Häufig lässt sich nur schwer ermessen, was eine Schule tatsächlich für ihre Schülerinnen und Schüler leistet. Die Erfolge der Lehrkräfte sind oft auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Doch bei Lillis Jobmesse – der Berufsorientierungsmesse der Lilli-Martius-Schule Kiel, einer Grund- und Gemeinschaftsschule – ist das anders. Unter dem Motto „Vielfalt & Erfolge erleben!“ wird hier sichtbar, was engagierte Schul- und Berufsorientierungsarbeit bewirken kann. Die Schule schafft es immer wieder, Unternehmen und Schülerinnen sowie Schüler erfolgreich zusammenzubringen. Praktika und Ausbildungsplätze entstehen nicht selten aus den direkten Kontakten, die auf der Messe geknüpft werden.
Auch Andrea Günther, kommissarische Koordinatorin der Jahrgänge 5 und 6 sowie BO-Beauftragte und Kreisfachberaterin für Berufliche Orientierung im Raum Kiel, zeigte sich begeistert von der Atmosphäre auf Lillis Jobmesse: „Hier herrscht eine total entspannte Stimmung.” Ihrer Meinung nach liegt das nicht nur an der guten Vorbereitung durch die Lehrkräfte, sondern auch an den motivierten Schülerinnen und Schülern: „Alle wissen genau, welche Unternehmen hier sind, und gehen gezielt auf sie zu – das macht es auch für die Unternehmen spannender.“
Für die Zukunft hat sie allerdings einen Wunsch: „Es würde mich freuen, wenn mehr Eltern dabei wären, die ihre Kinder aktiv begleiten. Und es wäre toll, wenn die Unternehmen noch mehr praktische Dinge anbieten würden. Gerade für junge Leute ist es wichtig, Berufe hautnah zu erleben.”
Auch Lars Donner, Koordinator der Jahrgänge 7 bis 10, blickt positiv auf die Entwicklung von Lillis Jobmesse. „Das ist jetzt die dritte Messe an unserer Schule, und sie hat sich mittlerweile gut etabliert. Die Schülerinnen und Schüler müssen nicht erst weite Wege zurücklegen – die Unternehmen kommen direkt zu ihnen.“
Ein großes Thema in der Berufsorientierung bleibt die Entscheidungsschwierigkeit vieler Jugendlicher. „Manche träumen von einer Karriere als Influencer oder denken ans schnelle Geld mit Krypto. Aber klassische Berufe? Die haben sie oft gar nicht auf dem Schirm.“
Verbindungen schaffen – Mobilität in Bewegung
Der Stand von Rheinmetall zieht viele Blicke auf sich, nicht zuletzt wegen des ausgestellten Panzermodells. Der Ausbildungsverantwortliche Niko Wolter erklärt: „Wir bauen Panzer. In Kiel sind wir ein Prototypenstandort. Unsere Elektroniker arbeiten zwar nicht direkt am Panzer, aber sie bauen alle elektronischen Geräte, die darin verbaut sind – von der Rückleuchte bis zur Waffensteuerung.“
Rheinmetall präsentiert sich auf Lillis Jobmesse als spannender Arbeitgeber. „Wir suchen Azubis. Wir bilden Elektroniker für Geräte und Systeme aus und hoffen, dass wir junge Menschen für diesen Ausbildungsberuf begeistern können.“ Obwohl der Bedarf an Elektronikern groß ist, zeigt sich Wolter zufrieden: „Es könnte immer mehr sein, aber ich kann mich nicht beschweren. Wir haben letztes Jahr erst mit der Ausbildung angefangen, mit zwei Azubis, und wollen dieses Jahr wieder zwei einstellen.“
Auch Unternehmen wie das Autohaus Fräter nutzen Lillis Jobmesse, um gezielt nach Nachwuchstalenten zu suchen. Service-Assistentin Nicole Volk-Jabs berichtet von ihren positiven Erfahrungen: „Wir waren letztes Jahr schon hier und haben unseren Auszubildenden für die Werkstatt direkt auf dieser Messe gefunden.” Der Bedarf ist groß, denn das Autohaus betreibt sieben Standorte. Dabei hat sich das Berufsbild des Kfz-Mechatronikers stark gewandelt: „Man macht sich heutzutage nicht mehr schmutzig wie früher. Vieles läuft über Computer. Wer Spaß an PC-Arbeit hat, ist hier genau richtig, denn die Fahrzeuge werden fast nur noch programmiert.“ Trotz der technischen Veränderungen ist das Handwerk für alle spannend: „Gerade erst hatten wir eine Praktikantin, der das richtig Spaß gemacht hat. Wir würden uns freuen, wenn sich noch mehr junge Frauen für diesen Beruf begeistern.“
Am Stand von der Petersen Mordhorst Logistics GmbH treffen wir Ausbilderin Kirstin Bernhardt, die sich begeistert über den Messetag äußert: „Wir sind schon das dritte Mal hier, und das Interesse der Schüler ist immer groß.“ Besonders schätzt PM Logistics den direkten Kontakt zu den Jugendlichen: „Wir konnten in den letzten zwei Jahren zwei Auszubildende gewinnen – einen für den kaufmännischen Bereich und einen für das Lager. Die Messe hat uns viel gebracht.“
Aber auch digital passiert in der Logistik-Branche einiges. „Seit zwei Jahren bekommen wir nur noch E-Mail-Bewerbungen.” Auf besonders skurrile Bewerbungen angesprochen, schmunzelt Frau Bernhardt: „Herzchen oder Parfum gab’s noch nie, aber manchmal schreiben die Jugendlichen so charmant und kreativ, das macht richtig Spaß zu lesen.“ Ihr Wunsch für die heutige Messe: „Ich wünsche mir, dass mehr junge Leute verstehen, was Logistik bedeutet. Jeder bestellt bei Amazon, aber kaum jemand weiß, wie das Paket zu ihm nach Hause kommt.“
Die Schleswiger Asphaltsplitt-Werke GmbH & Co. KG (SAW) präsentiert sich als weiterer spannender Aussteller auf der Jobmesse. Dennis Wegner erklärt: „Wir bilden Straßenbauer, Kanalbauer, Tiefbauer aus und bieten auch ein duales Studium an. Das macht Spaß, ist vielseitig und bietet viele Entwicklungsmöglichkeiten.“ Die Neugierde der Jugendlichen ist auch auf der Messe nicht abzuweisen. „Großgeräte kommen immer gut an. Im Sand haben ja alle mal gern gespielt – das zieht schon!“, meint Wegner. Interessant ist seine Einschätzung zu den Generationen Z und Alpha: „Es ist deutlich schwerer geworden, junge Leute für einen Beruf zu begeistern – und sie auch kontinuierlich dabei zu halten. Das Berufsfeld ist heute riesig. Jugendliche wissen oft gar nicht, worauf sie Lust haben. Früher hat man mehr Jugendliche gehabt, die zu Hause geholfen haben. Heute fehlt oft der praktische Bezug.”
