Ausbildung in Nordfriesland: Wir brauchen jeden von euch!

Ausbildung in Nordfriesland: Wir brauchen jeden von euch!

Die Kreishandwerkerschaften Nordfriesland stellen sich vor

„Ehrbarkeit, Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit.“ Mit der traditionellen Handwerksformel schreiben sich jedes Jahr hunderte Azubis ins nordfriesische Handwerk ein und werden nach zweieinhalb bis dreieinhalb Jahren als Gesellen freigesprochen. 16 Gewerke, 28 Innungen, rund 700 Innungsfachbetriebe, davon knapp 350 Ausbildungsbetriebe … der Kreis Nordfriesland hat mehr Ausbildungsplätze als jeder andere Kreis Schleswig-Holsteins! ME2BE trifft zwei, die sich im regionalen Handwerk gut auskennen: die Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaften Nord und Süd, Stephan Tack und Lutz Martensen.

Moin, die Herren. Wie steht es denn um die Handwerksausbildung in Nordfriesland? Gibt es genügend Ausbildungsbetriebe und Lehrstellen?
Tack: In Südtondern und auf den Inseln Sylt, Föhr und Amrum gibt es eine gute, stabile Auftragslage und ausreichend Lehrstellen in allen Gewerken. Im letzten Jahr konnten leider nicht alle Ausbildungsplätze besetzt werden. Da wünschen wir uns dringend mehr Nachwuchs. Besonders betroffen ist das Lebensmittelhandwerk. Wer sich für eine Lehre im Bäckerei- oder Fleischerhandwerk interessiert, hat beste Chancen auf eine Lehrstelle und anschließend auf einen sicheren Arbeitsplatz!

Martensen: Im südlichen Raum, in Husum und der Halbinsel Eiderstedt, ist die Situation ähnlich. Am stärksten steht die Baubranche da. Dementsprechend viele Ausbildungsplätze bietet sie auch an, vom Maurer und Zimmerer, Hoch- und Tiefbaufacharbeiter, bis hin zum Straßen-, Kanal- oder Rohrleitungsbauer.

Das Handwerk tritt als familiäre Berufsgruppe auf. Ist das heute noch so?
Martensen: Auf jeden Fall! Das Handwerk versteht sich als große Familie und hält die Handwerkstradition hoch. Handwerker haben sich schon immer in Zünften und Innungen organisiert, um gemeinsame Ziele zu verfolgen und sich gegenseitig und somit auch die Region zu stärken. Außerdem sind Handwerker absolute Teamplayer. Allein geht gar nichts, im funktionierenden Team hingegen alles! Gemeinschaft liegt uns sozusagen im Blut.

Tack: Man kann es auch auf jeder Baustelle beobachten: Dort arbeiten weibliche und männliche Handwerker aus verschiedenen Gewerken buchstäblich Hand in Hand. Nach den Maurern kommen Elektroniker und legen Steckdosen, Estrichleger bereiten den Untergrund vor, Zimmerer bauen den Dachstuhl, Tischler, Maler- und Lackierer übernehmen den Innenausbau usw. Diese starken Verbindungen gibt es nur im Handwerk. Deshalb auch der Slogan: Handwerk – die Wirtschaftsmacht von nebenan.

„Das Handwerk versteht sich als große Familie und hält die Handwerkstradition hoch.“

Für wen ist eine Handwerksausbildung geeignet? Was müssen Schülerinnen und Schüler mitbringen?
Tack: Eine Stärke des Handwerks ist die Tatsache, dass Schulabgänger mit allen Abschlüssen und sogar ohne Schulabschluss Chancen auf eine gute berufliche Karriere haben. Deshalb spricht das Handwerk grundsätzlich alle Schülerinnen und Schüler an, aber auch Absolventen von Hochschulen oder Studienabbrecher. Das berühmte ‚handwerkliche Geschick’ müssen Bewerberinnen und Bewerber mitbringen, alles andere lernen sie in der Ausbildung. Martensen: Tatsächlich bietet das Handwerk für alle Jugendlichen eine Chance. Empfehlenswert ist, den gewünschten Ausbildungsberuf in einem Praktikum vorher kennenzulernen. Alle Ausbildungsbetriebe bieten jederzeit Praktikumsplätze an. Meist können Schülerinnen und Schüler, aber auch Betriebe, dann schon nach wenigen Tagen erkennen, ob ausreichend Talent und Motivation vorhanden sind. Denn darum geht es vor allen Dingen: Lust zu haben auf das Handwerk! Handwerk soll Spaß machen. Das ist eigentlich die wichtigste Voraussetzung!

Welche Zukunftsperspektiven gibt es für Handwerkerinnen und Handwerker?
Martensen: Unser Handwerk ist modern aufgestellt und auf die Zukunft ausgerichtet. Eine abgeschlossene Handwerkslehre gilt noch immer als tolles Fundament, um überall Fuß zu fassen. Parallel zur dualen Ausbildung können an der Berufsschule weitere Schulabschlüsse gemacht werden. Und mit dem Gesellenbrief ist die berufliche Bildung noch lange nicht abgeschlossen. Es gibt hervorragende Weiterbildungsmöglichkeiten. Klassisch sind die Fachausbildungen zum Techniker und der Besuch der Meisterschule. Die können Gesellen mittlerweile direkt nach der Lehre besuchen …

Tack: … und mit dem Meistertitel verlassen, der wiederum eine Hochschulberechtigung darstellt. Handwerksmeisterinnen und Meister sind also automatisch hochschulberechtigt und dürfen studieren, zum Beispiel BWL, Architektur oder Bauingenieurwesen.

Welchen Wunsch haben Sie für die Zukunft?
Tack: Ich wünsche mir, dass Schülerinnen und Schüler rechtzeitig die Weichen für Ihre beru iche Zukunft stellen und die tollen Chancen erkennen, die unser Handwerk bietet.

Martensen: Erneuerbare Energien, Land- und Bau- wirtschaft, Tourismus – Nordfriesland ist hervorragend aufgestellt. Unsere Betriebe bieten jedem Azubi, eine tolle, berufliche Karriere zu starten! Kommt ins Handwerk und bringt eure Talente und Ideen mit ein. Wir brauchen jeden von euch!

TEXT Christian Dorbandt
FOTO Moritz Wellmann