Nachgefragt: Bildungsministerin Karin Prien über bildungspolitische Herausforderungen

Nachgefragt: Bildungsministerin Karin Prien über bildungspolitische Herausforderungen

In der ME2BE-Reihe „Nachgefragt“ können Schülerinnen und Schüler, Azubis und Studierende verantwortliche Politikerinnen und Politiker aus SchleswigHolstein und Hamburg direkt befragen. Lina Kerzmann (30) studiert Medienwissenschaften und Germanistik an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Ihre Fragen über den digitalen Wandel und die Zukunft der Hochschulen richtet sie an die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU).

Lina: Frau Ministerin, eine private Frage zu Beginn: Was und wie haben Sie studiert – ganz klassisch, dual oder digital?

Karin Prien: Jura – eher klassisch mit interdisziplinären Ausflügen in andere Fächer und mit einem internationalen Schwerpunkt in einem Studiengang, der Jura, Politik und Ökonomie verbunden hat.

Worin bestehen Ihrer Ansicht nach die bildungspolitischen Herausforderungen, und welche Zukunftsaussichten haben angehende Lehrerinnen und Lehrer?

Qualifizierte Lehrkräfte werden in ganz Deutschland – auch in Schleswig-Holstein – gesucht. Die Zukunftsaussichten sind also sehr gut, ganz besonders übrigens, wenn junge Menschen MINT-Fächer, Musik, Kunst oder andere Mangelfächer studiert haben. Und wenn sie nicht allein im Umkreis der großen Städte arbeiten wollen, sind die Chancen erst recht gut. Geboten wird jungen Lehrkräften das Beamtenverhältnis, wenn sie es wollen, und eine anständige Bezahlung. Gerade erst hat Schleswig-Holstein beschlossen, als erstes Flächenland mit der Anhebung der Einkommen von Grundschullehrkräften von A12 auf A13 zu beginnen. Der Lehrerberuf verdient höchste Wertschätzung in unserer Gesellschaft, das erkennen immer mehr Menschen an. Der Beruf ist zwar fordernd, aber auch sehr befriedigend. Neue Herausforderungen an Lehrkräfte sind – wie für uns alle − die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft und die pädagogisch sinnvolle Nutzung der neuen Möglichkeiten.

Denken Sie, dass Fernstudiengänge – speziell online – in Zukunft wichtiger werden?

Ob wirklich Fernstudiengänge die Zukunft sind, möchte ich bezweifeln. Sicher ist, dass Webinare und netzgestütztes Studieren eine immer größere Rolle spielen werden. Das gilt übrigens auch für unsere Fortbildungen, die das Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen (IQSH) für Lehrkräfte anbietet. Im Übrigen werden in der Fort- und Weiterbildung verbesserte Angebote an Bedeutung zunehmen.

In der Zukunft werden deutlich mehr Fachkräfte für diese Forschungsgebiete benötigt, um den Herausforderungen zu begegnen. Die Hochschulen müssen sich daher so aufstellen, dass sie nicht nur den dynamischen Entwicklungen gewachsen sind, sondern sie auch möglichst aktiv mitgestalten.

Was bedeutet der digitale Wandel für die Hochschulen?

Die Digitalisierung durchdringt alle Gesellschaftsbereiche, steuert Organisationen und Maschinen, steckt in nahezu allen technischen Produkten und beeinflusst unsere Denkstrukturen. Künstliche Intelligenz als Schlüsseltechnologie bietet großes Potential, birgt aber auch Risiken. Der ethischen, sozialen und rechtlichen Dimension müssen wir verstärkt Rechnung tragen. In der Zukunft werden deutlich mehr Fachkräfte für diese Forschungsgebiete benötigt, um den Herausforderungen zu begegnen. Die Hochschulen müssen sich daher so aufstellen, dass sie nicht nur den dynamischen Entwicklungen gewachsen sind, sondern sie auch möglichst aktiv mitgestalten. In Schleswig-Holstein, da bin ich mir sicher, erfüllen die Hochschulen ihre Rolle als Entwicklungslabor und Motor der Digitalisierung im Land.

Welche Herausforderungen kommen auf die Unis und Fachhochschulen zu? Wie sind diese zu bewältigen?

Die Zeiten stetig steigender Studierendenzahlen neigen sich dem Ende zu, der Fokus dürfte in den kommenden Jahren mehr auf Qualität als auf dem Ausbau der Kapazitäten liegen. Hochschulen – und das gilt unabhängig von ihrem Typus – müssen sich auf eine immer differenziertere Studentenschaft einstellen. Das betrifft sowohl die Art der Hochschulzugangsberechtigung (Abitur, Fachhochschulreife, berufliche und sonstige Hochschulzugangsmöglichkeiten) als auch das unterschiedliche Studierverhalten (Teilzeit, berufsbegleitend und ähnliches). Neben Forschung und Lehre als klassische Hochschulaufgaben gewinnt der Wissens und Technologietransfer zwischen Hochschulen und Unternehmen eine immer größere Bedeutung. Aufgrund des Fachkräftemangels gibt es veränderte Anforderungen der Wirtschaft, was Quantität und Qualität der Absolventen betrifft. Unsere Hochschulen müssen also in mehrfacher Hinsicht einen Spagat bewältigen: Sie müssen die Lehrqualität verbessern. Zugleich müssen sie die Abbruchquoten verringern.

Wenn Sie heute einen Tag lang studieren dürften, was sie wollen: Welches Fach wäre das?

Ich würde gern mehr als einen Tag studieren können − vielleicht kommt das wieder… Für einen Tag würde ich im Exzellenzcluster „Roots“ der CAU lernen wollen.

TEXT Joachim Welding
FOTOS Frank Peter, Lutz Timm