Studierende der FH Kiel schnuppern Nordsee-Konferenzluft an Brennpunkten der Offshore-Industrie
Bei Wind und Wellen mit dem Schiff auf der Hochseeinsel Helgoland anzulanden – so ging es schon mal ganz COOL los, als die Studierenden der Fachhochschule Kiel beim „Campus for Ocean and Offshore Learning“ im vergangenen Jahr eincheckten. Führte die spannende “Expedition” bisher auf die deutsche Hochseeinsel, so wird COOL 6.0 in diesem Jahr erstmals in Cuxhaven stattfinden. Neben Wind und Wellen steht vor allem das Erleben der beeindruckenden Offshore-Industrie im Mittelpunkt.
„Schon bei der Schiffsreise hinaus zur Hochseeinsel spürst du die Naturgewalten – besonders im November, wenn es bei Sturm und Seegang ordentlich zur Sache geht“, schwärmt Jaqueline Brune. Die 20-Jährige studiert im 4. Semester Offshore-Anlagentechnik an der FH Kiel und will im nächsten Jahr ihren Bachelor machen. „Die viertägige Konferenz ist für alle Studierenden ein Highlight.“ Dort lernen die jungen Leute Offshore-Serviceschiffe und die Hubschrauberbasis der Bundesmarine ebenso kennen wie den Seenotrettungskreuzer „Hermann Marwede“.
Bei COOL kommen die Studierenden Serviceunternehmen, Herstellern von Offshore-Windenergieanlagen, Komponentenlieferanten und Forschungsinstituten ganz nah. „Beim fachlichen Austausch mit Fachleuten aus der Offshore-Branche bekommst Du ein gutes Gefühl dafür, wofür Du studierst“, erzählt Jaqueline Brune. „Das motiviert dich noch einmal mehr für unser anspruchsvolles Studium.“ Als eine der wenigen Frauen in diesem Studiengang fühle sie sich besonders angespornt. „Ich gehe mit viel Ehrgeiz an die Sache heran. Es gefällt mir so gut, dass ich ein Masterstudium Maschinenbau an den Bachelor anschließen will.“ Absolventen und Absolventinnen können alternativ auch die Masterstudiengänge Schiffbau und Maritime Technik oder Wind Engineering beginnen, letzteren bietet die FH Kiel zusammen mit der Hochschule Flensburg an.
„Offshore ist eines der letzten legalen Abenteuer Deutschlands“, meint Prof. Peter Quell mit einem Augenzwinkern. Er hat den COOL-Campus inzwischen fünf Mal organisiert: „Schon unsere Erstsemester fahren mit. So schaffen wir echten Praxisbezug und eine Motivation für das ganze Studium.“ Prof. Quell leitet auch den 2012 gestarteten Studiengang Offshore-Anlagentechnik, der eine Menge Zukunftspotenzial hat: „Der Bedarf an Fachkräften wird zukünftig groß sein. Denn die Windparks auf hoher See erlebten 2015 einen Durchbruch: Bereits jetzt erzeugen die Wind- energieanlagen in der deutschen Nord- und Ostsee die gleiche Nennleistung wie drei Atomkraftwerke. Und geplant ist die siebenfache Kapazität allein in Deutschland!“ Weil diese Technologie sehr jobintensiv ist, suche die Offshore-Branche in Zukunft viele Ingeni- eure und Ingenieurinnen mit Spezialwissen.
„Unsere Absolventen finden Jobs bei den Herstellern der Windkraftanlagen und der Komponenten ebenso wie bei den Betreibern fit Windparks, Ingenieurbüros, Werften, Logistik- und Serviceunternehmen“, erläutert Prof. Quell.
Wegen dieser Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten umfasst das sechssemestrige Studium ein großes Wissens-Portfolio. Los geht es mit den ingenieurwissenschaftlichen Grundlagen – etwa Werkstofftechnik, Mechanik und Konstruktion. Richtig tief in die Materie steigen die Module der Ingenieurswissenschaften ein: Fertigungstechnik, Elektrotechnik, Projektierung und Gründung von Offshore-Bauwerken, Fertigung und Montage von Großanlagen, Sicherheit und Umweltschutz, aber auch Recht, BWL und andere Fächer. Soft Skills wie Rhetorik und Präsentation, Unternehmensführung, Verhandlungstechnik und Konfliktlösung runden das Studium ab. „Wichtig ist uns, dass der Studiengang den Studierenden die Möglichkeit eröffnet, ihr Fachwissen nicht nur im Offshore-Bereich, sondern auch in der Maschinenbau- und Schiffbauindustrie einzusetzen.“
Rückenwind verleihen dem Studium nicht zuletzt spannende studentische Projekte wie der Bau des windangetriebenen Fahrzeugs „Baltic Thunder“, das bei internationalen Rennen regelmäßig vordere Plätze belegt. Das motiviert ebenso wie COOL: „Wer auf Helgoland oder in Cuxhaven mit den Praktikern aus der Industrie zusammenkommt, lernt nicht nur viel über Offshore. Beim Conference Dinner am Abend können die Studierenden Kontakte für die Bachelor-Arbeit oder die Mitarbeit als Werkstudentin und -student knüpfen“, meint Prof. Quell. „Diese Chance wird auch rege genutzt.“
Besonders Frauen ermuntert die angehende Ingenieurin Jaqueline Brune, es mit Offshore zu versuchen: „Das Studium fordert Dich, aber man kann es in sechs Semestern gut schaffen. Toll finde ich das breite Spektrum der Fachgebiete und die Tatsache, dass alle Professoren aus der Praxis kommen. Das lockert die Vorlesungen auf.“ Dazu kommen das familiäre Klima an der überschaubaren Fachhochschule und die vielen Kontakte zwischen Studierenden und Lehrenden, die die 20-Jährige als Pluspunkte verzeichnet. Und COOL? War wirklich cool.
TEXT Joachim Welding
FOTOS Areva Multibrid/ Jan Oelker, DOTI/Mathias Ibeler und J. Welding