Universität zu Lübeck plant neue Gesundheitsstudiengänge zum Wintersemester 2017/18
LogopädInnen und ErgotherapeutInnenen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung können ab Herbst 2017 ein Studium draufsatteln: Zwei neue Angebote der Universität zu Lübeck wollen die Gesundheitsberufe akademisch aufwerten. Wer später eine Leitungsfunktion übernehmen will oder eine akademische Karriere anpeilt, sollte sich die Studiengänge genauer ansehen.
Interessant sind die beiden Gesundheitsstudiengänge auch für OberstufenschülerInnen mit Abitur, die zunächst eine Berufsausbildung absolvieren und später ein Bachelorstudium anhängen wollen. Es sei hochschulpolitisch erwünscht, die anspruchsvollen Gesundheitsfachberufe zu akademisieren, erläutert Studiengangskoordinatorin Dr. Janine Simons. „Unsere beiden additiven Bachelorstudiengänge Ergotherapie und Logopädie sind auf vier universitäre Semester angelegt und zielen darauf ab, bereits berufspraktisch ausgebildete LogopädInnen und ErgotherapeutInnen wissenschaftlich zu qualifizieren. Zudem beinhalten sie vielfältige Spezialisierungsoptionen, die die Studierenden entsprechend ihrer Interessen auswählen können.“
Wie sehen die Berufsbilder eigentlich aus? „ErgotherapeutInnen behandeln Patienten oder Klienten aller Altersklassen, die etwa durch einen Unfall, eine orthopädische, neurologische oder psychiatrische Erkrankung sowie sensomotorischen Defiziten wie beispielsweise eine Entwicklungsverzögerung bei Kindern in ihrem Lebensalltag eingeschränkt sind“, erklärt Simons. „Die TherapeutInnen erarbeiten gemeinsam mit den Patienten Strategien für die Bewältigung ihres Alltags – beispielsweise Anzieh-, Mobilitäts-, oder Autoregulationstraining. Sie führen aber auch Hirnleistungstrainings mit ihnen durch, helfen Handlungsplanungen (wieder) zu erarbeiten oder die psychosoziale Entwicklung zu fördern. Darüber hinaus übernehmen ErgotherapeutInnen auch die Hilfsmittelversorgung und üben mit den Patienten den Umgang etwa mit Prothesen – alles mit dem Ziel die größtmögliche Selbstständigkeit und somit Teilhabe des Patienten am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.“
„LogopädInnen sind auf die Behandlung von Patienten spezialisiert, deren Sprach-, Sprech-, Stimm- oder Schluckfähigkeit beeinträchtigt ist. Auch hier sind die Störungen auf neurologische, onkologische, psychische oder organische Erkrankungen zurückzuführen“, erläutert die Studiengangskoordinatorin. Es werden zum Beispiel Kinder mit Sprachentwicklungsverzögerung in ihrer Kommunikationsfähigkeit gefördert. Patienten nach einem Schlaganfall müssen unter Umständen Sprachverständnis, -verarbeitung sowie Sprachproduktion wieder erlernen oder sie benötigen eine Schlucktherapie. Auch die Atemtherapie, computerunterstützte oder alternative Kommunikationstherapie sowie die Beratung für Patienten und ihre Angehörigen gehören zum Repertoire der Logopäden, erläutert Simons. „Ebenso wie die ErgotherapeutInnen erstellen LogopädInnen individuelle Behandlungspläne für ihre Patienten. Umgesetzt werden sie häufig in einem multiprofessionellen Team mit Ärzten, Psychologen, Physiotherapeuten, Pflegepersonal, Erziehern oder Lehrern.“
Weil die künftigen Studierenden die Berufsausbildung bereits mitbringen, betont das additive Studium in Lübeck die wissenschaftliche Fundierung. „Die StudentInnen lernen Methoden des wissenschaftlichen und evidenzbasierten Arbeitens kennen. Damit werden sie bestens darauf vorbereitet, Forschungsstudien zu interpretieren, Statistiken einzuschätzen und das eigene Handeln zu reflektieren“, betont Simons. Es gehe dabei letztlich darum, die Versorgung von Patienten in der Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage immer weiter zu verbessern.
Weil in Lübeck das Studium eng mit der Universitätsmedizin verzahnt ist, prägen entsprechende Fächer den Lehrplan, darunter Neurowissenschaften, Kinder- und Jugendmedizin, Psychiatrie, Innere oder auch Sozialmedizin. Bei der Logopädie kommen fachspezi sche Fächer wie Phoniatrie (Stimmheilkunde), Pädaudiologie (Hörstörungen im Kindesalter), Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kiefer-Gesichtschirurgie hinzu und die Ergotherapeuten besuchen Veranstaltungen beispielsweise in Orthopädie, Unfallchirurgie, Rheumatologie oder Arbeitsmedizin. Auch die enge Verbindung zu den Psychologie-Instituten des Campus wird im Studiumaufbau ersichtlich: Unterrichtet werden unter anderem Entwicklungs-, Sozial-, Neuro- oder Pädagogische Psychologie.
„Die Akademisierung der Gesundheitsfachberufe hat in Deutschland gerade erst begonnen.“
Die Studierenden können darüber hinaus Kurse aus dem gesamten Fächerangebot der Uni wählen – darunter Medizinische Ernährungswissenschaft, Molecular Life Science, Medizininformatik, Robotik und autonome Systeme und Biomedical Engeneering. „Wir möchten unseren Studierenden die Möglichkeit zur individuellen Profilausrichtung geben, etwa in der Neuro-Rehabilitation oder Kinder-Jugend-Psychosomatik, Geriatrie und Palliativmedizin oder in der Versorgung von chronisch Kranken und Schwerverletzten“, ergänzt Simons.
Die Einsatzbereiche der AbsolventInnen werden vielfältig sein. Sie können etwa Leitungsfunktionen in Akutkrankenhäusern, Reha-Kliniken oder Pflegeheimen übernehmen oder eine wissenschaftliche Karriere in Lehre und Forschung einschlagen, sagt die Koordinatorin. „Die universitäre Ausbildung eröffnet den Absolventen attraktive Berufsperspektiven auch im Ausland. Hier ist einiges im Umbruch, denn die Akademisierung der Gesundheitsfachberufe hat in Deutschland gerade erst begonnen.“
Geplant ist, dass beide Studiengänge ebenso wie der dritte neue Studiengang Hebammenwissenschaften zum Wintersemester 2017/18 starten. Ab Sommer können sich InteressentInnen für die studiengebührenfreien Studiengänge bewerben. „Einzigartig an unserem Angebot ist, dass die ErgotherapeutInnen und LogopädInnen mit den KommilitonInnen aus Medizin, Psychologie und den anderen Gesundheitswissenschaften gemeinsam studieren – das fördert den fachlichen Austausch. So macht das Studieren richtig Spaß!“
TEXT Joachim Welding
FOTOS Universität zu Lübeck