Die Schuhmanufaktur Julius Harai

Die Schuhmanufaktur Julius Harai

„Schon der Maler der ‚Mona Lisa‘, wusste, dass der menschliche Fuß etwas ganz Besonderes ist.“

Eine Illustration eines SchriftzugesJahrhundertelang schauten sich die Menschen gegenseitig auf die Füsse, um zu sehen, welchen Rang und gesellschaftlichen Status der andere hatte. „Zeig mir deine Schuhe und ich sage dir, wer du bist”, hieß es dazu passenderweise im Volksmund. Wie wichtig gepflegte Schuhe sind, ist heute vor allem bei den Männern in Vergessenheit geraten. Getragen wird, was bequem und günstig ist und im Schuhgeschäft in der Nähe der Kasse griffbereit herumsteht.

Es geht aber auch anders. In der Schuhmanufaktur Julius Harei in Neumünster gibt es handgefertigte Maßschuhe für Männer, die Wert auf schöne Schuhe legen und die nicht selten im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit stehen. Zu den Kunden von Julius Harei zählen viele Politiker, Wirtschaftsbosse und Stars aus der Welt der Unterhaltung. Die ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker und Walter Scheel tragen Maßschuhe aus Neumünster genauso wie der Pudding-König Rudolf August Oetker aus Bielefeld und der Hollywoodstar und ehemalige Gouverneur von Kalifornien, Arnold Schwarzenegger. Die Kundschaft von Julius Harei kommt aus der ganzen Welt und bestellt bei Martin Harei, dem Schuhmeister, das nächste Paar gerne per E-Mail. Martin Harei fertigt nach traditioneller ungarischer Machart und hat das Schuhhandwerk von seinem Vater Julius Harei, einem gebürtigen Ungarn, gelernt.

Eine Person arbeitet an einem Schuh.

Schon der Maler der „Mona Lisa“, der Italiener Leonardo da Vinci, wusste, dass der menschliche Fuß etwas ganz Besonderes ist, „ein Kunstwerk aus 26 Knochen, 107 Bändern  und 19 Muskeln.“ Die Füsse sehen bei jedem Menschen anders aus. Industriell produzierte Schuhe “von der Stange” haben jedoch eine Einheitsform und drücken bei vielen Schuhträgern häufig den großen – manchmal auch den kleinen – Zeh nach innen und quetschen ihn dabei. Bequemer sind da Maßschuhe, die optimal auf den Fuß des Trägers zugeschnitten sind und vom Schuhmacher nach dessen individuellen Wünschen angefertigt werden.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Schuhe immer per Hand hergestellt, erst danach wurden die ersten Maschinen entwickelt, mit denen man große Stückzahlen von Einheitsschuhen industriell herstellen konnte. Hierdurch wurde das traditionelle Maßschuhhandwerk in wenigen Jahrzehnten durch die industrielle Schuhproduktion mit ihren Konfektionsschuhen verdrängt. Kunden konnten fertige Schuhe in den Geschäften kaufen und mussten nicht erst auf deren Herstellung warten. Die Auswahl wurde größer, die Preise sanken und Schuhe wurden zu einem erschwinglichen Gebrauchsgegenstand. Heute gibt es in Deutschland nur noch wenige Manufakturen wie Julius Harei, bei denen man schöne handgefertigte Maßschuhe bekommt. Mitbringen sollte man eine gut gefüllte Geldbörse und ein bisschen Geduld. Vom ersten Vermessen des Fußes bis zu dem Moment, in dem der Kunde sein persönliches Paar Schuhe erhält, vergehen rund zwei Monate und über 1000 Handgriffe: zuschneiden, ausschärfen, glasen, walken, zwicken, nähen. Zu Beginn wird der Fuß vermessen und ein Holzleisten, ein hölzernes Abbild des Fußes, angefertigt. Auf diesem Leisten entsteht ein erster Probeschuh, an dem die Passgenauigkeit des Leistens überprüft und – falls notwendig – angepasst wird. Im Anschluss entsteht dann der eigentliche Maßschuh. Die Anfertigung eines Maßschuhes ist kostspielig und aufwendig. Dafür halten sie aber auch ein Leben lang – wenn man sie richtig pflegt und putzt.Schuhe stehen auf einem Holzpodest.

Jedes „Schuheputzen“ beginnt mit einer Grundreinigung, bei der man die oberflächlichen Verschmutzungen auf dem Schuh gründlich abbürstet und mit einem feuchten Tuch abwischt. Zum Trocknen spannt man den Schuh auf einen Schuhspanner und trägt anschließend die  Schuhcreme auf – vorzugsweise mit einem festen,  flusenfreien Baumwolltuch und kreisenden Bewegungen. Zuletzt wird der Schuh mit einem festen, sauberen Baumwolltuch und einer feinen Bürste aus weichem Ziegenhaar poliert. Seine Schuhe sollte man immer an einem trockenen und gut gelüfteten Platz auf Schuhspannern aufbewahren. So bleiben sie immer gut „in Form“. Der menschliche Fuß sondert pro Tag etwa 5 cl Feuchtigkeit ab. Die Schuhsohle und das Oberleder saugen diese Feuchtigkeit auf und brauchen ca. 48 Stunden zum Trocknen. Als Faustregel für das Schuhetragen sollte man sich deshalb merken: 1 Tag tragen, 1 Tag ruhen lassen.

TEXT Slaven Marinovic
FOTOS Harai Schuhe