HIGHLIFE AUF DEN INSELN

HIGHLIFE AUF DEN INSELN

Der besondere Reiz einer Ausbildung auf den nordfriesischen Inseln

Sylt, Amrum, Föhr … die nordfriesischen Inseln stehen für Sonne, Dünengras und exklusiven Urlaub. Bei mehr als 60.000 Betten, jährlich weit über 100.000 Touristen und knapp 10 Millionen Übernachtungen, gibt es hier aber auch jede Menge zu tun. Vor allem für das Handwerk. Deshalb gilt: Wer auf den Inseln ein Grundstück besitzt, ist heute gut dran. Wer auf den Inseln eine Handwerksausbildung absolviert, wird morgen gut dran sein.

Um es gleich vorwegzunehmen: Wer eine handwerkliche Ausbildung auf einer nordfriesischen Insel anstrebt, der sollte dort möglichst auch seinen Lebensmittelpunkt haben, also dort auch wohnen … zumindest wochentags! Drei bis vier Jahre tägliche Pendelei vom Festland auf die Insel – das halten selbst die stärksten Handwerkerinnen und Handwerker nicht durch. Aus diesem Grund rekrutieren die Ausbildungsbetriebe auf Sylt, Föhr und Amrum ihren Nachwuchs vor allem aus den inseleigenen Schulabgängern. 2016 wurden dort insgesamt 73 neue Ausbildungsverträge unterschrieben: 41 auf Sylt, 28 auf Föhr und 4 auf Amrum.

Schnell Integriert und gut betreut

Marvin Rehberg

Marvin macht eine duale Ausbildung auf Amrum

Einer der vier Amrumer Azubis im ersten Lehrjahr heißt Marvin Rehberg. Der 18-Jährige absolviert zurzeit eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker bei der Arfst Bohn GmbH in Wittdün. „Bei uns auf Amrum geht alles etwas familiärer zu“, erzählt der gebürtige Insulaner. „Man kennt sich hier persönlich und erfährt vieles über Mund-zu-Mund-Propaganda. Mein Chef hatte mich, weil er meinen Vater kannte, irgendwann mal angesprochen und gefragt, ob ich nicht Interesse an einer Ausbildung hätte. Ich hab dann ein zweiwöchiges Praktikum gemacht und das hat mir super gefallen. Ich hatte auch die Möglichkeit, in Flensburg zu lernen, hab mich aber für Amrum entschieden. Hier kenn ich mich aus, war nach kurzer Zeit sehr gut im Team integriert, hab kurze Wege, kann bei meinen Eltern wohnen und fast jeden Tag surfen! Hatalso nur Vorteile! Außer, dass wir zur Berufsschule nicht pendeln können. Da haben es die Sylter und Föhrer besser. Von Sylt fährt halbstündlich der Sylt-Shuttle nach Niebüll, von Föhr dauert die Fährüberfahrt 50 Minuten, aber von Amrum aus zwei Stunden. Dann würde ich immer zu spät zum Unterricht erscheinen. Deshalb übernachte ich ein- bis zweimal in Niebüll in einem günstigen Zimmer. Für jede Übernachtung erhalte ich allerdings 10,40 EUR Zuschuss von der Schule und als Schüler bekomme ich auch ein vergünstigtes Fährticket. Ist ja nicht für immer!“

Azubi Marvin auf Amrum

Erst Handwerk, dann Hobby – auf Amrum steigt Marvin nach Feierabend auf ́s Surfboard

Marvins Meister ist Thomas Oelers. Er ist zufrieden mit seinem Lehrling und betont die guten Zukunftschancen für Azubis auf den Inseln. „Dadurch, dass man sich auf der Insel kennt, ist alles lockerer und die Betreuung der Azubis intensiver. Nach der Ausbildung ist das persönliche Netzwerk oft ein Vorteil. Man kann hier eine gute Karriere machen und manchmal mehr verdienen als auf dem Festland, wo manche in der Masse untergehen!“

Jedes Jahr werben insgesamt 64 handwerkliche Ausbildungsbetriebe auf Sylt um Azubis, weitere 38 auf Föhr und 6 auf Amrum. Das Wohn- und Mobilitätsproblem stellt für die Azubis dabei die größte Hürde dar. Für den Sylter Großbäcker Thomas Raffelhüschen ist klar: „Unsere Bäcker-Azubis müssen auf Sylt wohnen, denn für Auszubildende beginnt der Arbeitstag, je nach Alter, zwischen 4 und 5 Uhr morgens. Da fährt noch kein Sylt-Shuttle vom Festland. Wir sind deshalb bei der Wohnungssuche behilflich und halten auch Personalwohnungen für unsere Mitarbeiter vor. Aber besser und auch günstiger ist es natürlich, wenn die Eltern hier ihren ersten Wohnsitz haben.“

Niels Andresen (27) hat sich für‘s Pendeln entschieden. Er lernt im dritten Lehrjahr Anlagenmechaniker und fährt täglich vom Festland mit dem Sylt-Shuttle zu seinem Ausbildungsbetrieb nach Westerland: „Pro Strecke brauche ich 1 Stunde. Ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt. Mir war es wichtig, zuhause zu wohnen. Nur in meiner Umgebung kann ich nach Feierabend richtig entspannen.“CMYK_HANDS_UP_Thema_Sylt_Genzken_3-Kopie

Azubi Niels Andresen

Niels macht eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker und pendelt nach Sylt

 

Vom Rasenmäher zum Fischkutter

Guido Wissel sieht für Azubis auf den Inseln eine besondere Chance, viel zu lernen. Als Obermeister der Metallgewerke-Innung der Inseln Föhr und Amrum kennt er die speziellen Anforderungen an die Inselbetriebe. „Viele Gewerke sind hier mit Arbeiten an Hotels und Ferienwohnungen komplett ausgelastet, zumal solche Immobilien oft zwei- bis drei- mal soviel Sanitärinstalationen benötigen. Urlauber neigen besonders zur Ungeduld. Reparaturen müssen dann möglichst sofort ausgeführt werden. Das ist besonders während der Saison ereignisreich, bedeutet aber für die Azubis auch viele Einblicke in ganz unterschiedliche Themenbereiche.“

Als Inhaber eines landtechnischen Betriebs auf Pellworm wünscht sich Sönke Petersen Auszubildende, die Spaß an Land- und Baumaschinenmechatronik haben und vor allem die Abwechslung lieben. „Bei uns auf Pellworm bauen, installieren und reparieren wir jede Art von Maschinen, denn es gibt ja nicht an jeder Ecke einen Spezialbetrieb. Da geht’s morgens um einen Rasenmäher, mittags um eine Landmaschine und nachmittags um einen Fischkutter. Unsere Aufträge bieten jede Menge Abwechslung. Langeweile kommt da nicht auf.“

Marvin hat schon in den ersten fünf Monaten seiner Ausbildung ziemlich viel erlebt. „Am spannendsten ist gerade die Sanierung eines großen Hotels. Wir bauen dort 22 neue Bäder ein. Das ist eine megacoole Baustelle und da lernt man unglaublich viel.“ Nach Feierabend fährt Marvin gern zu seinem Lieblingsspot an den Süddorfer Strand und reitet dort die Wellen ab. „Ich surfe eigentlich immer, es sei denn, die Nordsee ist kälter als 6 Grad!“ Alle anderen Wassertemperaturen wird Marvin nach der Ausbildung zum Anlagenmechaniker selbst regeln können!

TEXT Christian Dorbandt
FOTOS Marvin Reberg, Eric Genzken