Heiko Hamdorf ist Koordinator Nachwuchs bei der Commerzbank AG in Hamburg
Herr Hamdorf, die Commerzbank hat als erstes Unternehmen mit der Beruflichen Hochschule Hamburg (BHH) kooperiert und den ersten Studenten gestellt. Was hat Sie an dem neuen Modell überzeugt?
Die Kombination von Ausbildung und Studium ist für das aktuelle und künftige Bankgeschäft ideal. Mit der Digitalisierung verlagern sich viele Aufgaben weg vom Service und von der Administration hin zur hochqualifizierten Beratung. Bei unseren Nachwuchskräften lag das Verhältnis zwischen Studium und Ausbildung früher etwa bei eins zu vier, inzwischen hat es sich in meinem Tätigkeitsbereich, der Unternehmerkundenbetreuung, umgekehrt. Die Berufsausbildung ist noch immer ein hervorragender Weg, um das Bankgeschäft zu erlernen und zu verstehen. Das Studium qualifiziert für anspruchsvolle Aufgaben etwa in den Bereichen Unternehmerkunden und Firmenkunden, Investmentbanking oder dem Wealth Management. Die BHH verknüpft beides zur studienintegrierenden Ausbildung. Das bringt Vorteile. Ein Beispiel: Als Absolventin oder Absolvent können Sie einen Geschäftsführer zur Investitionsfinanzierung für seinen Betrieb beraten, ihm aber auch eine Frage zum Sparbuch seiner Tochter beantworten. Mit einem rein akademischen Hintergrund fehlt oft das Verständnis für grundsätzliche Dinge. Das ist bei der studienintegrierenden Ausbildung anders, damit steht man nicht nur auf einem Bein. Auch die Verantwortlichen aus dem Personalbereich waren von dem neuen Konzept sofort begeistert.
Welche Erfahrungen gibt es mit den ersten Jahrgängen?
Wir beobachten, dass die BHH-Absolventinnen und -Absolventen einen vollständigeren Blick haben, weil die akademische und die berufliche Ausbildung verknüpft werden. Sie lassen sich vielfältig und sofort nach dem Berufsabschluss einsetzen – bei einer privaten Baufinanzierung oder Kontoeröffnung in der Filiale ebenso wie im Wertpapiergeschäft oder einer Start-Up-Finanzierung. Aktuell gibt es an der BHH rund 40 Studierende von der Commerzbank. Sie haben verstanden, dass es sich lohnt, ein Jahr mehr zu investieren, um nach vier Jahren zwei Abschlüsse zu haben.
Wie überzeugen Sie potenzielle Studierende – die Fachkräfte von morgen – von dem Modell?
Viele überzeugt beispielsweise die Möglichkeit, sich in vier Jahren zweifach zu qualifizieren durch Ausbildung und Studium. Durch das Erlernen von klassischen Ausbildungs- als auch von akademischen Inhalten ergibt sich ein vollständigeres Bild. Dass wir alle Plätze für den Nachwuchs sehr viel schneller als in anderen Städten besetzen konnten, spricht für sich. Auch gibt es Beispiele, bei denen Interessierte auf einer Messe auf die BHH aufmerksam geworden sind und sich dann über die Liste der Kooperationspartner bei uns beworben haben. Was das Modell zusätzlich attraktiv macht: Im vierten Jahr erhalte ich als Studierender bereits das halbe Tarifgehalt. Die Lernbelastung ist nicht höher als bei einem Dualen Studium, weil die Lehrpläne der Berufsschule und der Hochschule so gut aufeinander abgestimmt sind. Beim Curriculum werden wir als Unternehmen eingebunden, so dass aktuelle Anforderungen der Arbeitswelt mit aufgenommen werden können. Diese enge Kooperation ist aus Sicht der Unternehmen ein dickes Plus und auch für die Studierenden von Vorteil, weil sie praxisnah ausgebildet werden.
Die Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Dr. Insa Sjurts ist Präsidentin der Beruflichen Hochschule Hamburg (BHH). Das Interview findet ihr hier.
TEXT Peter Ringel
FOTO privat