Tag für Tag ein kritisches Publikum, viel Verantwortung und die Gewissheit, dass wirklich jeder seine eigene Meinung zum Beruf des Lehrers hat: Wer sich also für ein Lehramtsstudium entscheidet, sollte von der Wahl überzeugt sein und wissen, worauf es während der Zeit an der Uni und später im Schuldienst ankommt. Welche Fächerkombinationen möglich sind, ob die Ferien wirklich ausschließlich der Entspannung dienen und was es mit dem schulpraktischen Vorbereitungsdienst auf sich hat, erzählen wir hier.
Vermutlich gibt es Diskussionen über den Lehrerberuf, seit vor 100 Jahren die Schulpflicht flächendeckend eingeführt wurde. Wer was studieren und anschließend lehren sollte, hängt allerdings ganz von persönlichen Fähigkeiten, Neigungen und Interessen ab. Aus einer Physikerin mit einem leidenschaftlichen Forschungsinteresse wird zum Beispiel auch die beste Hochschule keine motivierte Pädagogin machen können. Wer also den Wunsch hat, ‚auf Lehramt’ zu studieren, sollte sich daher selbst gut einschätzen können und seine Stärken und Schwächen ehrlich analysieren. Die deutsche Studienlandschaft bietet in Sachen Lehramt eine Vielzahl an Kombinationsmöglichkeiten. Es beginnt bei der Frage nach der Fächerkombination und reicht bis zur Entscheidung für eine Schulart.
Wer also den Wunsch hat, ‚auf Lehramt’ zu studieren, sollte sich daher selbst gut einschätzen können und seine Stärken und Schwächen ehrlich analysieren.
Föderalismus sorgt für große Unterschiede
Bevor sich die künftigen Studierenden jedoch mit den Details befassen, sollten sie eine Besonderheit berücksichtigen: In der deutschen Bildungslandschaft wimmelt es von unterschiedlichen rechtlichen Bestimmungen. Durch das Prinzip des Föderalismus haben die einzelnen Bundesländer in der Bildungspolitik das Sagen. Die Folge: Von Studieninhalten über die Bezeichnung der Schulfächer und den Voraussetzungen zur Verbeamtung bis hin zur Dauer der Schulzeit bestehen zum Teil erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern.
Bei allen Unterschieden in der Lehrerausbildung zwischen Flensburg und München gibt es jedoch auch wichtige Gemeinsamkeiten. In der Regel entscheiden sich angehende Lehrerinnen und Lehrer für zwei Fächer und die Schulform, an der sie später unterrichten wollen. Für manche Fächer – etwa Sport – sind Eignungstests vorgesehen. Außerdem sind in manchen Bundesländern bestimmte Fächerkombinationen ausgeschlossen. In Schleswig-Holstein ist es etwa die Verbindung der Fächer Philosophie und Griechisch.
An der Hochschule werden die fachlichen Grundlagen gelegt
Auch die Frage nach der späteren Schulart sollte wohl überlegt sein. Schließlich hängen davon sowohl der Studienort und als auch der künftige Einsatzbereich ab. Die Entscheidung für das Grundschul- und Gemeinschaftsschullehramt, das Lehramt an Gymnasien, das Lehramt Sonderpädagogik oder das Lehramt an berufsbildenden Schulen bedingt, welche Hochschule jeweils in Betracht kommt. Nicht alle Hochschulen bieten eine Ausbildung für alle Schulformen an. Besonders für die Fächer Kunst und Musik gelten häufig besondere Bestimmungen. Der Aufbau des Lehramtsstudiums ist in zwei große Bereiche gegliedert. Mit der Immatrikulation an einer Hochschule beginnt der wissenschaftliche Teil der Ausbildung.
Je höher der formelle Abschluss der Schüler später ist, desto größer sind die fachwissenschaftlichen Studienanteile
Die angehenden Lehrerinnen und Lehrer absolvieren in der Regel in sechs Semestern ihren Bachelor of Art in Bildungswissenschaften (B.A.) und studieren anschließend weitere vier Semester bis zum Master of Education (M.Ed.). Im Studium werden ihnen die fachwissenschaftlichen Inhalte vermittelt, außerdem die Grundlagen der Erziehungswissenschaft und Didaktik. Die Schwerpunkte unterscheiden sich je nach Studiengang. Grob gesagt: Je höher der formelle Abschluss der Schüler später ist, desto größer sind die fachwissenschaftlichen Studienanteile. Studierende im Lehramt an Gymnasien erhalten also eine intensivere fachwissenschaftliche Ausbildung; angehende Sonderpädagogen und Grundschullehrer erwerben hingegen einen höheren Anteil pädagogischer Kenntnisse. Auch die durchschnittliche Dauer des Studiums korrespondiert oft mit der späteren Schulart. Einen ersten Einblick in den Schulalltag erhalten wiederum alle Studierenden. Praktika in der frühen Phase des Studiums sind beinahe überall verpflichtend, manche Universitäten setzen sie bereits sogar voraus. Am Ende des wissenschaftlichen Teils der Ausbildung steht die Masterarbeit.
