Praktika auch in den Ferien

Praktika auch in den Ferien

Bildungsministerin Wara Wende: So klappt es von der Schule in die Berufswelt

Eine ganz persönliche Frage vorab: Gab es in Ihrer Schulzeit Fächer, bei denen Sie sich hin und wieder die Haare gerauft haben?
Ich fand meinen Deutschunterricht im Gymnasium zum Haare raufen, denn mein Deutschlehrer war nicht in der Lage, bei uns Interesse an der Auseinandersetzung mit Literatur zu wecken. Es gab Goethe und Schiller bis zum Abwinken und moderne Literatur war die Ausnahme, und von interessanten kommunikations-, kultur- oder medienwissenschaftlichen Fragestellungen war der Unterricht meilenweit entfernt. Das war dann auch der Grund, warum ich mich entschlossen habe, Deutsch, Soziologie und Geschichte zu studieren: Ich wollte es ganz anders machen!

Tablets, Smartphones, soziale Netzwerke und Co. bestimmen den Alltag vieler Jugendlicher. Sollten die Schulen im Unterricht deshalb mehr auf digitale Medien setzen?
Sicher sollte die Schule die Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler im Blick haben, also ist eine Einbeziehung digitaler Medien in den Unterricht vernünftig. Diese Medien bieten auch Vorteile bei der Erklärung von Sachverhalten. Grundsätzlich ist bei jedem Medieneinsatz zu klären, welches didaktische Ziel verfolgt wird. Medien stellen immer nur den Vermittler zwischen Lehrenden und Lernenden dar. Insgesamt wünsche ich mir den stärkeren Einsatz digitaler Medien im Unterricht – das Ministerium fördert entsprechende Projekte und die Lehrerfortbildungen. Aber Schule muss auch ein Ort bleiben, an dem alle Schülerinnen und Schüler gemeinsam Erfahrungen in realen Situationen sammeln und reflektieren. Eine vollständige und ausschließliche Vermittlung von Inhalten durch digitale Medien ist aus heutiger Sicht nicht wünschenswert.

Der Übergang von der Schule in die Arbeitswelt fällt Neunt- oder Zehntklässlern oft nicht leicht. Was raten Sie jungen Leuten, damit sie ihre Stärken und Schwächen erkennen und die richtige Berufswahl treffen können?
Berufliche Orientierung und die Wahl des richtigen Ausbildungsberufs hängen stark vom Kennenlernen der Arbeitswelt ab. Gute Möglichkeit dazu bieten Praktika, zum Beispiel im Rahmen der Berufsorientierung an Schulen oder freiwillige Praktika auch in den Ferien. Auch das Internet bietet Möglichkeiten, sich über Angebote der Bundesagentur für Arbeit und über Berufe allgemein zu informieren oder sogar Eignungstests durchzuführen (www.planet-beruf.de).

Welche Möglichkeiten haben besonders begabte SchülerInnen, die nach der 10. Klasse eine Berufsausbildung wählen?
In allen Kreisen und kreisfreien Städten besteht das Angebot zum Erwerb der Fachhochschulreife im Rahmen der Berufsausbildung oder nach der Ausbildung im Rahmen der Fachoberschule, Berufsoberschule oder des Beruflichen Gymnasiums. Anschließend kann man an einer Fachhochschule oder Universität studieren.

Was können Azubis tun, wenn Ausbildungsbetrieb und Beruf prima passen, aber es in der Berufsschule nicht gut läuft?
Im Rahmen der Förderung der Bundesagentur für Arbeit gibt es die „Ausbildungsbegleitenden Hilfen“. Diese Leistung ist für Jugendliche gedacht, die besonderer Hilfen bedürfen. Etwa durch Förderung beim Lernen von Fachtheorie, aber auch durch Fachpraxis und Stützunterricht, der Sprach- und Bildungsschwächen abbauen soll. Möglich ist auch eine sozialpädagogische Begleitung und letztlich die Möglichkeit, eine Berufsausbildung aufzunehmen, fortzusetzen und auch erfolgreich abzuschließen. Eine Alternative ist die betriebliche Einstiegsqualifizierung. Diese ganzen Angebote sind geeignet, wenn es in der Berufsschule nicht gut läuft, und auch, wenn es im Betrieb nicht recht klappt.

Text Joachim Welding