Vater auch in diesem Bereich tätig ist, hat das aber eigentlich keine Rolle gespielt.“
Eltern sind auch Vorbilder
Auch bei den Studenten und Studentinnen können die Berufe der Eltern eine Rolle spielen: „Mein Vater ist Wirtschaftsingenieur, und ich studiere dieses Fach nun auch. Es kann also gut sein, dass das einen Einfluss auf meine Studienwahl hatte, aber meine Eltern haben mir immer alle Freiheiten bei der Entscheidung gelassen“, sagt Jonas Sievers.
Die Finanzierung war auch ein großes Thema bei uns.
Diese Unterstützung hat auch Julia Hofnagl erlebt, die Wirtschaftspädagogik studiert: „Meine Eltern haben nicht studiert, mich aber immer beraten. Die Finanzierung war auch ein großes Thema bei uns. Ein duales Studium wollte ich nicht, sondern Vollzeit studieren. Meine Eltern mussten mich aber nie finanzieren, da ich selbst nebenbei Geld verdiene.“
Aber egal, ob die Berufs- und Studienwahl von den Eltern beeinflusst wurde: am Ende sind sich alle einig darüber, dass die Eltern oftmals Vorbilder für ihre Kinder sind. Daher sei es besonders wichtig, sie bei Projekten zur Berufsorientierung mit ins Boot zu holen. So können sie ihren Kindern mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Natürlich spielen auch viele weitere Aspekte bei der Berufsorientierung eine Rolle. Ein bewährtes Mittel sind Praktika, die insbesondere Schüler und Schülerinnen einen ersten Einblick in die Arbeitswelt vermitteln sollen.
Nicht zu unterschätzen: Praktika
Chiara und Jeannine haben ihre ersten Schulpraktika bereits hinter sich. „Ich hab ein Schulpraktikum bei einer Behörde für soziale Hilfen gemacht“, erzählt Jeannine in der Videokonferenz. „Ich hatte viel Kontakt mit Menschen, und es war interessant zu erfahren, welche Hilfen es für alle gibt, die darauf angewiesen sind. Mir ist auch bewusst geworden, wie unterschiedlich Lebensgeschichten sein können. Gut war auch, dass unserer Lehrer einmal im Betrieb war und sich erkundigt hat, ob es gut läuft.“
Ich glaube, Praktika helfen viel bei der Berufsorientierung.
Richtig gut ist es beispielsweise für Laila gelaufen, die in einer Tanzschule ein Praktikum gemacht hat. „Am Ende durfte ich sogar einen eigenen Kurs leiten. Außerdem darf ich jeden Montag schon selbst Unterricht geben.“ Das Praktikum hat sie noch mehr darin bestätigt, dass sie nach der Schule in diesem Beruf arbeiten möchte. „Viele Schüler wollen gerne in den Beruf einsteigen, in dem sie das Praktikum gemacht haben. Ich glaube, Praktika helfen viel bei der Berufsorientierung.“
Einen kleinen Verbesserungsvorschlag gibt es aber auch: „Ich würde mir wünschen, dass es in der Schule Listen gäbe, auf denen man sich über alle Berufsfelder und Betriebe in der Umgebung informieren kann. So kann man sich viel besser orientieren“, so Jeannine (Anm. d. Red.: Alle, die sich auch so eine Liste wünschen, können einen Blick auf unsere DIGI.BO-Seite werfen).
Viele frische Ideen bei SchuleWirtschaft
Im Anschluss an die Fragerunden wurden dann noch die neusten Innovationen seitens des Netzwerks vorgestellt: Mit „Young Teachers Network“ soll beispielsweise ein Format entstehen, bei dem gezielt junge Lehrkräfte angesprochen werden, die durch das Netzwerk bei Themen rund zur Berufsorientierung informiert werden.
Eine weitere Überlegung ist, ob man nicht die Berufsorientierung gezielt in die Schulen bringt durch das Wahlpflichtfach „ThinkTECH“. Am Roman-Herzog-Gymnasium in Thüringen hat das schon geklappt: In zwei Jahren lernen die Schüler und Schülerinnen durch das neue Fach verschiedene Firmen sowie deren Arbeitsabläufe kennen. Betriebe können dann ihrerseits gezielt Ausschau nach neuen Nachwuchskräften halten – also eine Win-Win-Situation für beide Seiten.
TEXT Juliane Urban
GRAFIK SchuleWirtschaft
FOTO Unsplash