Rund 4.000 Studentinnen und Studenten absolvieren zurzeit ein Studium an der HSFL. In ihrer Studienzeit erlernen sie sowohl theoretische als auch praktische Grundlagen für ihre berufliche Zukunft. Der hohe praktische Anteil ist ein attraktives und bei späteren Arbeitgebern hoch geschätztes Kernelement der Hochschule Flensburg. Gut ausgestattete Fachbereiche und das einsemestrige Praktikum in einem Wirtschaftsunternehmen dienen der Praxis. Last but not least gibt es viele Forschungsprojekte, von denen Studierende profitieren. Wie praktisch!
Aus dem Lexikon: „Forschungsprojekte sind Vorhaben, die im Wesentlichen durch die Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet sind.“
Ach, so. Nee klar. What? Im Klartext: Forschungssprojekte sind öffentlich ausgeschriebene, zeitlich befristete Aufträge mit einem klar formuliertem Ziel, zu deren Erforschung bestimmte Fördergelder zur Verfügung gestellt werden. Die Hochschule Flensburg ist zurzeit an über 15 Forschungsprojekten beteiligt … wow! Warum eigentlich?
Weil sie‘s kann! Die Hochschule schöpft ihr Potential aus und sorgt mit den Fördergeldern für die Festigung der Fachbereiche sowie für regionales und überregionales Ansehen. Projekte liefern Stoff für Dissertationen, Bachelor- und Masterarbeiten. Dozenten, wissenschaftliche Mitarbeiter und Teams von Studierenden sind an den Projekten beteiligt. Forschen, lehren, lernen … die Hochschule Flensburg verstärkt durch ihre Forschungsprojekte auch ihren Praxisbezug. ME2BE-Campus stellt drei Forschungsprojekte vor, im Gespräch mit den Projektleitern. Drei spannende Beispiele angewandter Wissenschaft!
Thema Wind: Verbessertes Einspeisemanagement für Windenergieanlagen
Herr Professor Jauch, worum geht‘s in Ihrem Projekt?
Folgendes Szenario: Man fährt durch Schleswig- Holstein, es ist schönes Wetter und ziemlich windig. Die Windenergieanlagen links und rechts stehen still. Warum? Weil viel Wind zu einer Überlastung des Stromnetzes führt, sodass der Netzbetreiber gezwungen ist, einzelne Windenergie- und Solaranlagen abzuschalten. In Abständen von 15 Minuten wird die Netzauslastung geprüft. Je nach Auslastung wird daraufhin die Anlagenleistung geregelt. Die Netzauslastung ändert sich allerdings sekündlich, deshalb sind Intervalle von 15 Minuten viel zu hoch, um die Anlagen energieeffizient zu nutzen. Wir erforschen, wie schnell man die Leistung einer Windenergieanlage maximal regeln darf, damit sie keinen Schaden nimmt. Ziel ist es, einen Regler zu entwickeln, der Windenergieanlagen so schnell wie möglich steuert, ohne etwas zu beschädigen.
Wie erforschen Sie das?
Wir montieren Messinstrumente an verschiedenen Stellen der Anlage, z.B. an der Spitze der Rotorblätter und analysieren das Verhalten bei schneller werdenden Leistungsänderungen.
Welche Studierenden sind an dem Projektbeteiligt?
Bisher waren rund 15 Studierende aus den Studiengängen Energiewissenschaften und Maschinenbau mit dem Projekt beschäftigt. Vor allem für fortgeschrittene Masterstudenten der Ingenieursstudiengänge ist diese Forschung interessant. Mittlerweile ist unser Projekt in fünf Masterarbeiten bearbeitet worden.
Wie sind die Rahmenbedingungen an der HSFL für dieses Projekt?
Wir haben hervorragende Bedingungen für dieses Forschungsprojekt! Welche andere Hochschule hat in fußläufiger Nähe eine eigene Windenergieanlage und einen Windmessmast mit drei Ebenen Ultraschallsensorenauf dem Campus? Im Hörsaal werfen wir Messdaten aus der Anlage per Beamer auf die Leinwand. Unsere Studierenden schauen dann kurz aus dem Fenster und beobachten live, wie sich die Anlage zu den Daten verhält! Besser gehts nicht!
Thema Strom: open_eGo
Herr Müller, worum geht‘s bei open_eGo“?
Wir möchten mit unserem Forschungsprojekteinen Beitrag leisten, den deutschen Stromnetzausbauzu optimieren. Dazu arbeiten wir an der Programmierung einer öffentlich zugänglichen Software. Diese soll die optimale Anzahl von Stromleitungen und -speichern bestimmen. Damit wird die Energiewende transparenter, effizienter und für die Bevölkerung nachvollziehbarer gemacht. open_eGosteht steht übrigens für electricity grid optimization.
