Ein cooler Job

Ein cooler Job

Interview mit Stefan Reuter, Sportphysiotherapeut der Hamburg Freezers

Die Volksbank Arena ist sein Arbeitsplatz: Wenn die Spieler der Hamburg Freezers übers Eis gleiten, ist Stefan Reuter immer mit dabei. Der ausgebildete Sportphysiotherapeut sorgt dafür, dass die Eishockey-Profis auch nach Unfällen und Verletzungen immer wieder auf die Kufen kommen. Auf eine Karriere im Leistungssport hat er gezielt hingearbeitet: Bevor er 2006 nach Hamburg zu den Freezers wechselte, betreute Stefan u. a. vier Jahre lang die Eishockeymannschaft Kölner Haie. Für ihn ist Sport Beruf und Leidenschaft in einem – und eins wird sein Alltag sicher nie: langweilig.

Stefan, wie bist du auf die Idee gekommen, Physiotherapeut zu werden?
Ich habe selbst Sport gemacht – Boxen, Krafttraining – und als es dann an die Berufswahl ging, musste ich überlegen: Woran hast du Spaß? Physiotherapeut hat sich da ganz gut angeboten. Zwei, drei Jahre nach Abschluss meiner physiotherapeutischen Ausbildung habe ich dann die Fortbildung zum Sportphysiotherapeuten gemacht.

Was hast du in deiner Ausbildung zum Physiotherapeuten gelernt?
Die Ausbildung beinhaltet sehr viel und deckt verschiedene Bereiche ab, von Orthopädie über Chirurgie und Gynäkologie bis hin zu Neurologie. Irgendwann muss aber jeder für sich selbst einen Schwerpunkt festlegen und entscheiden, in welche Richtung er gehen möchte.

Hat sich die Ausbildung heutzutage verändert?Eishockeyschläger lehnen an einer Wand.
Mittlerweile hat sich so einiges verändert. Zu meiner Zeit war es noch eine dreijährige Ausbildung – zwei Jahre Schule, ein Jahr Praktikum. Zuerst hattest du also nur Theorie mit ein, zwei Wochen Praktikum dazwischen und dann hast du nachher ein Anerkennungsjahr gemacht. Heutzutage dauert die Ausbildung zwar immer noch drei Jahre, aber in den Schulteil sind Praxisblöcke eingebaut und das praktische Jahr entfällt. Neu ist, dass man es auch als Studium machen kann, dann hat man hinterher einen Bachelor-Abschluss.

Ist es nach der Ausbildung oder dem Studium schwer, in den Beruf reinzukommen?
Wenn man seine Ausbildung oder sein Studium erst mal hinter sich hat, ist es recht einfach, eine Stelle zu finden. Die Berufsaussichten sind gut. Als ich es gemacht hab, waren Physiotherapeuten extrem gesucht.

Muss man sich als Physiotherapeut weiter spezialisieren?
Wenn man die physiotherapeutische Ausbildung abgeschlossen hat, hat man erst mal gar nichts. Man muss sich über Fortbildungen in die Richtung spezialisieren, in der man nachher arbeiten will – zum Beispiel in der Neurologie oder Orthopädie. Das kostet viel Zeit und Geld. Im Regelfall bezahlst du die Fortbildungen selbst, auch wenn manche Arbeitgeber dich am Anfang unterstützen. Aber du kannst keine Physiotherapieausbildung machen und dich dann zehn Jahre lang nicht fortbilden – dann bist du vom Markt.

Und du hast dich für die Spezialisierung Sportphysiotherapie entschieden?
Das ist eine Fortbildungsmaßnahme wie alle anderen. Dabei geht es um Erstversorgung, Taping-Kurse, Training usw. Ich wollte immer schon mit jungen Leuten und im Sport arbeiten, deswegen habe ich auch meine Fortbildungen danach ausgerichtet.

Man sollte also von Anfang an wissen, was man machen möchte?Ein Mann unterstützt einen anderen beim Krafttraining.
Ja – zumindest sollte man nach Abschluss der Ausbildung oder des Studiums seine Richtung gefunden haben. Ansonsten opferst du einen Haufen Geld und Zeit für Fortbildungen, die dir nichts bringen.