Wer den universitären Teil erfolgreich absolviert hat, kann die zweite Phase des Lehramtsstudiums beginnen: den schulpraktischen Teil, auch Vorbereitungsdienst für Lehrkräfte oder Referendariat genannt. In 18 Monaten sollen den Lehrerinnen und Lehrern in Ausbildung – ab diesem Zeitpunkt Beamte auf Widerruf – auf den späteren Alltag vorbereitet werden. Dieser Abschnitt des Lehramtsstudiums gliedert sich in zwei Teile: die Ausbildung an der Schule und die Ausbildung am Studienseminar.
Rund zehn Stunden pro Woche unterrichten die Nachwuchslehrkräfte eigenverantwortlich.
Im Vorbereitungsdienst wartet der Alltag mit Schülern, Eltern und Kollegen
Für die meisten angehenden Lehrer ist dieser Teil – nach dem Praktikum – der erste intensive Kontakt mit der Schulwirklichkeit – und der hat es zumeist in sich. Rund zehn Stunden pro Woche unterrichten die Nachwuchslehrkräfte eigenverantwortlich. Dazu kommen die Organisation von außerschulischen Aktivitäten sowie Gespräche mit Kooperationspartnern und Eltern. Beratung erhalten sie in dieser Zeit von besonders qualifizierten Ausbildungslehrerinnen und –lehrern. Von vielen Lehrenden in Ausbildung wird der schulpraktische Teil als anstrengend empfunden, weil die Vor- und Nachbereitung viel Zeit in Anspruch nimmt.
Auch die Besoldung ist immer wieder Ziel von Kritik. Die Beamten auf Widerruf verdienen etwa in Schleswig-Holstein zwischen 1.231 und 1.467 Euro monatlich. Der zweite Teil des Vorbereitungsdienstes wird an Studienseminaren wie dem Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) in Kiel durchgeführt. Hier kommen die Nachwuchslehrenden regelmäßig zusammen, um ihre Erfahrungen im Unterricht zu reflektieren und ihre fachlichen, didaktischen und pädagogischen Kompetenzen zu vertiefen. Am Ende der schulpraktischen Ausbildung wartet dann die Staatsprüfung, die in allen Bundesländern Voraussetzung für eine dauerhafte Einstellung in den Schuldienst ist.
Wer das Rüstzeug für den Lehrerberuf mitbringt, kann jedoch nach der Verbeamtung von einem sicheren Arbeitsplatz mit guter Bezahlung profitieren.
Über Stundenpläne hinaus
Um als Lehrer oder Lehrerin ein erfolgreiches und erfülltes Berufsleben zu führen, gehört jedoch noch mehr, als ein Lehramtsstudium vermittelt. Wer seinen Mitmenschen gerne Sachverhalte erklärt, dabei geduldig sein kann und einen guten Draht zu Kindern und Jugendlichen hat, besitzt sicherlich wichtige Voraussetzungen für den Lehrberuf. Doch auch die Fähigkeit zu regelmäßiger Selbstreflexion und ein solides Maß an Kritikfähigkeit sollten angehende Lehrerinnen und Lehrer mitbringen – schließlich warten auf sie nicht nur motivierte Schüler und zufriedene Eltern. Auch das hartnäckige Gerücht, dass Lehrer wenig arbeiten würden, ist mittlerweile widerlegt. Eine Studie der Georg-August-Universität in Göttingen, die von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Max-Traeger-Stiftung in Auftrag gegeben wurde, ermittelte eine durchschnittliche Arbeitszeit von über 48 Wochenstunden – oft verteilt auf sieben Tage. Ferien können Lehrerinnen und Lehrer nur selten gänzlich zur Entspannung nutzen, denn Klassenarbeiten müssen korrigiert und Unterrichtseinheiten vorbereitet werden.
Wer das Rüstzeug für den Lehrerberuf mitbringt, kann jedoch nach der Verbeamtung von einem sicheren Arbeitsplatz mit guter Bezahlung profitieren – und der Gewissheit, jungen Menschen wegweisend zur Seite zu stehen.
TEXT Lutz Timm
ILLUSTRATION Raphaelle Martin