„Dorfpunks“ gehört zu seinen bekanntesten Kinofilmen, aber auch bei Kultserien wie dem „Tatort“ aus Münster oder „Großstadtrevier“ stand Lars Jessen hinter der Kamera. Seine ersten Gehversuche als Regisseur unternahm er als Schüler an der Meldorfer Gelehrtenschule. Dort gründete er mit anderen die Video-AG. Es sollte eine schicksalhafte Fügung sein…
Eins dürfte klar sein: Ohne die prägenden Erfahrungen am altehrwürdigen Traditionsgymnasium in Dithmarschen hätte er wohl kaum die Filmkarriere eingeschlagen: „Das hat meinen Lebensweg sehr geprägt“, sagte Lars Jessen in einem Interview. „Ich bin auf diese Wurzeln sehr stolz.“ Den Kontakt zu seiner Heimat pflegt der 47-Jährige, der heute mit seiner Familie in Hamburg wohnt: Sei es, um den Start der Comedy-Serie „Jennifer – Sehnsucht nach was Besseres“ im Meldorfer Kino mit den Schauspielerinnen und Fans zu feiern. Oder um gleich einen ganzen Kinofilm in Dithmarschen zu drehen. So geschehen 2008 für den Streifen „Die Schimmelreiter“. Axel Prahl und Peter Jordan spielen darin zwei Lebensmittelprüfer, die sich und vor allem diversen Würstchenbudenbetreibern ständig neue Probleme einbrocken. Als Filmkulisse sei Dithmarschen unverbraucht und noch weitgehend unentdeckt, erzählte der Regisseur, warum es ihn immer wieder in seine Heimat zum Drehen zieht. Es sei dort nicht alles superordentlich und spießig – ideal für Filmemacher, weil die Kamerabilder immer kleine Brüche haben und nicht dem Klischee entsprechen. Richtiges Leben statt Postkartenidylle.
In ziert vom Filmemachen, begann Lars Jessen nach dem Studium (Geschichte, Politik und Philosophie) ein Volontariat – also eine Berufsausbildung – bei der ARD-Serie „Lindenstraße“. Anschließend hängte er noch ein Studium Film/Fernsehen in Köln dran. Seitdem reiht sich eine Produktion an die nächste: Er führte unter anderem Regie bei den TV-Serien „Großstadtrevier“, „Tatort“, „Mord mit Aussicht“, „SOKO Wismar“ und „Der Dicke“. Bekannt wurde Jessen mit den Kino-Streifen „Am Tag als Bobby Ewing starb“, „Fraktus“ „Hochzeitspolka“ und „Dorfpunks“. Dabei arbeitet er stets mit der Crème de la Crème der deutschen Schauspielerriege zusammen – mit Devid Striesow, Caroline Peters, Jan Fedder, Dieter Pfaff, Nina Petri, Fabian Hinrichs und vielen anderen.
Ein Millionenpublikum lockte zuletzt seine Inszenierung des Kult-„Tatort“ aus Münster vor die Mattscheibe: Die 30. Folge mit Boerne (Jan-Josef Liefers) und Thiel (Axel Prahl) namens „Feierstunde“ durfte der angesagte Regisseur drehen. „Beim Münster-Tatort handelt es sich ja im gewissen Sinne um die heilige Kuh des deutschen Fernsehens. Die ganze Nation schaut zu“, freute sich Jessen. Besonders herausfordernd sei es, nicht nur die Spannung hochzuhalten, sondern gleichzeitig auch die humorvollen Seiten des Kult-„Tatort“ zum Vorschein zu bringen. Übrigens: Auch einen Kieler „Tatort“ namens „Borowski und die einsamen Herzen“ hat der ehemalige Meldorfer Gelehrtenschüler schon inszeniert.
Dass er auch witzig sein kann und Sinn für Komik hat, beweist Jessen aktuell mit der Comedy-Serie „Jennifer – Sehnsucht nach was Besseres“. Zum Start der TV-Serie gab es kürzlich in Meldorf eine exklusive Preview und eine Art „Klassentreffen“ im örtlichen Kino: Alte Weggefährten aus seiner Zeit an der Meldorfer Gelehrtenschule waren gekommen, ebenso wie der Co-Autor des Films und Radio-Moderator Andreas Altenburg („Frühstück bei Stefanie“, NDR 2), der in Meldorf ebenfalls sein Abi gemacht hat. Auch Katrin Ingendoh, die die Titelrolle spielt, und ihre Filmfreundin Laura Lo Zito, standen dem Publikum in lockerer Runde Rede und Antwort.
Eigene Lebenserlebnisse aus seiner Lebensphase in Brokdorf hat Lars Jessen übrigens in seinem ersten Spielfilm verarbeitet: In „Am Tag als Bobby Ewing starb“ von 2005 zieht Hanne mit Sohn Niels in eine Landkommune, wo sie mit anderen friedlich gegen das Atomkraftwerk protestieren. Am Tag des Reaktorunglücks von Tschernobyl – zufällig genau der Tag, an dem die US-Serienfigur Bobby Ewing („Dallas“) das Zeitliche segnet – just an dem Tag gerät die Welt des jungen Niels durcheinander. Gut, dass Regisseur Lars Jessen sie im richtigen Leben mit vielen tollen Filmen wieder etwas in Ordnung gebracht hat.
TEXT Joachim Welding
FOTO Agentur Heppeler/Copyright Rasmus Jessen