Zu Besuch auf der 26. Berufsinformationsbörse (BIB) in Rendsburg
Etwa 80 Vertreterinnen und Vertreter aus Handwerk, Industrie und Handel hatten am 15. und 16. Oktober ihre Messestände in der Nordmarkhalle aufgebaut, als es hieß: Der Unternehmensverband Mittelholstein lädt zur Berufsinformationsbörse in Rendsburg ein. Die Messe BIB wurde erneut, wie bereits im letzten Jahr, für zwei Tage geplant und engagiert durchgeführt. Rund 80 Schulklassen mit insgesamt 1700 Schülerinnen und Schülern wurden erwartet. Diese kamen, um sich zu informieren, zu orientieren und die Unternehmen der Region kennenzulernen.
Auch wir von ME2BE waren vor Ort und hatten diesmal die BIB-Edition „unterwegs“, den Tourguide zur Rendsburger Berufsinformationsmesse, im Gepäck. Mit interessanten Interviews mit den Machern der Messe vom Unternehmensverband Mittelholstein. Mit spannenden Unternehmenssteckbriefen, Informationen für Eltern, wie beispielsweise einer allgemeinen Gebrauchsanweisung für den Besuch von Berufsorientierungsmessen sowie guten Tipps für Schülerinnen und Schüler: zum Beispiel der Hinweis auf das Portal DIGI:BO, digitale Berufsorientierung für den Unterricht und für zu Hause. Weiterhin kommt auch Bürgermeisterin Janet Sönnichsen zu Wort, sie lädt zur aktiven Gestaltung der Stadt ein.
Let’s do it! Berufsorientierung leicht gemacht
Apropos Gestaltung. Wir von ME2BE freuen uns, auch in diesem Jahr wieder Teil dieser wichtigen Veranstaltung zu sein. Der Übergang von der Schule in den Beruf zählt zweifellos zu den aufregendsten Phasen des Lebens. Die Frage „Ausbildung oder Beruf?“ beschäftigt viele junge Menschen, ebenso wie die Entscheidung „Hierbleiben oder Aufbrechen?“ Solche wichtigen Entscheidungen lassen sich nur auf Basis fundierter Informationen treffen – und genau die bietet die BIB in Rendsburg. An unserem Messestand treffen wir viele bekannte Gesichter aus der lokalen Unternehmerschaft, BO- und Ausbildungsbeauftragte, aber auch interessierte Lehrerinnen und Lehrer. Sowie Schülerinnen und Schüler und last but not least – fürsorgliche Eltern. Sie alle nehmen die angebotenen Print-Medien zur Berufsorientierung dankbar in Empfang. Der Hinweis auf die Informations-Plattform DIGI:BO zur digitalen Berufsorientierung wird ebenfalls mit Interesse aufgegriffen.
Welche Branchen waren vertreten?
Wie jedes Jahr bietet die BIB eine Mischung aus altbewährten Ausstellern und neuen Gesichtern. Beispielsweise die Firma BÄKO, die sich als neuer und sehr spannender Anbieter aus dem Lebensmittelbereich präsentiert. Das Beste an der BIB sei jedoch, so Judith Hempe vom Unternehmensverband Mittelholstein und Mitorganisatorin der BIB: „Alle Ausbildungsangebote werden genau hier in unserer Region angeboten.“ Besonders stark vertreten auf der BIB ist entsprechend das Handwerk und hier insbesondere die „grünen Berufe“ wie beispielsweise Gartenbaubetriebe. Die Landwirtschaftskammer präsentiert sich mit „Weißen-Kragen“-Berufen, Seite an Seite mit Mechaniker-Berufen im Blaumann, und die Schornsteinfeger sind in ihrer traditionellen schwarzen Berufskleidung vertreten. Häufig sind an den Ständen als Ansprechpartner junge Leute im Einsatz, die beispielsweise nur ein oder zwei Jahre älter sind als die messebesuchenden Schülerinnen und Schüler. Oder man kann sogar direkt mit einem erfahrenen Berufsträger oder Ausbildungsleiter sprechen. Ein bisschen schnacken, Hürden abbauen, ins Gespräch kommen – dieses Konzept kommt einfach an!
