„Gastronomie ist nicht nur Ausgehen und Party machen, sondern harte Arbeit“

„Gastronomie ist nicht nur Ausgehen und Party machen, sondern harte Arbeit“

Interview mit Robert von Appen

In Hamburg gibt es mehr als 1.500 verschiedene Restaurants, bei den meisten erwartet einen aber nur das übliche Allerlei mit Pizza, Pasta und Pommes. In dem Restaurant Chapeau! (dt. „Hut ab!“, „Bravo“ oder „Alle Achtung!“) in Hamburg-Winterhude gibt es dagegen eine echte Spezialität aus Frankreich zu essen: Entrecôte Steaks. Betrieben wird das Chapeau! von den Hamburgern Robert von Appen und Wanja Schultz-Brummer. Wanja Schultz-Brummer veranstaltete viele Jahre Events und ist strategischer Markenberater und Robert von Appen war in der Schifffahrt tätig.

Robert, du warst früher in der Schifffahrtsbranche tätig. Wie bist du dazu gekommen?
Über meinen Vater. Er war mehr als 40 Jahre lang in der Trampschifffahrt tätig. In der Schifffahrt unterscheidet man ja zwischen der Tramp- und der Linienschifffahrt. Die Linienschifffahrt ähnelt der Bahn, da gibt es festgelegte Fahrpläne und Routen, auf denen die Schiffe verkehren. Trampschiffe sind dagegen zeitlich flexibel und fahren überall hin. Mein Vater hat von Reedern Schiffe gemietet und mit ihnen Ladungen von A nach B transportiert – meistens von Europa nach Südostasien. Das war über viele Jahre ein wunderbares und lohnendes Geschäft und der Plan war, dass ich dort einsteige

Fandest du die Schifffahrt denn wirklich interessant?
Ja, Schiffe haben mich früh gereizt und ich habe schon während meiner Schulzeit verschiedene Praktika im Hafen gemacht. Nach dem BWL-Studium war ich Trainee bei der Hamburger Traditionsreederei Rickmers und habe dort gelernt, wie man Schiffe finanziert. Zusammen mit meinem Vater habe ich dann im Anschluss ein eigenes Emissionshaus gegründet, das bis zur Finanzkrise auch gut lief. Von 2007 an ging es aber nur noch bergab. Das Finanzsystem ist zusammengebrochen und die Banken haben keine Kredite mehr vergeben. Im Februar 2012 mussten wir die Firma schließen.RGB_Chapeau_Teresa_Horstmann11

Wieso hast du dich für die Gastronomie als zweite Karriere entschieden?
Das Gastgeber sein liegt mir irgendwie. Als Kind habe ich abends gerne Kellner gespielt und meinen Eltern das Essen serviert. Ich habe ihnen sogar Rechnungen geschrieben. Ein Hummer kostete bei mir 20 Mark und ein Glas Wein 400 Mark. Ich hatte damals keine Ahnung von Geld (lacht). Während meiner Zeit in der Schifffahrt wollte ich nebenher immer ein schönes Restaurant aufmachen, hatte aber bis zur Krise nie genug Zeit dafür. Vor zwei Jahren habe ich schließlich angefangen, kleinere Abende für Freunde und Bekannte in Restaurants zu veranstalten. Ich wollte mich langsam herantasten und gucken, ob mir dieser Beruf gefällt.

Im Sommer 2012 hast du zusammen mit deinen Kumpel Wanja Schultz-Brummer ein eigenes Restaurant eröffnet – erst an den Elbbrücken und jetzt in Winterhude. Wie seid ihr darauf gekommen, im Chapeau! Entrecôte Steaks anzubieten?
Wir wollten von Anfang an ein Alleinstellungsmerkmal schaffen, welches das Chapeau! von den üblichen Burgerbuden und Restaurants in Hamburg unterscheidet. Irgendwann haben mir Freunde erzählt, dass es in Paris eine sehr erfolgreiche Restaurantkette gibt, die nur Entrecôtes mit einer geheimnisvollen Soße und Pommes Allumettes, das sind kleine Pommes frites, anbietet. Es gibt nur dieses eine Gericht und trotzdem steht da jeden Abend eine Schlange von siebzig Metern vor der Tür. Das Konzept gab es in Deutschland noch nicht und so haben wir uns entschlossen, es nach Hamburg zu bringen. Wanja hat sich dann die Marke Chapeau! ausgedacht und den Look und Feel des Restaurants definiert. Er kennt sich mit dem Aufbau von Marken sehr gut aus und hat schon den Energy-Drink „28 Black“ in Deutschland und den USA etabliert.

Chapeau! HamburgWas ist das für eine geheimnisvolle Soße?
Sie besteht aus Butter und Gewürzen und ihr Rezept wird wie ein Staatsgeheimnis geschützt. Ich habe in Paris nachgefragt, wie die Soße gemacht wird und wurde ausgelacht. Selbst gebürtige Pariser kennen nicht das genaue Rezept. Wir haben lange im Internet recherchiert und mussten einige Monate experimentieren, bis wir endlich auf die richtige Rezeptur gekommen sind.

Woraus besteht die Soße denn genau?
Aus Butter, Schalotten und vielen kleinen Gewürzen. Mehr darf ich dir nicht verraten (lacht).

Viele Leute, die gerne und regelmäßig ausgehen, denken, dass sie auch das Zeug zum Gastronomen haben. Ist das naiv?
Gastronomie ist nicht nur Ausgehen und Party machen, sondern harte Arbeit. Unser Tag beginnt in der Regel morgens um 8 Uhr und endet am späten Abend. Man arbeitet während andere Spaß haben. Viele unterschätzen, wie viel Geld man braucht, um ein Restaurant zu eröffnen. Man kann alleine bei der Einrichtung richtig viel Geld versenken. Wenn man alles neu kauft, können schnell mehrere hunderttausend Euro für die Kücheneinrichtung und die Möbel zusammenkommen. Für das Chapeau! haben wir einen Mittelweg gewählt. Die Küchengeräte sind neu, aber für die Einrichtung im Gastraum haben wir alte Möbel von Hamburger Künstlern und Handwerkern restaurieren und herrichten lassen. Man sollte auch nicht unterschätzen, wie schwer es ist, einen guten Koch zu bekommen und wie aufwendig es ist, mehr als 50 Gäste gleichzeitig zu bewirten. Dafür braucht man gute Leute, die schnell arbeiten und auch bei Stress den Überblick behalten.

 

TEXT Slaven Marinovic
FOTOS Teresa Horstmann