HAW Hamburg: Neue Forschungseinrichtung für die Nachhaltigkeit

HAW Hamburg: Neue Forschungseinrichtung für die Nachhaltigkeit

Die HAW Hamburg koordiniert „European School of Sustainability Sciences and Research“

Hochschulen sind weltweit aufgerufen, 17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals) der Vereinten Nationen umzusetzen. In Europa braucht es dafür eine Einrichtung. Die European School of Sustainability Sciences and Research, kurz ESSSR, wird ab Oktober durch die HAW Hamburg koordiniert und von Prof. Dr. Walter Leal geleitet. Wir sprachen mit einer der Koordinatorinnen, Dr. Anne Marie Hoffmann.

Warum ist das Thema Nachhaltigkeitsfor­schung an Hochschulen wichtig, so dass es jetzt sogar eine Behörde dafür gibt?

Dr. Anne Marie Hoffmann: Die European School of Sustainability Science and Research, kurz ESSSR genannt, ist keine Behörde, sondern vielmehr ein Netzwerk verschiedener Hochschulen, die im Bereich Nachhaltigkeitsforschung aktiv sind. Wir verstehen uns vielmehr als koordinierende Einheit und kümmern uns darum, dass das Netzwerk möglichst aktiv und lebendig ist. Hier an der HAW Hamburg haben wir die Initiative gestartet und sozusagen die Steuerung der ESSSR übernommen.

Wie sind Sie und die HAW Hamburg an das Mandat gekommen?

Die Initiative zur Gründung ging von der HAW Hamburg aus. Die HAW fördert schon lange die Forschung sowie den Transfer im Nachhaltigkeitsbereich und bemüht sich, die Erkenntnisse auch im eigenen Hochschulbetrieb zu berücksichtigen. Mit dem Engagement insbesondere des Forschungs- und Transferzentrums für Nachhaltigkeit und Klimafolgenmanagement fördert die Hochschule die Forschung an Hochschulen und setzt sich europa- und sogar weltweit für die Implementierung der Ziele für nachhaltige Entwicklung an Hochschulen ein.

Was genau wird die Aufgabe der „European School of Sustainability Sciences and Re­search“ sein, und wie ist die Aufgabenteilung in Ihrem Team geregelt?

Wir wollen das Thema Nachhaltigkeit in der Lehre, in der Forschung und in der Nachwuchsförderung – das heißt auch in der Doktorandenausbildung – vorantreiben. Das Zentrum wird von Professor Walter Leal Schulz und ich sind für die Koordination verantwortlich.

Nachhaltigkeit ist in allen Disziplinen und Studiengängen wichtig und muss in Zukunft mehr Berücksichtigung in der Ausbildung finden.
– Dr. Anne Marie Hoffmann

Bezieht sich die Fokussierung auf Nachhal­tigkeitsforschung auch auf die Infrastruk­tur von Hochschulen und berührt sie den Lehrplan der Studierenden?

Sowohl als auch. Wir wollen die Hochschulen in ihren Bemühungen unterstützen, das Thema Nachhaltigkeit in die bestehende Infrastruktur sowie in die Lehre und Forschung zu integrieren. Ein Beispiel ist die Seminarreihe zum Thema Nachhaltigkeit, mit der wir drei zentrale Bereiche abdecken. Geplant sind bisher die Seminare: „Nachhaltigkeit in der Forschung“ in Italien im Juni 2019, „Nachhaltigkeit in der Lehre“ in Schweden im September 2019 und „Nachhaltigkeit im Hochschulbetrieb“ in Spanien im Dezember 2019.

Ist damit auch die Auf­listung von laufenden Forschungsprojekten zu Nachhaltigkeit an Hoch­schulen gemeint? Im Sinne eines Netzwerkes, bei dem jeder von dem anderen lernen und mitmachen kann?

Die Vernetzung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen ist auf jeden Fall auch ein zentraler Bestandteil der ESSSR. Gerade in den verschiedenen Forschungsprojekten werden innovative Ansätze zur Umsetzung der SDGs an Hochschulen entwickelt. Darüber hinaus werden nachhaltige Lösungen für die Probleme entwickelt, mit denen wir heute angesichts des sich verändernden Klimas konfrontiert sind. Wir sollten dabei nicht parallel arbeiten, sondern auf die Ergebnisse unserer Kolleginnen und Kollegen aufbauen. Wenn wir voneinander lernen und uns über den aktuellen Stand der Forschung austauschen, haben wir die besten Chancen, die Nachhaltigkeitsforschung weiter voranzutreiben.

Es werden nachhaltige Lösungen für die Probleme entwickelt, mit denen wir heute angesichts des sich verändernden Klimas konfrontiert sind
– Dr. Anne Marie Hoffmann

Könnte Nachhaltigkeit auch zu einem Pflichtbestandteil des Studiums werden, welches jeder Studierende zu durchlaufen hat?

Auch das wäre wünschenswert und könnte durchaus Realität an vielen europäischen Hochschulen werden. Nachhaltigkeit ist in allen Disziplinen und Studiengängen wichtig und muss in Zukunft mehr Berücksichtigung in der Ausbildung finden. Schließlich sollen alle Lebensbereiche nachhaltig sein, und das ist am besten über die Ausbildung an Hochschulen zu gewährleisten. Momentan arbeiten Hochschulen eher in konzentrierten Einheiten an dem Thema. Wir sind sozusagen noch im Anfangsstadium. Umso wichtiger ist die Vernetzung über die ESSSR, die dazu beiträgt, das hochschulweite und fächerübergreifende Konzepte in Zukunft möglich werden.

Wie könnten die Synergien unter den Hochschulen aussehen? Die ESSSR hat feste und über 50 assoziierte Partnerhochschulen – sogar Verbände und Unternehmen sollen mitmachen.

Operativ werden wir das Netzwerk mit drei Arten von Aktivitäten vorantreiben und betreuen: Erstens, neue Forschungsprojekte rund um das Thema Nachhaltigkeit werden aufgebaut, bei denen auch Unternehmen und Verbände mitwirken können. Zweitens, die Organisation von Lehreinheiten für Studierende sowie Fachveranstaltungen, die sowohl Hochschulen als auch Unternehmen und Verbänden zugutekommen. Und drittens, die angesprochenen Promotionsvorhaben. Dazu werden wir ein eigenes „professional doctorate“ mit unseren Partnern ins Leben rufen. Im Rahmen des Programms sollen nicht nur Hochschulangehörige, sondern auch externe Berufstätige zu Nachhaltigkeitsthemen promovieren können. Durch die Aktivitäten des ESSSR erhoffen wir uns, dass die HAW Hamburg sowohl qualitativ als auch quantitativ präsenter im Europäischen Forschungsraum wird.

TEXT Dr. Katharina Jeorgakopulos
FOTO HAW Hamburg / FTZ-NK