Handwerk auf der Messe
Am Stand der Bäckerei Günther treffen wir auf Anna, die seit dreieinhalb Jahren im Unternehmen tätig ist. „Ich habe nach der Schule als Aushilfe angefangen und dann während meines BWL-Studiums ein Praktikum im Personalbereich gemacht. Nach dem Praktikum bin ich einfach geblieben.“ Mit dabei war auch Leonie, Auszubildende im zweiten Lehrjahr zur Bäckereifachverkäuferin. „Ich habe ein viermonatiges Schulpraktikum gemacht, der Job hat mir so gut gefallen, dass ich direkt die Ausbildung begonnen habe.“ Für Leonie startet der Tag im Sophienhof um sechs Uhr morgens: „Dann haben wir eine Stunde Zeit, um auszupacken, auszuräumen und Brötchen zu belegen.“
Das Interesse der Schülerinnen und Schüler war groß: „Viele haben sich für Praktika interessiert, einige wollen sogar direkt einen Minijob bei uns anfangen.“ Besonders beliebt war das Saaten-Ratespiel am Stand, bei dem die Jugendlichen verschiedene Samen wie Kümmel oder Chiasamen erkennen sollten. „Manche wussten es sofort, andere haben bei den Mitschülern abgeguckt – aber alle hatten Spaß.“
Praktisches Handwerk hautnah erleben – das ist der Ansatz von Malermeister Michael Oelrich, Innungsobermeister der Maler- und Lackiererinnung Kiel. „Ich glaube, die praktische Anwendung kommt sehr gut bei den Schülern an. Das ist auch unser Ansatz als Handwerker: etwas zum Anfassen und Ausprobieren.“
Die Maler- und Lackiererinnung Kiel vereint aktuell 39 Betriebe aus dem Stadtgebiet, organisiert unter einem freiwilligen Dach. „Wir sind das erste Mal hier – und ich bin begeistert vom Zulauf der Schüler und der Resonanz. Auf anderen Messen ist oft weniger los und auch das Interesse am Handwerk nicht so groß. Die Schüler kommen nicht nur mit einem Laufzettel, sondern stellen gezielte Fragen und sind wirklich interessiert. Das ist sehr positiv zu bewerten.“
Eltern als Unterstützung in der Berufsorientierung
Eltern spielen eine wichtige Rolle bei der Berufsorientierung. Sie sind auf Lillis Jobmesse zahlreich vertreten. Im Gespräch mit zwei Müttern wird deutlich, wie engagiert sie ihre Kinder begleiten. „Es ist eine Pflichtveranstaltung von der Schule. Wir sammeln Informationen über verschiedene Berufe, um unsere Kinder bestmöglich zu unterstützen”, so eine von ihnen. Das Fazit: „Da war schon viel Interessantes dabei! Wir wollen, dass unsere Kinder ihren Weg ins Berufsleben finden und sich ausreichend informieren. Bei Bewerbungen helfe ich natürlich, so gut ich kann.”
DIGI:BO auf der Messe, im Unterricht und Zuhause
Am ME2BE-Stand treffen wir im Laufe des Nachmittags viele Schüler und Schülerinnen. Zwei 14-jährige Mädchen berichten: „Wir finden Berufsorientierungsmessen ganz gut, weil man mehrere Richtungen entdeckt, in die man gehen könnte. Man bekommt viele Beispiele und Ideen. Das hilft, wenn man noch nicht genau weiß, was man später machen möchte.“ Im Berufsorientierungsunterricht haben die beiden bereits mit unserer digitalen Berufsprotientierungsplattform DIGI:BO gearbeitet: „Wir haben uns mit unterschiedlichen Berufsfeldern beschäftigt und über unsere Praktikumsplätze gesprochen. Wir haben Lebensläufe erstellt. Die Vorlage auf DIGI:BO hat uns geholfen, unsere Bewerbungen zu verbessern.“ Ob das funktioniert hat? „Doch, ich habe das ganz gut hinbekommen“, sagen die beiden selbstbewusst. Ein schönes Beispiel dafür, wie Messen und digitale Tools Hand in Hand gehen, um Jugendlichen den Einstieg ins Berufsleben zu erleichtern.
TEXT Patricia Rohde
FOTO Nadia Ritter