Mit Vertrauen kann man mehr kaufen als mit Geld

Mit Vertrauen kann man mehr kaufen als mit Geld

Interview mit Alexander Tebbe (Auerbach Schifffahrt)

An der Börse gibt es viele Strategien, wie man am besten investiert. Eine der bekanntesten Regeln lautet: „Kauf in der Krise.“ Die Hamburger Jungreeder Alexander Tebbe und Lucius Bunk haben genau das getan und mitten in der großen Schifffahrtskrise 2010 günstige Schiffe gekauft und eine eigene Reederei, Auerbach Schifffahrt, gegründet. Heute befördern Alexander Tebbe und Lucius Bunk mit ihren drei Schiffen „Maple Lea“, „Maple Ingrid“ und „Maple Lotta“ alles über die sieben Weltmeere, was nicht in einen Schiffscontainer passt: Kraftwerke, Generatoren und Windanlagen.

Alexander, Reeder tragen normalerweise edle Zweireiher mit Goldknöpfen. Du hast dagegen Jeans und Sneaker an.
Ja! (lacht). Das ist die Kleidung, in der ich mich am wohlsten fühle. Wir haben in unserem Büro aber auch einen Kleiderschrank, in dem unsere Anzüge hängen. Die ziehen wir bei Geschäftsterminen an oder zu besonderen Veranstaltungen wie dem alljährlichen Reederessen. Da wird erwartet, dass man eine Fliege trägt. Beim letzten Essen habe ich mir extra eine Fliege zum Selberbinden gekauft, sie aber nur mit Mühe und Not gebunden bekommen. Eine Krawatte kriege ich hin, aber eine Fliege ist echt eine Ansage (lacht).

Wie häufig warst du schon beim Reederessen?
Zweimal, und ich kriege allein bei dem Gedanken daran Gänsehaut. Bei dem Reederessen kommen alle Reederfamilien zusammen und feiern gemeinsam in der Handelskammer Hamburg. Anders als in anderen Städten hat die Handelskammer in Hamburg eine besondere Stellung. Sie liegt direkt auf der Rückseite des Rathauses und ist seit Jahrhunderten ein Treffpunkt für die Hamburger Kaufleute.

Du bist selbst kein Hamburger, sondern kommst aus dem Emsland. Was hat dein Heimatort Haren mit Schifffahrt zu tun?
Haren hat 20 Reedereien und ist nach Hamburg und Leer in Ostfriesland die drittgrößte deutsche Reedereistadt. Die meisten Reedereien wurden dort nach dem 2. Weltkrieg von Kapitänen gegründet. Mein Großvater war auch Kapitän und Reeder in einer Person und er hat immer davon geschwärmt, wie toll es ist, zur See zu fahren. Mit 15 Jahren bin ich dann in den Sommerferien auf einem Containerschiff nach St. Petersburg mitgefahren und habe mir bei 6 bis 7 Windstärken die Seele… Naja, lassen wir das. Bei meterhohen Wellen auf einem Schiff hin und her wippen, war nicht wirklich meine Welt. Ich habe dann an Land eine Ausbildung zum Schifffahrtskaufmann gemacht und anschließend in London Schiffsfinanzierung studiert.

Du hast deinen Partner Lucius bei der Hamburger Traditionsreederei Ernst Russ kennengelernt.
Ja, wir haben damals festgestellt, dass wir einfach gut zusammenarbeiten und uns mit unseren Stärken und Schwächen ergänzen. Wir beide wollen auch dasselbe vom Leben, unternehmerische Freiheit und Verantwortung, und wir teilen dieselben Werte.

Was sind das für Werte?
Es sind im Grunde die alten hanseatischen Tugenden Anstand, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit. Und dazu zählt sicherlich auch Durchsetzungsvermögen. Bei unserem ersten Schiff haben wir zehn Banken nach einem Kredit gefragt und wurden von jeder mit einem Schulterklopfen wieder nach Hause geschickt. Lucius und ich sind aber nicht in Selbstmitleid verfallen, sondern haben uns gesagt, dass wir so lange weitermachen, bis wir das Geld für das Schiff zusammenhaben.

Bei der wievielten Bank wart ihr schließlich erfolgreich?
Bei der elften, einer norddeutschen Regionalbank. Wir haben gedacht, dass uns auch dort ein geschniegelter Banker wie in Hamburg und Frankfurt erwartet und haben uns für den Termin richtig herausgeputzt. Da saß uns dann aber plötzlich ein sprichwörtlich alter Haudegen mit offenem Hemd und hochgekrämpelten Ärmeln gegenüber, der die Schifffahrt seit Jahrzehnten kennt. Und der uns dankenswerter Weise viel Zeit gegeben hat, zu erklären, wer wir sind und was wir vorhaben. …

…und der euch vertraut hat.
Ja. Es gibt da einen schönen Spruch: Mit Vertrauen kann man mehr kaufen, als mit Geld. Das haben Lucius und ich mehrmals erlebt. Uns haben Hamburger Kaufleute siebenstellige Summen allein auf der Basis eines Handschlags, ohne jeglichen Vertrag, überwiesen. Klingt wie im Märchen, ist aber wahr. Das ist große Ehre, aber auch eine große Verantwortung. Diesen Vertrauensvorschuss zu missbrauchen, käme für uns niemals in Frage.

Euer Name „Auerbach“ erinnert an den Auerbach- Salto, eine Turnübung aus dem Sportunterricht.
Ja (lacht). Wir haben lange nach einem passenden Namen gesucht. Die Schifffahrt ist eine der ältesten Branchen der Geschichte und es ist ungeheuer schwer, einen guten Namen zu finden. Alle Namen mit naheliegenden Begriffen wie „Meer“, „Wasser“, „Welle“, „Wind“, „Segel“ und den zwölf Sternzeichen sind längst belegt. Wir wollten keinen angloamerikanischen Namen wie z.B. „New Hamburg Maritime Investment Corporation Limited“. Auch ein Begriff, der für eine feste Schiffsroute steht, Mit Vertrauen kann man mehr kaufen, als mit Geld. TEXT Slaven Marinovic FOTO Auerbach Schifffahrt passte nicht so richtig. Die Namen von vielen Traditionsreedereien stehen ja für Fahrtgebiete. Das „Hapag“ in Hapag-Lloyd steht z.B. für „Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien- Gesellschaft“ und „Hamburg Süd“ steht für „Hamburg Südamerikanische Dampfschifffahrts- Gesellschaft.“ Wir wollten unbedingt einen deutschen Namen und sind dann irgendwann auf die Tragödie „Faust“ von Johann Wolfgang von Goethe gekommen, die in „Auerbachs Keller“, einem Weinkeller in Leipzig, spielt. Der Name „Auerbach“ hat Lucius und mir sofort gefallen. Er ist kurz, einprägsam und jeder verbindet diesen Namen sofort mit den Werten und Tugenden unseres Landes. „Made in Germany“ ist auch heute noch ein echtes Qualitätssiegel – auf der ganzen Welt.

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Text Slaven Marinovic
Foto Auerbach Schifffahrt