Traditionelles Handwerk – Schornsteinfeger Innung Flensburg
Beispielsweise bei Thomas Görs, er ist Schornsteinfegermeister aus Jevenstedt und in diesem Jahr zum ersten mal auf der BIB in Rendsburg vertreten. Er stehe den jungen Menschen gerne Rede und Antwort, sagt er. Und ihm ist aufgefallen, dass sich mehrheitlich Mädchen an den Stand der Schornsteinfeger wagen. Der Beruf sei durchaus auch etwas für Frauen, sagt er. Schwer tragen müsse man nicht. Eine gewisse körperliche Fitness sei aber schon Voraussetzung. Ansonsten reicht ein guter Erster Allgemeiner Schulabschluss (ESA), der sei ihm auch lieber als ein gerade mal ausreichend bestandener Mittlerer Schulabschluss (MSA), verrät Thomas Görs.
Er und seine Kollegen treten in vollem Ornat mit Zylinder, Kehrbesteck und in schwarzer Zunftkleidung mit goldenen Knöpfen auf, Selfies mit Schornsteinfeger sind ausdrücklich erlaubt. Wer will, kann gerne auch selbst mal den Zylinder aufsetzen und sich den Kehrbesen für ein Foto umhängen. Soll ja auch Glück bringen, einen Schornsteinfeger zu treffen, sagt man. Görs weiß seine jungen Messe-Besucherinnen und -Besucher auch mit Döntjes zu unterhalten: Warum tragen Schornsteinfeger Zylinder und goldene Knöpfe? Antwort: Weil ein Kaminkehrer aus Frankreich einst einen Anschlag auf Ludwig XIV. vereitelt haben soll. Der Schlotfeger oder auch „schwarze Mann“ habe – in der Esse hockend – belauscht, was die Attentäter vorhatten. Der Sonnenkönig wurde gerettet und hat den braven Mann zum Dank belohnt. Seitdem dürfen Schornsteinfegerinnen und -feger als einzige zünftige Handwerker Zylinder und goldene Knöpfe tragen. Insignien, die eigentlich ausschließlich dem Adelsstand vorbehalten waren. Ob das alles so stimmt? So wird es jedenfalls traditionell überliefert, erzählt Thomas Görs. Mit völlig unbewegter und bierernster Miene. Eine schöne Geschichte, immerhin.
Hochmoderne Technologie – ACO GmbH aus Büdelsdorf
Ein paar Gänge weiter geht es ganz anders zu. Hier hat Zukunftstechnologie das Sagen. Wer in der Region lebt, hat den Namen dieses Unternehmens sicher schon einmal gehört: ACO ist ein weltweit agierendes Familienunternehmen, das zu den Weltmarktführern im Water-Tech-Segment gehört. Auf deutsch: Egal, ob in den kaufmännischen oder in den produzierenden Abteilungen – jeder, der bei ACO anfängt, leistet einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag, nämlich das Wasser vor den Menschen und die Menschheit vor dem Wasser zu schützen.
Rinnen, Kanalguss- und Entwässerungssysteme, Schachtabdeckungen und Fettabscheider sind Begriffe, mit denen man umgehen muss, wenn man sich für einen Ausbildungsplatz im Headquarter Büdelsdorf entscheidet. Welche Ausbildungen ACO anbietet, wollen wir von Emma (24) wissen, die seit Anfang des Jahres in der Personalabteilung arbeitet. Um diese Frage zu beantworten, muss Emma fast schon Anlauf nehmen, denn die Liste der kaufmännischen und gewerblichen Berufe ist lang. „Aktuell haben wir 11 Ausbildungsberufe anzubieten“, sagt die sympathische Personalerin. Sie kümmert sich um sämtliche Belange von Personalfragen, vom Recruiting bis zur Ausbildungsbetreuung, über die kompletten zweieinhalb bis dreieinhalb Jahre, in denen junge Menschen mit ihrer Ausbildung befasst sind.
