In Kiel werde ich zum kleinen Jungen

In Kiel werde ich zum kleinen Jungen

Kiel. Er kommt aus Chicago, ist 34 Jahre alt und liebt mexikanisches Essen, aber in Deutschland kann er nicht genug von Bratwurst bekommen, sogar zum Frühstück. Tim Stafford hat sich 2003 dem Poetry Slam verschrieben und tourt seither in der ganzen Welt.

Warst du schon einmal in Kiel? Und wie gefällt es dir?

Ja, das war ich. Allerdings nur kurz. Aber es ist das erste Mal auf der Bühne. Kiel ist toll. In Chicago haben wir einen See, aber wenn ich hier zum Hafen gehe und die großen Schiffe fahren sehe, werde ich zum kleinen Jungen.

Wie kamst du zum Poetry Slam?

Ich habe schon immer viel gezeichnet. Ich war dabei meinen Weg zu finden, studierte auch Grafik-Design, aber kurz vor Schluss hatte ich keine Lust mehr. Und dann lernte ich diese Poetry Slams kennen.

Ein Mann im Oberhemd steht gestikulierend auf einer Bühne vor einem Mikrofon.Du arbeitest mit Marc Kelly Smith, dem Erfinder des Poetry Slams, in einer Gruppe. Wie ist das?

Als ich damit anfing, wusste ich nicht, dass er der Erfinder ist. Das wurde mir bei einem Auftritt klar, als alle ins Schweigen verfielen, sobald sein Name fiel. Er ist eben auch nicht dieser Typ, der sich anbeten lässt. Marc ist witzig und sagt immer, dass wir ihn jung halten.

Hast Du ein Idol?

(überlegt) Ja, Kurt Vonnegut. Als Kind habe ich nicht wirklich gelesen. Doch seine Bücher haben so viel Humor und Satire. Sie haben mir gezeigt, dass Lesen wirklich Spaß machen kann.

Was wolltest du werden, als du ein Kind warst?

Als erstes Stuntman, das war cool. Dann auch Archäologe, weil ich auf Dinosaurier stehe. Rockstar wäre auch gegangen.

Als Kind wollte ich Stuntman, Archäologe oder Rockstar werden.

Was war dein peinlichster Moment als Slammer?

Ich war auf einem Slam in Zürich. Es gab viele Runden und wir kamen gerade mit dem Flieger an. Als ich dann mein Solo machen sollte, kam mein Jetlag hoch. Ich hatte alles vergessen. Gerettet hat mich die Übersetzung auf Schweizer-Deutsch. Da stand das Wort Costa Rica zwischen all dem Schweizer-Deutsch. Da fiel es mir ein Glück wieder ein.

Welchen Themen widmest du dich in Deinen Gedichten am liebsten?

Ich mag lustige Themen. Ich schreibe mittlerweile auch viel über die Erfahrungen in meinem Klassenzimmer. Ich unterrichte nämlich. Wie es war mit Heavy-Metal-Musik aufzuwachsen, ist ein Thema bei meinen Gedichten – und auch Skateboards.

Was erwartest du von deinem Auftritt?

Dass ich gewinne und mich das Publikum auf den Schultern durch die Straßen von Kiel trägt.

TEXT Kim Schöffler / shz
FOTO Tim Stafford