„Das Schöne an der Logistik ist eigentlich unsichtbar“

„Das Schöne an der Logistik ist eigentlich unsichtbar“

Interview mit Britta Kahlfuss (Initiatorin Ladies Logistics Lounge)

Logistik ist nur für harte Männer mit Antenne für Trucker-Romantik. Mit diesem Klischee hat die Logistik noch heute zu kämpfen. Überraschend ist allerdings: Die Zahl der Logistik-Studentinnen wächst. Die Bundesvereinigung Logistik hat aktuell 30 Prozent weibliche Studierende gezählt – Tendenz steigend. Woher kommt dieses Interesse? Wir haben Britta Kahlfuss gefragt.

Sind Frauen die besseren Logistiker?
Frauen sind nicht die besseren, aber auch nicht die schlechteren Logistiker.

Logistik braucht viel Mathematik, Statistik, Informatik, Technik. Sind das nicht Jungs-Themen?
Nein. In den MINT-Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik sind die Mädels ganz vorn dabei. Mädchen sind oft aber auch schüchterner und lassen den Jungs den Vortritt. Hier können sie mutiger auftreten.

Wie war das denn bei dir?
Ich hatte schon immer Spaß an Mathematik, logischem Denken, Deutsch und Philosophie. Studiert habe ich Wirtschaftsingenieurwesen, eine gute Kombination, die Technik und Organisation ideal verbindet.

Multitasking, Kommunikation und Diplomatie. Gute Soft Skills für Logistik? 
Wenn Diplomatie heißt, das Unmögliche möglich zu machen, ja. Das Management von Lieferketten ist immer zeitkritisch, erfordert Allrounder-Wissen und viel Einfühlungsvermögen in der Kommunikation und Organisation. Hier gibt es ausbalancierte Orga-Talente auf beiden Seiten – und ebenso auch Chaoten. Ich bin daher kein Fan von Schubladendenken. Nicht das Geschlecht, sondern die Leistung zählt.

Wie würdest du selbst Logistik definieren?
Unter Logistik verstehen viele nur Lager und Transport. Dabei geht es heute um das ganzheitliche Zusammenspiel von Waren- und Informationsströmen, die Gestaltung von Produktions- und Geschäftsprozessen und das Management des ganzen Betriebes drum herum. Logistik bestimmt unser Leben. Ich finde es spannend, mithilfe der Logistik unser Leben mitbestimmen zu können.

Man denkt trotzdem an Hafenarbeiter, die Container auf Schiffsriesen packen.
Das passiert heute mit dem Joystick. Aber es stimmt, die harte Lager-, Verkehrs- und Transportarbeit gibt es nach wie vor. Das Schöne an der Logistik ist eigentlich unsichtbar. Wir sehen die Milch im Regal und Zalando vor der Tür… nur eben nicht, was man dafür alles tun muss. Und auch die Frauen in der Logistik waren irgendwie unsichtbar…

War das ein Grund, die LLL zu begründen?
Genau. Ich habe die Logistik-Frauen gesucht und wollte mich mit ihnen austauschen. Mit Carmen Schmidt (Logistik-Initiative Hamburg), Christine Beine (Handelskammer Hamburg) und Ute Sachau-Böhmert (Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation) und mir (Regionalgruppe Hamburg der BVL) waren schnell vier Mitstreiterinnen gefunden. Heute sind wir rund 250 Fach- und Führungskräfte aus allen Bereichen.

Was macht ihr da so?
Wir treffen uns rund viermal im Jahr bei Unternehmen und haben seit der Gründung im Sommer 2010 dreizehn Veranstaltungen, immer direkt bei den Unternehmen durchgeführt. Das waren Firmen wie HHLA (Hamburg Hafen und Logistik), HPA (Hamburg Port Authority), Hapag Lloyd, Tchibo, VTG, randstadt, Lufthansa Systems. Im Mittelpunkt stehen die aktuellen Projekte und Entwicklungen der Unternehmen, ergänzt durch interaktive Foren, Speed-Diskussionen, Workshops zum jeweiligen Schwerpunktthema der Veranstaltung. Der direkte fachliche Austausch ist sehr wichtig, jede der Logistics Ladies bringt sich mit ihrem Wissen und Erfahrungen direkt ein. Das sind dann sehr lebhafte Diskussionen.

Trinkt ihr da auch mal einen Sekt? Nicht nur, auch Wein und Bier (lacht). Bei uns geht es auch schon lustig zu.

Ist die LLL auch etwas für Young Ladies?
Auf jeden Fall. Wir haben einige Studentinnen und Doktorandinnen dabei.

Was macht Logistik für Frauen in Zukunft spannender?
Die Internationalisierung. Frauen mit sprachlichen und organisatorischen Fähigkeiten sind dabei klar im Vorteil.

Text Josh Kasthönig
Foto Bundesvereinigung Logistik (BVL)