Eine Insel fast für sich allein

Eine Insel fast für sich allein

Vögel zählen im Naturschutzgebiet Oehe-Schleimünde Jonas erzählt von seinen Erfahrungen im FÖJ

Jonas Fischer machte sein Freiwilliges Ökologisches Jahr auf der Lotseninsel in Schleimünde. Er ist als Vogelwart Ansprechpartner für Touristen in der Vogelwärterhütte. Seine Wohnung ist im Lotsenhaus auf der Lotseninsel. 

Maasholm/Schleimünde – Die Luft ist kühl und feucht an diesem Morgen in Maasholm. Das Gras und die Veranda vor der Vogelwärterhütte im Naturschutzgebiet Oehe-Schleimünde sind nass – es hat den ganzen Tag und die halbe Nacht geregnet. Noch ist es dunkel – nur am Horizont und in der Hütte des
Vogelwärters ist schon ein Lichtschein zu sehen. Jonas putzt Zähne.Ein junger Mann in dunkler Jacke hält ein Fernglas und ein Buch zur Vogelerkennung in die Kamera.

„Strom gibt es hier nicht, oder nur ein wenig von den Solarzellen. Aber nur, wenn die Sonne scheint”, sagt Jonas Fischer, während seine elektrische Zahnbürste vibriert. Der 20-Jährige ist der zuständige Vogelwart beim Verein Jordsand, oben an der Küste, wo die Schlei in die Ostsee mündet – als FÖJler.
Seine Aufgabe: Vögel zählen. Hilfe bekommt Jonas ab und zu von Studentin Fiona Langenbach, die einen Teil ihrer Semesterferien als Praktikantin im Naturschutzgebiet verbringt. „Wir haben acht Zählpunkte an verschiedenen Wasserflächen, an denen wir gucken, welche Vögel dort sind”, erklärt Fiona. Mit Spektiv und einer Liste zum Eintragen der verschiedenen Vögel geht es raus in den Sonnenaufgang. Pünktlich anzufangen sei wichtig, denn gerade in den Sommermonaten fange die Luft früh an zu flimmern und erschwere dann das Zählen und Erkennen der Tiere. „Es gibt hier sehr viele Vogelarten, die in Deutschland selten sind – wie den Austernfischer. Der brütet manchmal sogar hier”, sagt Jonas. Er selbst lernt die Arten noch kennen und nimmt zur Sicherheit ein Vogelbestimmungsbuch mit, denn „nach so kurzer Zeit kann man noch nicht alles wissen”.Ein junger Mann blickt durch ein Fernglas.

Nach dem Abitur wusste Jonas noch nicht, was er studieren soll. Ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) schien ihm eine gute Möglichkeit, sich zu orientieren und Erfahrungen zu sammeln – das geht übrigens nach jedem Schulabschluss, nicht nur nach dem Abitur. Jonas wollte gerne ans Meer und hatte sich daher auf drei Stellen in Schleswig-Holstein beworben. „Ich bin sehr zufrieden, dass ich hier gelandet bin”, sagt Jonas. „Ich bin als Vogelwart für das Naturschutzgebiet verantwortlich. In den Sommermonaten, von April bis Oktober, betreue ich die Ausstellung in der Vogelwärterhütte, mache Öffentlichkeitsarbeit und Führungen jeden Morgen um 10 Uhr für Touristen – außer montags, da ist frei”. Die Führungen machen ihm besonders viel Spaß – mit Menschen über die Natur ins Gespräch zu kommen, gefällt ihm.

Das Schulfach Biologie habe ihm zwar immer Spaß gemacht, aber von Ornithologie habe er keine Ahnung gehabt. „Ich komme halt aus der Stadt und wollte mal etwas komplett Neues ausprobieren”. Vorher sei er zur Schule gegangen, habe bei seinen Eltern und Geschwistern gewohnt, und dann „ist man plötzlich ganz alleine, hat viel Verantwortung und muss selbstständig vieles organisieren”. Ungewohnt sei das gewesen am Anfang, aber „man wächst mit seinen Aufgaben und ich habe mich schnell daran gewöhnt.“

Vögel fliegen am Himmel in einer Reihe. Seine Wohnung ist im Lotsenhaus auf der Lotseninsel. Dort ist er – zumindest im Winter – so gut wie alleine. Denn dann legen keine Segler mehr an, die „Giftbude”, die einzige Gastronomie auf der Insel, ist geschlossen und die Fähre, die sonst die Touristen bringt, fährt nicht mehr. Über eine schmale Landzunge kommt Jonas dann nur noch zu Fuß durch das Naturschutzgebiet zur Vogelwärterhütte und in den Ort. Auch seine Einkäufe muss er dann zu Fuß nach Hause bringen – rund drei bis vier Stunden braucht er dafür: „Ich genieße es, dass ich meine Ruhe habe, ich habe damit kein Problem. Und wer hat das schon – eine ganze Insel für sich allein? Da muss man sich halt selbst beschäftigen können.“

Das Freiwillige Ökologische Jahr Koppelsberg in Schleswig-Holstein (FÖJ-Koppelsberg) ist einer von zwei Trägern in Schleswig-Holstein und hat Meer (Nordsee und Ostsee) & mehr (Binnengewässer und Bauernhöfe) zu bieten. Die Einsatzstellen liegen auf den Inseln, auf einem Schiff, an den Küsten von Nord- und Ostsee sowie in zahlreichen Einrichtungen von z.B. ANU, BUND, NABU, Kirche, Stiftungen und vielen anderen Umwelt-Bildungsträgern. Der Träger des FÖJ-Koppelsberg ist ein kirchlich geprägter Jugendverband mit vielen Kontakten und Projekten in Europa und darüber hinaus. Das Bewerbungsverfahren und weitere Informationen gibt’s unter www.oeko-jahr.de, www.jordsand.eu, www.lotseninsel.de und www.lighthouse-foundation.org.

TEXT & FOTOS Simone Viere / Evangelische Zeitung