Gemeinsam gegen die Einsamkeit: Um Senioren während der Corona-Pandemie die Isolation erträglicher zu machen, haben fünf Studierende der Hochschule Flensburg das Projekt „Briefmöwen“ ins Leben gerufen. Die Idee: Freiwillige schreiben Briefe, die an ältere Menschen in Pflegeheimen verteilt werden, um sie mit Gedichten, Geschichten oder positiven Erlebnissen aufzumuntern. Die ersten Reaktionen zeigen, dass die Organisatoren einen Nerv getroffen haben.
Die Gründer der Briefmöwen – die Studierenden der Medieninformatik Lena, Johannes, Finnja, Tom und Anna – wollten im Modul Projektmanagement etwas Sinnvolles auf die Beine stellen. „Meine Mutter arbeitet in einem Seniorenheim und erzählte mir, dass die älteren Menschen derzeit besonders unter den Besuchsverboten und Kontaktbeschränkungen leiden“, berichtet Finnja. „Während wir auf die Sozialen Netzwerke ausweichen können, bleiben die Senioren häufig ganz alleine.“
Freude im Briefumschlag
Also machte sich die Gruppe Gedanken, wie man die Situation der Pflegeheimbewohner verbessern könnte. Als sie auf der Website eines Heimes den Aufruf zum Briefeschreiben entdeckten, waren sie sich einig: „Wir fanden die Idee faszinierend und wollten dafür sorgen, dass sie publik wird – auch um weiteren Menschen die Möglichkeit zu geben, Briefe zu empfangen“, berichtet Finnja. Das Ziel der Briefmöwen ist, dass Menschen kreativ werden und Briefe „mit positiven, inspirierenden Gedichten, Geschichten, Erlebnissen, Gedanken, gemalten oder fotografierten Bildern“ an das Postfach schicken. Das Team der Briefmöwen verteilt die Briefe anschließend an die Seniorenheime.
Die angehenden Medieninformatiker stellten das Projekt professionell auf: Sie gaben ihm einen Namen, entwarfen ein Logo, programmierten die Website, drehten einen Film und richteten Social-Media-Kanäle auf Instagram und Facebook sowie ein analoges Postfach ein. Nach dem Startschuss des Projekts Briefmöwen Anfang Mai kamen schnell positive Reaktionen. „Viele Menschen waren von unserer Idee begeistert und versprachen, Briefe zu schreiben“, berichtet Finnja.
Erste Erfolge
Schnell wurden auch die Medien auf das Projekt aufmerksam. Der Radiosender RSH bat zum Interview, die Tageszeitungen Flensborg Avis und das Flensburger Tageblatt ebenfalls. „Es ist eine spannende Zeit für uns“, sagt Studentin Finnja. „Wir wollen in dieser schwierigen Zeit unseren Beitrag leisten, die Krise durchzustehen. Das kann mit diesem Projekt gelingen.“
Die erste Leerung des Postfaches erfolgte bereits – und war zugleich das erste Mal seit längerer Zeit, dass sich die Briefmöwen persönlich gesehen haben. „Wir waren sehr positiv überrascht, dass wir schon nach wenigen Tagen sieben Briefe aus dem Postfach holen konnten“, berichtet Finnja. „Wir wussten alle nicht so richtig, was auf uns zu kommt und konnten es gar nicht einschätzen.“ Die Studentin und ihre Mitstreiter hoffen, dass in den nächsten Wochen noch viele Briefe hinzukommen.
Bis Ende Juni soll das Projekt laufen, dann muss es als Teil des Moduls an der Hochschule abgeschlossen sein. Der Schlusspunkt soll es dennoch nicht sein, zumindest wenn es nach den „Briefmöwen“ geht. „Wir haben noch viele gute Ideen und können uns vorstellen, das Projekt weiterzuführen und sogar noch auszubauen“, sagt Finnja.
Selber Lust bekommen, einen Brief zu schreiben? Weitere Informationen unter: briefmoewen.de
TEXT Lutz Timm
FOTOS Briefmöwen