Rendsburg

Sie ist der „Mittelpunkt“ des Nordens: Zentral in Schleswig-Holstein gelegen, ist die Kreisstadt Rendsburg dennoch von Wasser umgeben. Das „maritime Lebensgefühl“ erfasst Ruderer, Schiffsgucker, Segler und alle, die Schiffe mögen. Denn hier trifft der mächtige Nord-Ostsee-Kanal (NOK) mit seinen Frachtern, Marineschiffen und Kreuzfahrern auf die Eider, den längsten Fluss Schleswig-Holsteins

Über der Eider thront das Wahrzeichen der Stadt, die „Eiserne Lady“: Die 42 Meter hohe, stählerne Eisenbahnhochbrücke über dem Nord-Ostsee-Kanal hat normalerweise ganz unten einen echten Schatz zu bieten: die  weltweit einzigartige Schwebefähre. Es gibt nur einen Haken: Sie fehlt derzeit an ihrem angestammten Platz, weil sie 2016 einem Crash zum Opfer gefallen ist: „Schwebefähre kollidiert mit Frachter“ lauteten die Schlagzeilen. Aber 2020 soll ein Neubau Fußgänger, Radler und Autos wieder von einem Ufer zum anderen befördern.

 

Vor dem Unfall: Schwebefähre über dem NOK.

Maritimes Lebensgefühl mitten im Land

Auch die Ersatzroute durch den NOK-Fußgängertunnel hat Rekordverdächtiges zu bieten: Die angeblich längste Rolltreppe Europas befördert die Menschen, darunter auch viele Schüler. Vier Rolltreppen mit insgesamt 220 Metern Länge führen durch die 120 Meter lange Tunnelröhre – ein echter Hightech-Schulweg also. Hier gibt es allerdings einen Nachteil: Man sieht die Schiffe nicht, die „oben drüber“ vorbeirauschen. Über 30.000 Traumschiffe, Containerfrachter, Fregatten, U-Boote, Segeloldtimer und kleine Jachten pro Jahr nehmen die „Abkürzung“ durch den Nord-Ostsee-Kanal zwischen Kiel und Brunsbüttel. Ansonsten müssten sie einen Riesen-Umweg über Skagen in Dänemark nehmen, wo Ostsee und Nordsee zusammentreffen.

Welche dicken Pötte das sind, erfahren „Sehleute“ an der Schiffsbegrüßungsanlage am Fuße der Hochbrücke im Café „Brückenterrassen“. Dort werden die vorbeifahrenden Schiffe aus aller Welt und ihre Besatzungen mit der Nationalhymne willkommen geheißen. Außerdem erzählen die Kenner am Mikro so einiges über den Heimat- und Zielhafen, über Ladung und Größe der bis zu 250 Meter langen Riesen.

In Rendsburg und Büdelsdorf führen Nord-Ostsee-Kanal, Eider, Werften, dicke Pötte und Megajachten die Regie

Mit Schiffen und Megajachten hat auch die Eider zu tun, die Rendsburg durchfließt. Dort, wo die Obereider einen breiten See bildet, entstand schon 1895 eine Werft, die bis heute ein wichtiger Arbeitgeber für die ganze Region ist: Nobiskrug hat weltweit einen exzellenten Ruf, denn dort entstehen die größten und luxuriösesten Luxusjachten. 2017 übergab die Werft zum Beispiel die futuristische „Sailing Yacht A“ an den glücklichen Eigner – mit 143 Metern galt sie damals als größte Segeljacht der Weltmeere. Dank des Erfolges der Schiffbauqualität „Made in Germany“ sucht das innovative Unternehmen Azubis in den Berufen Konstruktionsmechaniker/in und Industriemechaniker/in. Sie können später erzählen, dass sie zur Nobiskrug-Mannschaft gehören, die die stolzen Jachten mit den eigenen Händen zusammengeschweißt hat.

