Hamburg Stellingen

Bundesweit bekannt ist dieser im Nordwesten Hamburgs liegender Stadtteil durch den traditionsreichen Tierpark Hagenbeck. Für seine über 23.000 Bewohner liegt der Charme des etwa sechs Quadratkilometer großen Areals vor allem durch die Vielzahl seiner Sportplätze und Grünanlagen. Für die zahlreichen Pendler ist er überwiegend ein frequentierter Verkehrsknotenpunkt der Hansestadt. Stellingen ist ein Patchwork-Stadtteil. Vier große Straßen teilen das Gebiet in vier Teile. Morgens und Nachmittags reihen sich die Autos aneinander, abwechselnd mit dem Ziel Innenstadt oder Autobahn. Die Autobahn A 7 quert außerdem eine Wohngegend und trennt das Industriegebiet vom übrigen Stellingen. Der einst so beschauliche Stadtteil hat sich zum Verkehrsknotenpunkt gewandelt. Doch wer Stellingen jenseits der Verkehrsadern aufmerksam und informiert durchstreift, landet unversehens in seiner bewegten Geschichte. 

Steinzeitliche Funde verweisen auf eine frühe Besiedlung dieser Gegend. Eine mögliche Ableitung des Namens Stellingen ist der altgermanische Männername „Stallo“. Die erste urkundliche Erwähnung als „Stelling“ erfolgte im Jahr 1347 in alten Kirchenbüchern. Ab 1640 gehörte Stellingen zu Dänemark, bis es schließlich 1867 an Preußen fiel. Folgt man der alten Grenze, findet man die Grenzsteine, die einst die Grenze zwischen Altona und Preußen markierten.

Die wichtigste Ertragsquelle waren für lange Zeit die Landwirtschaft und der Ackerbau. Die Stellinger Bauern zogen mit ihren Milch- und Fleischwaren bis nach Hamburg und ins noch unabhängige Altona.

In dieses wurde der Stadtteil 1927 eingegliedert und gehört seit 1937 mit Altona zur Hansestadt Hamburg. Die Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg haben Stellingen hart getroffen. Alliierte Bomber haben 38 Prozent der Gebäude zerstört. Neben alten Gebäuden aus der Jahrhundertwende findet man heute daher viel moderne Bausubstanz.

Wasserturm

Der Stellinger Wasserturm ist das Wahrzeichen der Stadt – mit seinen 47,59 m ist er gut sichtbar. Das Besondere an dem Wasserturm in der Högenstraße: Er wird heute als Wohngebäude genutzt. Der Bau und die Geschichte um den Wasserturm ergibt sich aus der Geschichte Stellingens: Um die Jahrhundertwende gehörte der Stadtteil weder zu Hamburg noch zu Altona, sondern bildete mit Langenfelde eine selbstständige Gemeinde. Die rasante Bevölkerungszunahme gepaart mit der Ansiedlung zahlreicher Gewerbebetriebe – bedingt durch die Nähe des Stadtteils zu Hamburg – setzte eine moderne und zentrale Wasserversorgung voraus. So wurden um 1910 mehrere Brunnen gebohrt. Zwei lieferten schließlich brauchbares Wasser, doch war das nicht genug für den gesamten Stadtteil. Zur Unterstützung der schwankenden Wasserentnahme wurde der Stellinger Wasserturm in den Jahren 1911/12 durch den Kölner Architekten Max Stirn und in Zusammenarbeit mit den Zivilingenieuren Ludwig und Hermann Mannes gebaut.

Der Backsteinbau des Wasserturms wurde mit Lüneburger Handstrichziegeln errichtet. Seine Südwestfront in Form einer überhöhten Bürgerhausfassade unterscheidet ihn von den meisten anderen Wassertürmen. Eine Aussichtsplattform war oberhalb des Wasserbehälters angelegt. Genauso repräsentativ wurde die Umgebung des Wasserturms gestaltet – eine terrassenförmige Anlage mit breiten Frei-
treppen und einer Pergola umgab den Fuß des Turms – davon ist jetzt nach dem Umbau jedoch nichts mehr zu sehen.

HAG_Afrika-Panorama_1920Der Stellinger Wasserturm ist seit 1974 nicht mehr in Benutzung; moderne Pumpen machten ihn überflüssig. Für 300.000 DM wurde er 1979 von den Hamburger Wasserwerken an eine private Wohnungsbaugesellschaft verkauft. Der Wasserturm steht nicht unter Denkmalschutz und wurde so 2 Jahre komplett innen und außen umgestaltet.

Hagenbecks Tierpark

Im Herzen Stellingens liegt die wohl die größte Attraktion des Stadtteils. Der traditionsreiche Tierpark Hagenbeck begeistert mit seinen tierischen Bewohnern nicht nur kleine, sondern auch große Besucher.

Vor über 100 Jahren revolutionierte Claus Hagenbeck mit dem Bau seiner gitterlosen und weitläufigen Gehege die Zootierhaltung auf der gesamten Welt. Bei seiner Eröffnung lag der Tierpark, heute ein Wahrzeichen der Hansestadt, außerhalb der Tore Hamburgs. Stellingen gehört zu der Zeit noch zu Preußen. Eine Eintrittskarte kostete eine Mark, für Kinder 50 Pfennig. Anders als seine Zeitgenossen präsentierte Carl Hagenbeck die Tiere in Panorama-Anlagen, die an ihre natürlichen Lebensräume erinnern sollten. Auf diese Weise konnte gänzlich auf Gitter verzichtet werden. Anstelle dieser wurden die Zuschauer durch Gräben von den exotischen Bewohnern getrennt.LS_Sumatra-Orang-Utan

Noch heute ist der zoologische Garten im Familienbesitz. Joachim Weinling-Hagenbeck und Dr. Claus Hagenbeck führen ihn in der 6. Generation. Wie ihre Vorfahren sind sie stets bemüht, die Artenvielfalt ihres Parks zu vergrößern und den Besuchern neue Attraktionen zu bieten. So findet man in der 25 Hektar großen Anlage unter anderem eine der größten Elefantenherden Europas, ein modernes Orang-Utan-Haus, Nordeuropas größtes Tropen-Aquarium sowie tägliche Schaufütterungen. Eine Neuheit ist das 2012 eröffnete Eismeer. Hier können 15 verschiedene arktische und antarktische Tierarten wie Eisbären, Pinguine und Walrosse über und unter Wasser angeschaut werden. Der Tierpark ist auf hohe Besucherzahlen angewiesen. Im Gegensatz zu den meisten zoologischen Gärten gleicher LS_Koenigspinguin (9)Größenordnung, erhält er keine staatlichen Zuschüsse zur Deckung der laufenden Kosten. Die täglichen Kosten in Höhe von 41.000 Euro müssen, etwa über Eintrittsgelder, gedeckt werden, um die fast 15.000 Tiere zu versorgen.

Stolpersteine

Stolpersteine in ganz Hamburg gedenken insgesamt 4000 Opfer des Nationalsozialismus; diese Menschen wurden in „Schutzhaft“ genommen, deportiert, ermordet oder in den Suizid getrieben. In Stellingen sind insgesamt acht Stolpersteine zu finden, die Namen, Ort und Geburtsjahr der Opfer tragen. Die Stolpersteine sind in Zusammenarbeit mit dem Künstler Gunter Demnig entstanden und sind meist in Gehwege eingelassen.

Text: Slaven Marinovic