Jugend forscht: Riekes Geisterblitz schützt Patienten

Jugend forscht: Riekes Geisterblitz schützt Patienten

Selbstdesinfizierendes Stethoskop von einer 15-jährigen Schülerin geht bald in Serie

Gefährliche Keime gelten als tödliche Gefahr: Sie sitzen auch auf Stethoskopen, mit denen Ärzte ihre Patienten untersuchen. „Dagegen muss man etwas tun“, dachte sich die 15-jährige Rieke-Marie Hackbarth und tüftelte an einem Stethoskop, das sich automatisch desinfiziert. Mit ihrer Erfindung gewann die Gymnasiastin einen Bundespreis bei „Jugend forscht“. Jetzt will ein Medizintechnik-Unternehmen ihren „Geistesblitz“ auf den Markt bringen.

Es kommt nicht alle Tage vor, dass die Er ndung eines 14-jährigen Mädchens so gut ist, dass es reihenweise Preise gewinnt und als Patent angemeldet wird. „Dass sich auch noch ein Medizintechnik-Hersteller für mein Stethoskop interessiert und es für die Serienfertigung weiterentwickeln will, war für mich ein tolle Bestätigung für die intensive Forschungsarbeit neben der Schule“, erzählt die Gymnasiastin aus Henstedt-Ulzburg. Die Unternehmensgruppe Fischer (Waldachtal/Baden-Württemberg), die für ihre Dübel und die Fischertechnik-Baukästen bekannt ist, hat Rieke Hackbarth kürzlich das Patent abgekauft und ihr zusätzlich eine Umsatzbeteiligung eingeräumt. Inzwischen ist Riekes Erfindung weltweit als Patent geschützt.

„Auf das Problem der Keimbelastung auf Stethoskopen hat mich unser Kinderarzt gebracht. Er hat mir erzählt, dass die Geräte zum Abhorchen der Lungen echte Keimschleudern sind.“ In späteren Laboruntersuchungen bei einem Unternehmen aus der Region konnte Rieke nachweisen, dass die Membran des Stethoskops ebenso stark mit Keimen belastet ist wie die nicht desinfizierten Hände von Versuchspersonen. Dann begann die Schülerin des Gymnasiums Harksheide in Norderstedt, eine Vorrichtung zu bauen, die die Membran automatisch desinfiziert. Sie besorgte sich Teile, darunter eine kleine Pumpe, Infusionsbeutel und Desinfektionsflüssigkeit, dazu die Elemente für die elektronische Steuerung. „Im Keller habe ich noch kurz vor der Präsentation bei Jugend forscht gelötet und die Schaltung programmiert“, erzählt Rieke, die sich besonders für Naturwissenschaften und Mathe interessiert.

„Auf das Problem der Keimbelastung auf Stethoskopen hat mich unser Kinderarzt gebracht. Er hat mir erzählt, dass die Geräte zum Abhorchen der Lungen echte Keimschleudern sind.“

Die Jury des Landeswettbewerbs 2015 in Kiel ließ sich von der damals 14-Jährigen und ihrer Erfindung begeistern. So genial einfach funktioniert das selbstdesinfizierende Stethoskop: Der Arzt drückt während der Untersuchung beim Abhorchen automatisch einen Knopf auf dem Abhörkopf. Wird das Gerät länger als drei Sekunden vom Körper des Patienten abgehoben, löst der Pump-Mechanismus automatisch aus und sprüht die Desinfektionsflüssigkeit auf die Membran. So löste Rieke mit dem ersten Platz in der Kategorie Arbeitswelt die Fahrkarte zum Jugend forscht-Bundeswettbewerb in Ludwigshafen. Auch dort sorgte die jüngste Nachwuchsforscherin unter den Teilnehmern für Furore: Die damalige Neuntklässlerin erhielt den Sonderpreis Naturwissenschaft/Technik von Bundespräsident Joachim Gauck.

„Professionelle Unterstützung bekam ich beim Bundes nale des Wettbewerbs Weconomy, wo ich das Stethoskop Managern vorstellen konnte, darunter Franz Fehrenbach, Aufsichtsratsvorsitzender von Bosch“, erzählt Rieke. Ein Mentor half ihr, einen Partner aus der Industrie zu finden, der das bereits patentierte Gerät in Serie herstellen will. So kam der Kontakt zum innovationsstarken Unternehmen Fischer zustande, das sich für das Patent interessierte, um es für einen Markteintritt weiterzuentwickeln. „Wir schätzen den innovativen Erfindergeist der jungen Wissenschaftlerin Rieke Hackbarth sehr“, sagte Wolfgang Pott, Pressesprecher bei Fischer. Das Unternehmen will die Tüftlerin auch künftig in die Weiterentwicklung einbinden.

Die Auseinandersetzung mit medizinischen Themen hat bei Rieke inzwischen auch ihren Berufswunsch gefestigt: „Ich will Ärztin werden“, meint sie selbstbewusst, im kommenden Jahr macht sie Abitur. Aus ihrem Projekt habe sie außerdem eine Menge gelernt, unter anderem auch, dass man für Forschung Geduld brauche. „Das Stethoskop wird für mich immer eine Herzensangelegenheit bleiben. Ich freue mich, dass ich die Weiterentwicklung bei Fischer begleiten kann.“ Und wer weiß: Vielleicht wird Rieke Hackbarth eine Tages ihre Patienten ganz selbstverständlich mit einem selbstdesinfizierenden Stethoskop abhorchen.

TEXT & FOTOS Joachim Welding