Was genau wäre der Nutzen?
Das Wissen um einen optimalen Netzausbau führt zu erheblichen finanziellen Einsparungen und beteiligt die Öffentlichkeit an diesem wichtigen Prozess. Bisher setzt man eher auf Netzausbau als auf die teurere Speichertechnologie. Soll im windreichen Niebüll ein Speicher für die Windenergie gebaut werden oder eine Leitung nach Bayern gelegt werden und Solarstrom in den Norden geleitet werden? Mit open_eGo ermitteln wir, wie beide Systeme optimal miteinander kombiniert werden können. Den Nutzen haben Volkswirtschaft,Unternehmen und Verbraucher gleichermaßen.
Inwieweit sind Studierende am Projekt beteiligt?
Das Thema fließt in Lehrveranstaltungen ein. Studenten bearbeiten dazu sogenannte CaseStudies. Die Ergebnisse wandern zurück in die Forschungsarbeit. Somit entsteht eine Win-Win-Situation. Zuletzt haben rund 25 Studierende an ähnlichen Fragestellungen gearbeitet. Natürlich bietet auch open_eGodie die Möglichkeit, Abschlussarbeiten darüber zu verfassen. Zurzeit entsteht schon eine entsprechende Masterarbeit.
Wird die Energiewende gelingen?
Der Anteil von erneuerbaren Energien wird stetig erhöht werden und sich bis 2050 evtl. vollständig durchsetzen. Trotzdem warten noch viele Herausforderungen und Fragen auf uns. Wie entsorgen bzw. recyclen wir Speicher, wenn sie ausgedient haben? Auch Akzeptanzprobleme in der Gesellschaft werden uns immer wieder begleiten.
Thema Elektro: e-4all
Worum geht‘s in Ihrem Projekt, Herr Christiansen?
e-4all ist ein Projekt, das einen standardisierten Umrüstsatz zur Konvertierung von Fahrzeugen mit Verbrennerantrieb auf Elektroantriebentwickelt. Dazu haben wir einen Prototypen hergestellt und entwickeln diesen nun weiter bis zur TÜV-Zulassung.
Was ist das Besondere an dieser Forschungsarbeit?
Es ist ein freiwilliges, studentisches Projekt! Unser interdisziplinäres Team umfasst 23 Studierende der Hochschule Flensburg und der Europa-Universität Flensburg. Die Teammitglieder kommen aus den verschiedensten Studiengängen, z.B. aus dem Maschinenbau, der Elektrischen-Energie-Systemtechnik und den Betriebswirtschaften. Ich selbst studiere im 4. Semester Maschinenbau. Uns verbindet der Anspruch, die Welt zu verändern! Deshalb möchten wir die E-Mobilität voranbringen!
Wie läuft so ein Projekt ab?
Wir versuchen, so professionell wie möglich an dem Projekt zu arbeiten. Wir haben kleine Teams mit Teamleitern gebildet, die selbständig an Teilaufgaben arbeiten. Alles wird dokumentiert und in gemeinsamen Sitzungen zusammengeführt. Die Hochschule Flensburg hat uns das Basisfahrzeug gestellt und unterstützt uns indirekt durch die Bereitstellung von Räumen und Ausstattung. Alle Dozenten stehen uns auf Wunsch beratend zur Seite. Ansonsten kümmern wir uns um alles selbst. Von der Beantragung von Geldern bis zur Sponsorensuche.
Wie würde e-4all im Idealfall funktionieren?
Ganz einfach: Sie bestellen unseren Umrüstsatz, erhalten von uns eine Pallette mit detaillierter Umrüstanleitung. Damit fahren Sie dann in ihre Kfz-Werkstatt und lassen denWagen dort ca. 1 Woche lang umrüsten. Anschließend holen Sie Ihr Auto wieder ab. Es ist jetzt ein Elektro-Auto.
Herr Professor Looks, Sie haben die Projektaufsichtseitens der Hochschule. Wie bewerten Sie e-4all?
Ich kann nur sagen: Hut ab vor der Leistung dieses Projektteams. Die Studenten sind unglaublich engagiert und schaffen sich durch dieses Forschungsprojekt am Thema E-Mobilitäteinen eigenen USP. Es gibt grundsätzlich sehr wenig Hochschulabsolventen in Deutschland, die sich mit E-Mobilität auskennen. Das kann sich später in der beruflichen Karriere auszahlen.
TEXT Christian Dorbandt
FOTOS Sönke Dwenger
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