FH Westküste: Zauberlehrlinge im Ingenieur-Studium

FH Westküste: Zauberlehrlinge im Ingenieur-Studium

Prof. Michael Berger von der FH Westküste rät: „Kreativität bei der Arbeit!“

Der Vizepräsident der Fachhochschule Westküste, Professor Dr. Michael Berger, befasst sich schon seit 1981 intensiv mit dem Thema Berufsnachwuchs. Als Elektroingenieur mit dem Spezialgebiet Elektronik arbeitete er unter anderem bei der Robert Bosch GmbH und bei der Fraunhofer-Gesellschaft. Seit 1996 lehrt und forscht er als Professor an der FHW. Er leitet unter anderem den Bundesausschuss Ingenieurausbildung beim Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) und ist als Experte in Sachen Berufsbild und Studium der Ingenieurwissenschaften in Deutschland unterwegs.

Vier junge Menschen experimentieren in einem Labor.

Herr Prof. Berger, Ingenieure gelten nicht unbedingt als Vorzeigeberuf, wenn es um das Thema Kreativität gilt. Dabei erleben wir doch täglich technische Innovationen vom iPhone bis zum eDrive. Sind Ingenieure doch „Schöpfer“?

Einen Schöpfer findet man in der Bibel. Wir sind eher Magier, die Maschinen zum Arbeiten und Computer zum Denken bringen. Wer versteht schon, was in seinem Smartphone passiert? Wie kann man rund um die Welt und von jedem Ort aus mit Menschen sprechen, shoppen oder Wis­sen aus Bibliotheken abrufen? Ich nenne meine Studis im ersten Semester immer Zauberlehrlinge. Das finden die zwar etwas schräg, aber im zweiten Semester begreifen sie dann, was ich meine.

Früher sprach man ja von Erfindern, wenn Köpfe wie Rudolf Hell aus Kiel das Faxgerät oder den Scanner erfanden. Welche beruflichen und persönlichen Qualitäten müssen denn Ingenieure in der digitalen Welt von heute mitbringen?

Vor allem Neugier, um hinter die Fassade unserer technischen Welt zu sehen, und dann Spaß daran, anderen Leuten das zu erklären und deren Probleme mit seinem Wissen zu lösen. Der Haken bei unserer Geschichte ist, dass man es mit der Wirklichkeit zu tun hat. Da wiegt ein Windmühlenflügel eben mal acht Tonnen und der Mikrochip enthält eine Milliarde Bausteine, von denen jeder funktionieren muss. Deshalb sind wir immer sehr professionell bei der Arbeit.

Wie kann die FH in Heide die Fähigkeiten ihrer Studierenden fördern und sie fit für den Arbeitsmarkt machen?

Zu Fachleuten ausbilden, das wirkt am längsten. Ingenieurin oder Ingenieur lernt man nur beim Machen. Eine Naturwissenschaft und zumindest Mittelstufen ­Mathe helfen beim Start, aber da bauen wir Brücken. Den Rest bringen wir den Leuten dann schon bei. Dazu kommt Arbeiten im Team, mindestens Englisch als Sprache der Wissenschaft, wer will, auch Spanisch, Mit­forschen bei Industrieprojekten und falls gewünscht ein Auslandsaufenthalt. Wer sich traut, kann mit uns „abheben“, über Bachelor und Master bis hin zum „Dr.­Ing.“.

Was bieten neue Studiengänge wie Umweltgerechte Gebäudesystemtechnik (UGS) oder Management und Technik (MuT), aber auch der Klassiker Elektrotechnik und Informationstechnik?

Machen wir mal ein paar Beispiele. Wie kühlt man ein Fußballstadion in Katar? Was ist beim Flughafen BER im Projektmanagement schief gegangen? Lohnt es sich, mit überschüssigem Windstrom zu heizen? Wie kann ich bei null Sicht einen A380 sicher landen? Warum be­ schleunigt ein E­Mobil so rasant? Wie kann ich sicherstellen, dass der Chirurg auch bei Strom­ ausfall weiterarbeiten kann? Wie kann ich mich gegen einen Cyber­Angriff schützen?

Welchen Rat würden Sie ihren Kindern geben, wenn diese Ingenieurin oder Ingenieur werden wollen?

Sich ein Vorbild bei Verwandten, Bekannten, Freunden oder in der Nachbarschaft suchen und mal ein paar Tage in den Ferien zu opfern, um sich den Ingenieursberuf anzusehen. Nicht ständig, aber immer wieder: Kreativität bei der Arbeit!

Ein Mann im weißen Hemd mit Krawatte und Schnurrbart lächelt in die Kamera.

Prof. Dr. Michael Berger

Fachhochschule Westküste
Fritz­-Thiedemann-­Ring 20
25746 Heide

Studienberatung:
Sandra Klatte

Tel. 0481 / 8555­141
E­Mail: klatte@fh­westkueste.de
www.fh­westkueste.de 

Text Joachim Welding
Fotos
 FH Westküste