Im kaufmännischen Bereich können Industriekaufleute, aber auch Kaufleute für Marketingkommunikation oder Patentanwaltsfachangestellte eine Ausbildung absolvieren. Im gewerblichen Bereich ist von A wie Anlagentechnik bis Z wie Zerspanungsmechaniker alles dabei. Eine Ausbildung zum Kunststoff- und Kautschuktechnologen ist ebenso möglich wie zum Fachinformatiker für Anwendungstechnik oder Systemintegration. „Wir bilden auch Berufe aus, die man nicht auf den ersten Blick mit ACO in Verbindung bringen würde, wie beispielsweise Köche und Hauswirtschafter“, verrät Emma. „Bei ACO ist eigentlich für jede Begabung etwas dabei“. Das Ziel der Messepräsenz sei, erzählt die Personalerin, kontinuierlich Touch-Points für Schülerinnen und Schüler zu schaffen. „Die kommen in der 7. Klasse vielleicht zum ersten Mal zu uns an den Messestand. Bei den meisten geht es in dem Alter zunächst darum, überhaupt zu verstehen, wie das Arbeitsleben funktioniert. Und was man in bestimmten Berufen macht. Die kommen dann im nächsten Jahr wieder, weil sie eine gute Erfahrung mit uns gemacht haben. Und dann reden wir irgendwann über ein Praktikum. Das klappt eigentlich sehr gut. So erreichen wir bei ACO unseren Nachwuchs von der Graswurzel an. Diese Grundlagenarbeit machen wir sehr gerne.“
Doch lieber Leben retten? Rettungsdienst Kooperation in Schleswig-Holstein (RKISH)
Ein ganz anderes Berufsfeld können Schülerinnen und Schüler am Stand der Rettungsdienst Kooperation in Schleswig-Holstein (RKISH) erleben. Jenna (22) gibt gerne Auskunft, wie sich ihr Start ins Berufsleben angefühlt hat. Die junge Frau hat ihre dreijährige Ausbildung ganz frisch beendet und arbeitet jetzt im Team Medizintechnik am Verwaltungsstandort in Heide. „Ich weiß noch sehr gut, wie ich nach der 10. Klasse mit meinem MSA in der Tasche da stand und nicht genau wusste, was ich machen soll. Ich kann die Situation von Schülerinnen und Schülern sehr gut nachvollziehen.“ Beim RKISH kann man drei Ausbildungen beginnen: zum einen in der Verwaltung als Bürokauffrau. Da durchläuft man unter anderem auch die Abteilung PR und Öffentlichkeitsarbeit und darf dann auf der BIB Werbung für die tollen Berufe und den Ausbildungsstandort de RKISH machen, plaudert die junge Frau begeistert aus. Es bereitet ihr große Freude, Jugendlichen das Rettungswesen schmackhaft zu machen.
Wer nicht in der Verwaltung arbeiten möchte, sondern direkt am Menschen, der hat zwei Möglichkeiten, erklärt Jenna. Zum einen kann man eine Qualifikation als Rettungssanitäter erwerben. Die dauert etwa sechs Monate und danach kann man sogenannte „kleine“ Krankentransportwagen fahren, das heißt, man hat weniger Verantwortung als ein Notfallsanitäter und fährt beispielsweise Patienten von der Klinik in die anschließende Reha-Behandlung. Um den Beruf des höher qualifizierten Notfallsanitäters zu erlernen, ist eine klassische dreijährige Berufsausbildung vorgesehen. Diese besteht aus drei Modulen: Krankenhaus, Schule und Dienst auf der Rettungswache. Inklusive Einsatz mit Blaulicht und Martinshorn als vollwertige Kraft, als zweiter oder dritter Mann (oder Frau) schon nach anderthalb Jahren der Ausbildungszeit.