Wer selbst an Bord gehen will, braucht nur zur ehemaligen Rendsburger Altstadtinsel spazieren, wo die Eider im Obereidersee endet. Hier legen heute noch Fahrgastschiffe an. Nebenbei bietet sich ein wunderbarer Blick auf Rendsburgs Altstadt mit der St.-Marien-Kirche und den historischen Bürgerhäusern. Im Yachthafen nebenan starten Sportbootfahrer zu Spitztouren auf dem Wasser. Wer die Stadt an Land besser kennenlernen will, braucht nur der „blue line“ zu folgen. Entlang dieser über drei Kilometer langen Linie geht es vom Rathaus über das Kulturzentrum im „Arsenal“ über den mächtigen Paradeplatz bis zum Stadttheater.

 

Das Schleswig-Holsteinische Landestheater und Sinfonieorchester.

 

Wirtschaftlich stark!

Wirtschaftlich steht die Region prima da – die Arbeitslosigkeit ist niedrig, die Firmen suchen immer gute Nachwuchskräfte. Beste Bedingungen also für Schüler, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Neben vielen kleineren Betrieben locken die großen Unternehmen mit einem guten Namen Vor dem Unfall: Schwebefähre über den NOK – darunter Peter Wolters, Weltmarktführer von Hochpräzisions-Werkzeugmaschinen und -Systemen für die Oberflächen-Feinstbearbeitung. Das Kreiskrankenhaus mit 2.100 Mitarbeitern gehört zu den ganz großen Arbeitgebern. Aber auch der öffentliche Dienst in der Stadtverwaltung, den Stadtwerken und der Kreisverwaltung bietet beste Karrierechancen für junge Leute.
Die Nachbarstadt Büdelsdorf geizt ebenfalls nicht mit erstklassigen Arbeitgebern – und dazu bietet die kleine Schwester von Rendsburg eine Menge Freizeitangebote: von der großen Kunstausstellung NordArt bis hin zum Stadion sowie vielfältigen Sportangeboten. Weltklasseunternehmen wie der Entwässerungsspezialist ACO, der Telekommunikationsriese Mobilcom und die Mecalac Baumaschinen GmbH sind immer auf der Suche nach guten Azubis. In der Nachbarschaft sind ebenfalls namhafte Ausbildungsbetriebe zu Hauseetwa das Wohnwagenwerk des Herstellers Hobby in Fockbek. In Schacht-Audorf baut die Hightech-Werft Lürssen ebenso wie Nobiskrug feinste Megajachten für Leute mit dem nötigen Kleingeld. Egal wo man später arbeitet – zwischen Rendsburg und Büdelsdorf genießen alle das „maritime Lebensgefühl“. Und das im Zentrum Schleswig-Holsteins

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Die Beeren sind los!

Es gibt viele Gründe, das Frühjahr zu lieben. Die Erdbeersaison ist ganz sicher einer. Dem verführerischen Duft der roten Leckerbissen kann man sich nur schwer entziehen. Für Erdbeer-Liebhaber kann die Saison deswegen nie lang genug sein. Wer die süßen Früchtchen selbst pflücken möchte, kann das zum Beispiel jedes Jahr zwischen Mai und Juli auf dem Gut Steinwehr, Steinwehr 20, 24796 Bovenau. Öffnungszeiten für Selbstpflücker: Montag bis Sonntag von 10:00 bis 18:00 Uhr.

Härtester Rudermarathon der Welt

Wenn jedes Jahr mehrere Zehntausend Zuschauer Richtung Rendsburg und Nord-Ostsee-Kanal strömen, dann geht es um einen Wettkampf der besonderen Art: Die Königsklasse der Rennruderer tritt zum Marathon an! Jedes Jahr im Spätsommer verwandelt sich die meist befahrene künstliche Schifffahrtsstraße der Welt in eine „Arena“: Beim SH Netz Cup (früher E.ON Hanse-Cup) messen sich internationale Achter beim härtesten Rudermarathon der Welt über 12,7 Kilometer. Der Startschuss fällt in Breiholz, das Ziel ist die Eisenbahnhochbrücke in Rendsburg. Am Fuße der „Eisernen Lady“ stimmt ein buntes Freizeit- und Unterhaltungsprogramm an der Hafenmeile die Besucher ein. Zu hören sind hochkarätige Bands wie in den Vorjahren Revolverheld, Silly, Max Mutzke, Hot Chocolate oder Stefanie Heinzmann.

