(„Mein Haus ist Dein Haus“)
Wenn man kein Geld in der Tasche hat und nicht weiß, wie man Essen und Miete bezahlen soll, kommt man auf manche gute und manche weniger gute Ideen. Brian Chesky und sein Kumpel Joe Gebbia, die Gründer von Airbnb, hatten eine beim ersten Hören ziemlich blöde Idee, haben aus ihr aber die weltweit größte Online-Plattform zum Mieten und Vermieten von privaten Unterkünften gemacht. Und das allen Widerständen zum Trotz.
Die Geschichte von Airbnb beginnt im Silicon Valley, im Tal der digitalen Träume. Brian Chesky und Joe Gebbia, zwei Absolventen der berühmten Rhode Island School of Design, waren nach ihrem Abschluss 2007 in das Land von Apple, Google und Facebook gezogen und wollten eine Internetfirma gründen. Was ihnen aber fehlte, war eine zündende Geschäftsidee und bald auch das Geld, um ihre Wohnung in San Francisco zu bezahlen.
Eines Tages stolperten sie zufällig über eine Zeitungsmeldung, dass die Hotels in der Stadt alle ausgebucht sind und die Besucher einer bevorstehenden Designkonferenz keine Unterkunft mehr finden können. Joe Gebbia hatte drei (!) Luftmatratzen im Keller herumliegen und so kamen die beiden auf die Idee, die Luftmatratzen aufzupumpem, in ihr Wohnzimmer zu legen und als Schlafmöglichkeit anzubieten. Um ihr Angebot zu bewerben, bauten Brian und Joe in nur drei Tagen eine Webseite und nannten sie „airbedandbreakfast.com” (dt. “Luftmatratze mit Frühstück”).
Eine Woche später trafen ihre ersten Kunden ein: ein 30-jähriger Mann, eine 35-jährige Frau aus Boston und ein 45-jähriger Familienvater. Alle drei waren überraschenderweise bereit, 80 US-Dollar pro Nacht für eine Luftmatratze zu bezahlen. Unglaublich.
Joe und Brian konnten selbst nicht glauben, dass erwachsene Frauen und Männer für eine solche Übernachtungsmöglichkeit Geld bezahlen würden. Sie dachten sich aber auch, dass sie ja vielleicht zufällig auf eine große Idee gestoßen sind und entschlossen sich deshalb, weiterzumachen.
Sie trafen verschiedene Investoren, die aber alle ablehnten. Welcher normale Mensch schläft schon lieber in einer fremden Wohnung als in einem schönen, sauberen Hotelzimmer? Ein Investor fand die Idee der beiden sogar so doof, dass er in der Mitte des Gesprächs einfach aufstand und wegging. Joe und Brian ließen sich aber nicht beirren und verstanden diese Ablehnung als Aufforderung, weiterzumachen.
Anfang 2008 ging ihnen erneut das Geld aus. Die Bank verwehrte ihnen einen Kredit, der leere Kühlschrank in ihrer Wohnung brummte einsam vor sich her und nachts wurden die beiden Gründer von Albträumen und Existenzängsten geplagt. Ein neue Idee musste her. Schnell.
In den USA tobte damals gerade der Präsidentschaftswahlkampf zwischen Barack Obama von den Demokraten und John McCain von der Republikanischen Partei. Gebbia und Chesky aßen zum Frühstück gerne Cornflakes und kamen eines Morgens auf die Idee, besondere limitierte Obama- und McCain-Cornflakes-Packungen zu entwerfen und dann im Internet zu verkaufen. Gesagt, getan. Von ihrem letzten Geld kauften die beiden Pappkartons, falteten sie nächtelang zu Cornflakesboxen und beklebten sie dann mit selbst entworfenen Aufdrucken.
Die „Obama O’s” und „Cap’n McCains” waren ein voller Erfolg. Im Internet rissen sich die Leute um die 800 limitierten Packungen für 40 US-Dollar pro Stück und Joe und Brian hatten endlich genug Geld, um ihre Schulden bei der Bank zurückzubezahlen und etwas anderes zu essen, als bloß Cornflakes und Pizza. Kurz darauf kam ihnen der entscheidende Einfall, auf ihrer Webseite nicht nur die eigene Wohnung, sondern auch fremde Zimmer und Wohnungen anzubieten. Und wieder nutzten Brian und Joe den Präsidentschaftswahlkampf für ihre eigenen Zwecke und boten den Hunderten von Teilnehmern des Demokratischen Kongresses in Denver, Colorado, die kein Hotelzimmer mehr bekommen hatten, private Übernachtungsmöglichkeiten bei Leuten in der Umgebung an. Seitdem ging bei den beiden Freunden bergauf. Immer mehr Privatpersonen inserierten ihre Betten, Zimmer und Wohnungen auf Airbnb und immer mehr Reisende zogen eine private Unterkunft einem sterilien und teuren Hotel vor. Brian Chesky und Joe Gebbia richteten in ihrer Wohnung ein Büro für ihre neuen Mitarbeiter ein. Brian gab sein Schlafzimmer auf, packte seinen Koffer und übernachtete fortan in fremden Zimmern und Wohnungen, die er auf Airbnb gefunden hatte.
Heute, Jahre später, kann man auf Air-bnb jede erdenkliche Unterkunft in jeder Preisklasse in über 34.000 Städten in 192 Ländern buchen. Vom einfachen Zimmer in der Nähe des Eiffelturms für ein romantisches Wochenende zu zweit bis hin zu ganzen Inseln findet man alles, was das Herz begehrt: 17.000 Villen, 4.000 Hütten, 640 Schlösser, 1.400 Boote und 300 Baumhäuser. Jurten, große Rundzelte, sind übrigens die beliebtesten Unterkünfte bei Airbnb, gefolgt von Baumhäusern, Tipis, Höhlen, Hütten und Booten.
Trotz des mittlerweile riesigen Erfolgs von Airbnb sind Brian Chesky und Joe Gebbia bescheiden geblieben. Joe hat bis vor Kurzem noch in der Wohnung gewohnt, in der alles begann, und Brian Chesky besitzt noch nicht einmal ein eigenes Bett. Er hat aber einen Tipp für alle, die knapp bei Kasse sind: “Für jedes Problem gibt es eine kreative Lösung. Man muss sie nur finden.”
TEXT Slaven Marinovic
FOTOS Airbnb