Und wieder was gelernt – SDT Schiffsdieseltechnik Kiel
Der nächste Aussteller, den wir besuchen, sucht Auszubildende im Sondermaschinenbau. Die Berufe klingen erstmal nicht sonderlich exotisch – Mechaniker, Techniker, Elektroniker, Bürokaufleute, das kennt man ja. Aber verstehen Messebesucher, und zwar Jugendliche wie Erwachsene, was genau Ihr Unternehmen macht?, fragen wir Matthias Carstensen. Er ist seit 17 Jahren bei der SDT Kiel im Bereich Projektmanagement und Konstruktion angestellt und betreut fast ebenso lange den Bereich gewerbliche Ausbildung in seinem Unternehmen, gemeinsam mit seinem Kollegen Thomas Schwarke, der für den kaufmännischen Bereich zuständig ist. „Nein“, antwortet der 47-jährige mit entwaffnender Ehrlichkeit. „Daran müssen wir wohl noch ein bisschen arbeiten.“
Zur Erklärung: Jedes Schiff, jede Yacht und jede Offshore-Plattform hat ganz spezielle Anforderungen. Das gilt insbesondere für die Aggregate, die den Antrieb und die Energieversorgung sicherstellen. SDT Kiel baut die Anlagen für den jeweiligen speziellen Einsatzzweck und begleitet den gesamten Prozess von der ersten Ideenskizze bis hin zur Inbetriebnahme. Mit einem Wort: die Arbeit an sich ist vielleicht nicht so speziell, das Produkt jedoch schon. Und wie ließe sich das besser vermitteln als anhand eines Modells zum Anfassen? Das funktioniere ganz gut, erzählt Carstensen. Mit Händen und Füßen könne man auf diese Weise zumindest ungefähr begreiflich machen, was der eigentliche Gegenstand und Unternehmenszweck der SDT Schiffsdieseltechnik Kiel ist. Das Unternehmen betreut von Rendsburg und den Niederlassungen auf Helgoland, in Wilhelmshaven und Stralsund weltweit über 5.000 Motoren, Getriebe und Aggregate.
Carstensen überlegt schon heute, wie er seinen Messeauftritt verändern muss, um von den zum Teil ja noch sehr jungen Schülerinnen und Schülern besser verstanden zu werden. Für ihn ist es erst das zweite Jahr, in dem er für sein Unternehmen auf der BIB Werbung für die Mitarbeit in seinem Unternehmen macht. Eins hat Matthias Carstensen aufgrund seiner Erfahrungen schon mitgenommen: „Wir müssen noch mehr zum Anfassen anregen. Das abstrakte Verständnis für Konstruktion haben die meisten Jugendlichen ja noch gar nicht.“
Einblick in ein langes Arbeitsleben – Ditting Bau in Rendsburg seit 1879
Was es heißt, für ein großes Bauunternehmen zu arbeiten, das bereits in fünfter Generation in Familienhand liegt und alle Höhen und Tiefen des Baugeschäfts samt Wirtschaftskrisen, Kriegen und gesellschaftlichen Transformationen seit 1879 durchlebt hat, kann Thorsten Hansen erzählen. Er ist gelernter Zimmermann, Vorsitzender im Betriebsrat und selbst seit 36 Jahren im Unternehmen. Gemeinsam mit Andreas Todt, Polier im Hochbau und stellvertretender Ausbildungsleiter für die Auszubildenden im gewerblichen Bereich, steht Hansen auf der Berufsinformationsbörse BIB interessierten Besucherinnen und Besuchern für Auskünfte zur Verfügung.
Denn auch das ist ein Aspekt des Arbeitslebens, über das sich junge Menschen informieren möchten: Wie funktioniert Gremienarbeit im Unternehmen? Wie unterstützt der Betriebsrat Auszubildende? Welches Erfahrungswissen kann er als alter Hase den angehenden Baufachleuten mitgeben? Wie gelingt der Generationswechsel? Hansen glaubt an die Zukunft: „Wir bilden Industriekaufleute, Stahlbetonbauer, Landmaschinenmechatroniker sowie Maurerinnen und Maurer aus.“ – „Weibliche Maurer? Gibt’s die wirklich?!“, fragen wir erstaunt. Und die beiden Männer nicken: „Doch, die gibt’s!“ Denn die Welt hat sich in den vergangenen 145 Jahren verändert. Frauen auf der Baustelle sind normal. Die Verzahnung von Handwerk und Studium im Bauwesen auch. Daher erübrigt sich fast die Frage, ob man bei Ditting auch studieren kann. Man kann: StudiLe, das Studium mit integrierter Lehre im Bauwesen sowie das duale Bachelorstudium Engineering.
Zwei aufregende Tage gehen zu Ende
Die BIB in Rendsburg war ein voller Erfolg und bot sowohl Schulen als auch der Öffentlichkeit eine Gelegenheit, die Vielfalt der regionalen Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten zu erkunden. Die Messe war somit nicht nur eine Informationsquelle, sondern auch ein kommunikativer Treffpunkt für den Austausch zwischen Bildungseinrichtungen, Unternehmen und den zukünftigen Fachkräften der Region.
Wir sind im nächsten Jahr gerne wieder mit dabei!
Euer ME2BE-Messeteam
TEXT Natascha Pösel
FOTO ME2BE