Wie sieht dein typischer Arbeitstag bei den Hamburg Freezers aus?
Es kommt darauf an, was ansteht. Im Rahmen einer Trainingseinheit sieht das so aus, dass du morgens um halb acht im Stadion ankommst und deine Sachen sortierst, Schreibarbeiten machst und mit dem Trainer besprichst, was zu tun ist. Ab 8 Uhr kommen die ersten Spieler, dann machst du die Erstbehandlungen von denen, die angeschlagen sind, aber noch am Training und am Spielbetrieb teilnehmen. Behandlung, Tapen, dann ist Training und du bist draußen auf dem Eis und guckst, dass nichts passiert – oder machst die Erstversorgung, wenn denn was passiert. Nach dem Training findet meist noch eine Krafteinheit statt. Die, die daran nicht teilnehmen können, weil sie angeschlagen sind, behandelst du in der Zeit. Danach bist du für den Rest der Mannschaft da, wenn die was brauchen. Am Nachmittag gibt es dann eine Zweitbehandlung für die, die es brauchen. So sieht ein Trainingstag aus.

„Behandlung, Tapen, dann ist Training und du bist draußen auf dem Eis und guckst, dass nichts passiert …“ 

Und wenn das Team unterwegs ist, reist du mit?
Ja. Das sieht diese Woche zum Beispiel so aus: Am Donnerstagmorgen haben wir ganz normal Training, dann Mittagessen, danach Abfahrt nach Nürnberg. Abends im Hotel gibt es noch mal eine Behandlung. Freitagmorgen findet vor Ort ein Training statt, aber nur ein ganz kurzes, so 20 Minuten bis zu einer halben Stunde lang – dabei stehen für mich eben auch Tapen, Dehnung, Mobilisieren an. Freitagabend ist dann das Spiel, bei dem du ganz normal die Erstversorgung übernimmst. Samstagmorgen ist wieder Abfahrt zum nächsten Spielort und das Ganze geht von vorn los. Sonntag komm ich dann wieder zurück nach Hamburg. Man ist halt viel unterwegs und lebt sehr viel aus dem Koffer.

Aber du hast auch mal Urlaub?Fotostrecke Teil 2: Ein Mann unterstützt einen anderen mann beim Krafttraining.
Man hat eigentlich nur Urlaub, wenn die Saison zu Ende ist. Es ist nicht wie im Fußball, wo die Mannschaft zwei Wochen Winterpause hat und ins Trainingslager geht. Bei uns fängt die Saison am 1. August an und es wird auch über Weihnachten und Neujahr gespielt. Dafür hat man natürlich einen langen Sommer.

Bist du der einzige Sportphysiotherapeut, der das Team betreut?
Ich habe eine Unterstützung, aber nur tageweise.

Du bist ja in Düren geboren und hast jahrelang in Köln gearbeitet, unter anderem bei den Kölner Haien. Wie kommt es, dass du 2006 nach Hamburg zu den Freezers gewechselt bist?
Der Job hat sich durch Zufall ergeben. Ich hab durch einen Kollegen davon gehört und wollte sowieso mal einen Tapetenwechsel, also passte das ganz gut.

Fotostrecke Teil 3: Ein Mann unterstützt einen anderen mann beim Krafttraining.Was würdest du Interessierten an dem Beruf für Tipps mit auf den Weg geben?
Es ist grundsätzlich ein cooler Beruf. Aber es kostet viel Zeit und Geld, ihn zu erlernen, vor allem nachher in den Fortbildungen, das muss einem vorher bewusst sein. Zu meiner Zeit hatte ich ja noch nicht die Wahl zwischen Ausbildung und Studium, aber heutzutage würde ich persönlich das Studium wählen. Damit hast du einen internationalen Abschluss und kannst auch im Ausland arbeiten. Man weiß ja nie, was man später im Leben machen möchte.

www.stefanreuter.net

Text Martha Wilhelm
Fotos Sebastian Weimar