Eisversuchung mit Schiffskiek

Es nennt sich ganz harmlos „Eisstübchen am Kanal“. Doch die ehemalige Tankstelle am Schiffsanleger gehört seit 2010 zu den angesagten Genussadressen in Rendsburg: Direkt am Nord-Ostsee-Kanal mit Blick auf die Hochbrücke hat Konditor Jens Parna sein eigenes Eisparadies aufgebaut. Saniert und modern eingerichtet, bieten die umgebauten Industriegebäude heute ein wunderbares Ambiente mit maritimem Charme. Der ungetrübte Blick auf die vorbeirauschenden Kreuzfahrer, Containerschiffe und Segeljachten gehören zum Genuss stets dazu. Bei seinem Eis setzt Parna auf Frische und Bio-Milch aus der Region: Hier werden alle 15 Stammsorten täglich zubereitet, und das schmeckt man auch: Sehr cremig, geschmacksintensiv und nicht zu süß munden etwa „Sylter Sahne“ (Milcheis mit Nuss-Nougat, Windbeutel und Krokant), „Schwedisch Karamell“ oder „Vegas“ An Wochenenden muss der Gast schon mal 15 Minuten Wartezeit in der Schlange einkalkulieren. Er nimmt seine Bestellung selbst mit auf die Terrasse oder in den ansprechenden Gastraum. Wer will, kann auch einen Blick in die gläserne Eismanufaktur werfen. Klarer Fall: die Referenz unter den Eiscafés in der Region!

Auf diese Brücke darfst du klettern

Erst kommt der Sicherheitshelm, dann das wohl außergewöhnlichste Kletter-Erlebnis Schleswig-Holsteins: Wer fit genug ist, erklimmt die 178 Stufen hinauf auf die Aussichtsplattform der Rendsburger Eisenbahnhochbrücke. Aus 40 Metern Höhe lässt sich ein weiter Blick über den Kanal, die Kreisstadt Rendsburg und die reizvolle mittelholsteinische Landschaft genießen. Die über 100 Jahre alte und fast 2,5 Kilometer lange Stahlkonstruktion überspannt den Nord-Ostsee-Kanal. Noch weiter oben rattern die Züge in luftiger Höhe von 68 Metern vorbei. Die Brücke wurde als „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ ausgezeichnet.
Höchstens 14 Neugierige nimmt der Hochbrückenführer mit nach oben. Kinder müssen aus Sicherheitsgründen mindestens zwölf Jahre alt und größer als 1,40 Meter sein. Führungen bietet die Tourist-Information Nord-Ostsee-Kanal von Mai bis September immer sonntags um 14 und 15:30 Uhr an (Tel. 04331-21120). Eine Anmeldung ist ratsam, Treffpunkt ist an der Südseite unter der Hochbrücke.

NordArt – Kunst in XXL

Als kleine Kunstausstellung mit 1.000 Besucher startete die NordArt 2009. Im letzten Jahr strömten 100.000 Leute auf das Gelände der alten Eisengießerei mit den Industriehallen und dem wunderbaren, 80.000 Quadratmeter großen Park am Büdelsdorfer Stadtrand. Die 1827 gegründete und 1997 stillgelegte Carlshütte war einst das größte Industrieunternehmen im Norden – heute stellen dort internationale Künstler teilweise gigantische Skulpturen und Bilder aus. Denn Platz gibt es genug, in die alten Hallen würde ein Jumbojet bequem hineinpassen. Die NordArt gilt mit über 200 Künstlern als größte Kunstausstellung Europas.

 

 

TEXT Joachim Welding
FOTOS Erich Westendarp, Paul Henri Degrande, David Mark (Pixabay)
ILLUSTRATION Raphaelle Martin