Lübecker Start-up-Unternehmen Gestigon begeistert mit berührungsloser Steuerung

Lübecker Start-up-Unternehmen Gestigon begeistert mit berührungsloser Steuerung

Eine intuitive Steuerung mit Wischgesten im Raum wie im Hollywood-Film „Minority Report“ ist damit schon heute Realität. Selbst Angela Merkel und Barack Obama hatten sichtlich Spaß mit der revolutionären Gestensteuerung aus Lübeck: Beim Besuch der Hannover-Messe in diesem Jahr gaben sich die beiden Regierungschefs die Hand – virtuell in 3D. Ein Stück Science-Fiction ist im Spiel bei der berührungslosen Steuerung von elektronischen Geräten allein durch Gesten. Das junge Start-up-Unternehmen Gestigon hat hier die Nase ganz vorn.

Im Lübecker Büro von Gestigon-Mitgründer Sascha Klement stapeln sich die Zeitungen aus vielen Ländern, in denen der publikumswirksame Auftritt mit Merkel und Obama verewigt ist. Selbst in den ARD-„Tagesthemen“ blickte die Kanzlerin durch das markante schwarze Gehäuse mit den Comic-Kulleraugen. „Es war Zufall, dass die Regierungschefs bei ihrem Rundgang an unserem Stand vorbeigekommen sind. Das Medienecho hat es geschafft, eine Technologie, die bisher nur wenige kennen, auf ein präsidiales Level zu heben – das ist unbezahlbares Marketing für uns“, freut sich Klement. Der 37-jährige Informatiker, der an der Uni Lübeck seine Doktorarbeit geschrieben hat, rief Gestigon gemeinsam mit Moritz von Grotthuss und den Professoren Erhardt Barth und Thomas Martinetz 2011 ins Leben. „Unser Motto ist ganz einfach: Eine Geste genügt!“, erläutert der Pionier. „In unserem Verfahren werden die Informationen einer 3D-Kamera ausgewertet, die die Gesten der Nutzer erkennt und in Steuerungsbefehle umsetzt.“ Die Anwendungsmöglichkeiten seien (fast) unbegrenzt: in der Unterhaltungselektronik und in IT-Systemen ebenso wie in der Automobil- und Medizintechnik. Als Lohn für die wegweisende Innovation erhielt das Team den Gründerpreis des Bundeswirtschaftsministeriums und den Weconomy Award. Von einem einzigen Mitarbeiter ist der Newcomer heute auf ein Team von 30 Spezialisten angewachsen – die meisten davon Ingenieure. Klement freut sich auch über Studierende, die im Unternehmen ihre Masterarbeiten – meist zu IT-Themen – schreiben wollen. „Nur Kurzzeitpraktikanten können wir nicht betreuen.“ CMYK_Gestigon-(2)-Kopie Für seine Innovationen nutzt Gestigon spezielle Time-of-Flight-Kameras. Sie senden Infrarotlicht aus und messen die Laufzeit des reflektierten Lichts. So können 3D-Bilddaten mit einem reliefartigen Entfernungsprofil der näheren Umgebung in Echtzeit ermittelt werden. Auf Basis dieser Daten erkennt die Software, wo sich Personen im Raum befinden, welche Körperhaltung diese einnehmen und wie sie sich bewegen. Damit können ausgeführte Gesten zuverlässig erkannt werden. „Mit unserer Technologie eröffnen sich ganz neue Formen der Interaktion zwischen Benutzern und Softwaresystemen. Eine intuitive Steuerung mit Wischgesten im Raum wie im Hollywood-Film ‚Minority Report’ ist damit schon heute Realität“, erklärt der Geschäftsführer. Auf der Basis von 3D-Daten entwickelt Gestigon Softwarelösungen zur Skelett- und Gestenerkennung von Menschen für Laptops, PC-Systeme und Automotive. Die Software lässt sich unter anderem im Gaming-Bereich oder auch im Innenraum von Fahrzeugen einsetzen. Dort ermöglichen sie zum Beispiel durch Wischbewegungen eine einfache Kontrolle der Entertainment- und Kommunikationsgeräte: Eine Handbewegung reicht aus, um etwa das Radio lauter oder leiser zu stellen. Zu den Kunden von Gestigon gehören unter anderen die Autobauer VW und Renault und Hersteller von Virtual Reality Brillen. „Kern unserer Software ist ein Embedded System, das sowohl einen geringen Platz- als auch Stromverbrauch hat“, erläutert Sascha Klement. „Damit eignet sich unsere Lösung besonders gut für alle mobilen Anwendungen wie Mobiltelefone, Tablets, Fernbedienungen, Navigationssysteme, aber auch Automotive, PCs, Gaming, Digital Signage und Medizintechnik.“ Das sich die neue Gestensteuerung auch für eine verbesserte medizinische Diagnostik bestens eignet, hat Gestigon gezeigt: Die berührungslose Atmungsüberwachung in einem Magnetresonanztomografen (MRT) mit Hilfe einer 3D-Kamera und der Software zur Gestenerkennung ist machbar.

TEXT & FOTOS Joachim Welding


www.gestigon.de